Der Deutsche Gewerkschaftsbund und der Sozialverband VdK Deutschland diskutieren die Zukunft der Rente.
"Das Rentensystem ist instabil und funktioniert nicht mehr." Eine Aussage, die der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) nicht unterschreiben möchte. Hier heißt es: "Das Rentensystem funktioniert! Die Boomer, die bald in Rente gehen, sind ein einmaliger und klar berechenbarer Faktor."
Zu seinem Faktencheck schreibt der DGB: "Über die gesetzliche Rente kursieren zahlreiche irreführende Behauptungen. In unserem Faktencheck nehmen wir die häufigsten Aussagen unter die Lupe. Denn eins ist klar: Die gesetzliche Rente ist finanzierbar und gibt den Beschäftigten Sicherheit."
Fühlt sich die Rente wirklich noch sicher an?
Viele Menschen scheinen an dieser Sicherheit zu Zweifeln. Eine Umfrage von inFranken.de zeigt im März 2025, dass das Vertrauen in die gesetzliche Rente schwindet. 70 Prozent sagen hier, dass sich alles sehr unsicher anfühlen würde. Nur 20 Prozent haben Vertrauen in die Entscheidungen der Politik zur Rente.
Und auch das Deutsche Institut für Vermögensbildung und Alterssicherung (DIVA) hat in seinem aktuellen Altersvorsorge-Index Frühjahr 2025 für Deutschland Anfang Mai gezeigt, dass das Vertrauen in die Rente im Abschwung ist. Der halbjährlich ermittelte Index hat sich bei der aktuellen Auswertung zum zweiten Mal in Folge auf jetzt -2,3 verschlechtert.
Zu den Ergebnissen erklärt das DIVA: "Es ist bedauerlich, dass auch die neue Regierung einen großen Bogen um eine Rentenreform macht. Mit jedem Jahr des Abwartens erhöht sich der Druck, was dann am Ende zu noch größeren Einschnitten führen muss."
DGB: Passt die Forderung zur Aussage zum Rentensystem?
Der Gewerkschaftsbund ist sich außerdem sicher, dass die Aussage "Die Jungen müssen die steigenden Kosten der Rente tragen. Das ist ungerecht", auch nicht stimmt. Der DGB schreibt dazu: "Gerade für junge Menschen sind ein stabiles Rentenniveau und ein erreichbares Rentenalter wichtig, damit sie Sicherheit haben und für ihr Alter planen können. Wir müssen stattdessen darüber reden, wie gerecht wir die Kosten für die Alterssicherung verteilen."
Die Forderung lautet, dass die Lasten nicht die Beschäftigten allein tragen sollen. Die Konzerne und die Vermögenden sind auch in der Pflicht. Doch wenn der DGB diese Forderung stellt, kann dann das aktuelle Rentensystem wirklich so gut funktionieren? Und sind die Boomer wirklich gar das große Problem? inFranken.de hat beim Deutschen Gewerkschaftsbund nachgefragt, ob das derzeitige System unter anderem auch nur funktioniert, weil die Regierung seit 2021 zum Beispiel den Nachhaltigkeitsfaktor in der Berechnung zur Rentenerhöhung ausgesetzt hat und nur damit das Rentenniveau gehalten werden kann?
Dieser Faktor sollte doch eigentlich die jährliche Rentenanpassung entsprechend der Veränderung des Verhältnisses der Beitragszahler zu den Rentenbeziehern beeinflussen.
Dazu hat sich Anja Piel, DGB-Vorstandsmitglied geäußert: "Gut, dass die Koalition den Absturz des Rentenniveaus stoppen und es bis 2031 stabil halten will. Eine Studie der HTW Berlin zeigt, dass ein stabiles Rentenniveau für alle Generationen mehr Rente pro gezahltem Beitrag bringt. Das ist gerecht. Im Gegensatz dazu ist der von der Union geforderte Nachhaltigkeitsfaktor ungerecht. Gut ist auch, dass eine Rentenkommission die angemessene Höhe der Rente klären soll. "
Das Rentensystem sieht Piel auch trotz einige Mängel als gut und gerecht an: "Die gesetzliche Rente sorgt mit ihrem solidarischen Umlagesystem grundsätzlich für Gerechtigkeit. Verbesserungsbedürftig sind Finanzierung, Leistungen und sozialer Ausgleich: Gerechter wäre, wenn der Bund alle gesamtgesellschaftlichen Aufgaben komplett selbst bezahlt. So würden Beitragszahler entlastet. Außerdem brauchen Menschen eine bessere Unterstützung, die zwar lange, aber zu niedrigem Verdienst gearbeitet haben. Ihre Renten sind so aufzuwerten, dass sie davon leben und ihre Rechnungen bezahlen können."
Sozialverband äußert sich zu DGB-Check
Beim Sozialverband VdK Deutschland hat man auf die Vorlage des DGB-Checks reagiert und gegenüber der Redaktion erklärt: "Die Sorgen junger Menschen in Bezug auf ihre zukünftige Rente sind nachvollziehbar." Das Gefühl, die Kosten für Rentenversicherung würden ihnen über den Kopf wachsen gilt es demnach zu verhindern.
Dazu heißt es: "Der Sozialverband VdK schlägt vor, den Bundeszuschuss zur gesetzlichen Rente zu erhöhen, um künftige Beitragssteigerungen für die junge Generation zu vermeiden." Das Geld dafür sollte durch Steuermittel getragen werden. VdK: "Die nötigen Mittel könnten durch eine gerechte Beteiligung vermögender Menschen aufgebracht werden."
Um das Wegbrechen der Beitragszahler zu verhindern und "die Finanzierungsbasis der Rentenversicherung" breiter aufzustellen, fordert der Verband, "dass künftig alle in die gesetzliche Rente einzahlen – neben Beamtinnen und Beamten auch Selbstständige sowie Politikerinnen und Politiker".
Einigkeit bei den Forderungen an die Politik
Was auffällt, die Forderungen von DGB und VdK ähneln sich. In beiden Fällen geht es darum, dass der Staat mehr zur finanziellen Sicherung des Rentensystems beitragen soll.
Die im Koalitionsvertrag vorgesehene verpflichtende Altersvorsorge für neue Selbstständige sieht man dabei beim Sozialverband als guten, "aber bislang nur kleinen Schritt in die richtige Richtung". Auch bei der Deutschen Rentenversicherung hat man ein Auge auf die Pläne der Politik.
So hat Gundula Roßbach, Präsidentin der Deutschen Rentenversicherung Bund dazu angekündigt: "Wir werden die Umsetzung der im Koalitionsvertrag vereinbarten Maßnahmen konstruktiv begleiten und uns somit auch weiterhin für ein starkes und zukunftsfähiges gesetzliches Rentenversicherungssystem einsetzen. Dabei werden wir darauf achten, dass die zugesagte Steuerfinanzierung für die vereinbarten zusätzlichen Leistungen auch tatsächlich erfolgt."