Der Anfang war schwer
Begonnen hat man in Nürnberg wie auch in vielen Kommunen damit, Formulare online zu stellen, die der Bürger am Computer ausfüllen kann. Das erwies sich laut Eisele aber als wenig hilfreich: Sie waren nicht nutzerfreundlich und zu komplex, so kam es zu Fehlern. Für die Verwaltung wurde der Aufwand nicht kleiner sondern größer.
Doch seitdem hat sich viel verändert. "Nürnberg weiß, wie man Bürger glücklich macht: hier können seit 2003 viele Behördengänge über das Internet erledigt werden. Seit 2015 müssen Sie nicht einmal mehr persönlich unterschreiben - damit sparen Sie sich jede Menge Zeit und Nerven", schreibt das E-Büro. Die Franken-Metropole stellt ihren Bürgern mehr als 400 Online-Angebote zur Verfügung, bei deren Nutzung 150 Digital-Assistenten helfen. Das Service-Portal heißt "Mein Nürnberg". Wer sich dort einmal registriert hat, kann die Dienste ohne umständliche Anmeldung und Autorisierung nutzen. "Und das rund um die Uhr, unabhängig von den Öffnungszeiten der Ämter", beschreibt das E-Büro diese Dienstleistung.
Ausgeklügeltes System
Die Besonderheit in Nürnberg ist die Möglichkeit, sich mit Hilfe des maschinenlesbaren Personalausweises anzumelden und eine elektronische Identität zu hinterlegen. Die gilt ebenso viel wie eine persönliche Unterschrift und wird von allen Behörden anerkannt. Der Vorteil: Viele Formulare, die der Bürger über das Portal "Mein Nürnberg" aufruft, sind bereits zu einem großen Teil individuell ausgefüllt. Man muss nicht wieder und wieder Name, Anschrift, Geburtsdatum und -ort etc. eintragen.
Zu den Dienstleistungen, die Nürnberg elektronisch anbietet, gehören: Die Beantragung oder Verlängerung von Anwohnerparkausweisen, die Kfz-Abmeldung, Anmeldung oder Ummeldung zur Abfallbeseitigung, die Bestellung von Urkunden und Auskünfte aus dem Gewerberegister.
"Mein Nürnberg" ist auch keine Einbahnstraße. Wer einen Antrag stellt, kann sich über das Portal jederzeit über den Stand der Bearbeitung informieren und online mit dem Sachbearbeiter Kontakt aufnehmen.
Doch ist das auch sicher? Die Antwort aus dem E-Büro: Die Daten sind im Rechenzentrum der Stadt Nürnberg gut aufgehoben, Missbrauch oder Datenverlust ausgeschlossen. Die Daten werden bei der Übermittlung verschlüsselt, Zugriff auf Vorgänge haben nur die Mitarbeiter, die unmittelbar mit dem Antrag zu tun haben. Und: Die elektronische Visitenkarte ist keine Verpflichtung auf Lebenszeit. Wer aus dem digitalen Rathaus aussteigen will, kann dies jederzeit tun, die E-Identität wird dann gelöscht.
Ein Kommentar von Julia Scholl
Digital? - Ja bitte, aber...
Daumen gleitet über das Smartphone. Technisch sind die meisten inzwischen ganz gut ausgerüstet, aber im Kopf ist die Digitalisierung bei vielen noch nicht angekommen. Nehmen wir das Beispiel Online-Banking. Viele wickeln Überweisungen online ab, haben aber trotzdem noch einen dicken Ordner mit Kontoauszügen zu Hause im Regal stehen. Ein Sicherheitsnetz!
Aber warum halten das so viele Menschen für nötig?
Vielleicht sind es solche Sachen wie jüngst der Hackerangriff auf das Schul-Lernsystem der bayerischen Regierung. Oder auch, dass Facebook persönliche Daten nach wie vor sammelt und verkauft. Noch dazu hören Siri und Co. unsere Gespräche. Kein Wunder, dass da keiner Vertrauen hat und der deutsche Michel immer noch jede Nacht mit dem Sparstrumpf unter dem Kopfkissen schläft. Die Digitalisierung muss den Menschen mitnehmen und ihn nicht im Dunkeln lassen.
Der amerikanische Bildhauer Horatio Greenough hat es auf den Punkt gebracht: Form follows function (Form folgt Funktion). Neue Technologien müssen sicher, nützlich und bedienungsfreundlich gestaltet werden. Es geht nicht darum, Digitalisierung zu betreiben, um sagen zu können: "Wir betreiben Digitalisierung." Es geht nicht darum, sagen zu können: "Schaut mal her, wir haben jetzt auch eine App." Es geht darum, das alltägliche Leben zu erleichtern und dabei nicht den zu vergessen, um den es geht - den Nutzer. j.scholl@infranken.de