Das EU-Parlament hat ein gigantisches Verkehrspaket verabschiedet. Schon bald dürfte es große Änderungen beim Führerschein und beim Umgang mit Verkehrssündern geben.
Das Europaparlament hat endgültig neue EU-Führerscheinvorgaben auf den Weg gebracht. Unterhändler des Parlaments und der EU-Staaten hatten sich bereits auf die Vorgaben geeinigt, nun erfolgte der letzte formelle Schritt im Gesetzgebungsprozess. Die EU-Staaten haben drei Jahre für die Umsetzung in nationales Recht und ein weiteres Jahr für die Vorbereitung der Umsetzung. Was sich ändert:
Bis spätestens 2030 soll ein einheitlicher digitaler Führerschein eingeführt werden. "In Zukunft wird es in allen EU-Staaten einen digitalen Führerschein geben, der über das Smartphone abrufbar ist und in der gesamten EU gilt", heißt es vonseiten des EU-Parlaments. Gleichzeitig behalten Bürger das Recht, eine physische Führerscheinkarte zu beantragen. Beide Versionen sind gleichwertig. Der TÜV-Verband teilte mit: "Aus unserer Sicht ist hier in Deutschland noch sehr viel Arbeit zu leisten." Ein großes Hindernis bei der Einführung eines digitalen Führerscheins seien etwa unterschiedliche Software-Systeme in den Landesbehörden.
"Noch viel Arbeit zu leisten" - schafft Deutschland den digitalen Führerschein
Bei massiven Verstößen gegen Verkehrsregeln in einem EU-Land kann ein Fahrverbot in der ganzen Europäischen Union drohen. Das soll sicherstellen, dass Verkehrssünder künftig in allen Mitgliedstaaten zur Verantwortung gezogen werden – unabhängig davon, wo sie den Führerschein erworben haben. Das gilt etwa für schwere Verkehrsverstöße wie Trunkenheit und Drogenkonsum im Straßenverkehr, tödliche Unfälle oder extremes Rasen. Der CSU-Abgeordnete Markus Ferber betont, dass die Regel keine Urlauber trifft, die aus Unkenntnis lokaler Regelungen eine geringfügige Strafe bekommen.
Nach geltendem Recht dürfen EU-Länder, die den Führerschein nicht ausgestellt haben, Fahrverbote nur im eigenen Hoheitsgebiet durchsetzen. Nun kann der Staat, in dem der Verstoß stattgefunden hat, den Ausstellungsstaat darüber informieren, der dann wiederum das verhängte Fahrverbot übernehmen und EU-weit durchsetzen können soll. "Praxisrelevant wird dies allerdings erst, wenn die Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt wurde", betont der ADAC.
Ein weiteres Element der EU-weiten Reform ist die Ausweitung des begleiteten Fahrens auf die gesamte Europäische Union. Junge Fahrer sollen so bereits früher unter Aufsicht Fahrpraxis sammeln können - in Deutschland gibt es das schon, dann sind laut ADAC aber auch Urlaubsfahrten möglich. Auch für Berufskraftfahrer soll dieses Modell freiwillig angeboten werden können, um die Sicherheit auf den Straßen zu erhöhen und dem Fachkräftemangel im Verkehrssektor entgegenzuwirken. Noch eine Maßnahme gegen Fachkräftemangel: Das Mindestalter für den Lkw-Führerschein wird von 21 auf 18 Jahre gesenkt. Ähnliches passiert bei Busfahrern: Hier wird das Mindestalter von 24 auf 21 Jahre gesenkt.
Neue Inhalte bei Fahrausbildung - Deutschland bereits Vorreiter
Auch der Unterricht für künftige Fahrerinnen und Fahrer wird angegangen. Künftig sollen Themen wie Ablenkung durch Handynutzung, tote Winkel und Fahrassistenzsysteme stärker Thema werden. Auch der Umgang mit Fußgängern, Kindern und Radfahrenden soll stärker berücksichtigt werden. "Deutschland ist hier mit seinen nationalen Vorschriften bereits vorangegangen. Insofern wird es hierzulande kaum Neuerungen geben", heißt es vonseiten des TÜV-Verbands.
Zudem gibt es Erleichterungen für Wohnmobilfahrer. Künftig dürfen Inhaber eines Führerscheins der Klasse B Fahrzeuge bis zu 4,25 Tonnen nach einem speziellen Training oder einer Prüfung steuern. "Ob für Wohnmobile eine Zusatzschulung oder auch eine Prüfung dafür nötig sein wird, legt jedes Land selbst fest", teilte der ADAC auf Anfrage mit.