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Falscher Impfpass auf der Arbeit vorgelegt: Droht eine fristlose Kündigung?

Wer seinem Arbeitgeber einen gefälschten Impfpass oder Impfunfähigkeitsbescheinigung vorlegt, dem darf der Betrieb fristlos kündigen. Das haben jetzt Arbeitsgerichte (ArbG) in Köln, Lübeck und Düsseldorf entschieden. Die einzelnen Fälle stellen wir dir hier vor.
Impfpass: Wer fälscht, der fliegt.
Impfpass: Wer fälscht, der fliegt. Foto: CC0 / Pixabay / Colemay
  • Erster Fall: Gesundheitsberaterin verspielt Vertrauen
  • Zweiter Fall: Küchenfachberater entwickelt kriminelle Energie
  • Dritter Fall: Krankenschwester legt falsche Bescheinigung vor

In der Corona-Zeit sind viele gerichtliche Entscheidungen zur Pandemie gefallen. Rechtsexpert*innen schätzen, dass es inzwischen knapp an die 1.000 sind. Ein Ende ist noch nicht absehbar. Ging es anfänglich um Entgelt, Urlaub, Homeoffice, Videoüberwachung und die Maskenpflicht, drehen sich die aktuellen Fälle bei den Arbeitsgerichten vermehrt um Impfpässe und die einrichtungsbezogene Impfpflicht.

Erster Fall: Gesundheitsberaterin verspielt Vertrauen

Eine Mitarbeiterin war als Beraterin in der betrieblichen Gesundheitsförderung im Raum Köln unterwegs. Zu ihren Kund*innen gehörten auch Pflegeeinrichtungen. Der Arbeitgeber informierte alle Mitarbeitenden, dass nur noch vollständig geimpfte Arbeitnehmer*innen Termine vor Ort wahrnehmen dürften. Die Mitarbeiterin erklärte daraufhin, sie sei geimpft und legte der Personalabteilung einen Impfausweis vor. Über einen QR-Code verfügte sie jedoch nicht. Ihre Beratungsarbeit setzte die Arbeitnehmerin fort. Eine Überprüfung des Arbeitgebers ergab jedoch, dass die im Impfausweis dokumentierten Impfstoff-Chargen erst nach dem eingetragenen Termin verimpft wurden.

Nach einem Gespräch kündigte ihr der Arbeitgeber fristlos. Gegen die Entlassung klagte die Mitarbeiterin vor dem Arbeitsgericht (ArbG) Köln. Das jedoch wies die Kündigungsschutzklage ab (Urteil vom 23.03.2022, Az.: 18 Ca 6830/21). Die außerordentliche fristlose Kündigung sei durch einen wichtigen Grund gerechtfertigt.

Das Gericht betonte, sie habe das notwendige Vertrauen zur Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses verspielte, indem sie versuchte, einen vollständigen Impfschutz durch Vorlage eines gefälschten Impfnachweises zu belegen. Der Arbeitgeber hat nach Ansicht des Gerichts auch nicht gegen datenschutzrechtliche Vorgaben verstoßen. Im Rahmen einer Kontrollverpflichtung sei er berechtigt, den Impfstatus mit öffentlich erhältlichen Daten der Chargen-Abfrage abzugleichen.

Zweiter Fall: Küchenfachberater entwickelt kriminelle Energie

In Düsseldorf legte ein Küchenfachberater eines Einrichtungshauses seinem Arbeitgeber die Kopie eines Impfausweises vor. Zuvor hatte er allerdings erklärt, sich nicht impfen zu lassen. Die Geschäftsführung nahm daraufhin eine Prüfung vor, die ergab, dass der Impfnachweis gefälscht war. So waren die eingetragenen Impfstoff-Chargen identisch mit den Daten eines anderen Mitarbeiters, die Impftermine hingegen unterschiedlich. Auf Nachfrage räumte der Angestellte die Fälschung ein. Daraufhin kündigte das Unternehmen dem Mitarbeiter fristlos.

Gegen die Entlassung führte der Fachberater eine Reihe von Gründen an: Es fehle an einer vorherigen Abmahnung, der gefälschte Impfausweis sei ein einmaliger Vorgang und nicht strafbar, dass die 3-G-Regel im Unternehmen gelte, habe er nicht gewusst. Außerdem hätte er sich regelmäßig vor Arbeitsbeginn testen lassen.

Den Argumenten folgte das ArbG nicht (Urteil vom 18.2.2022, Az.: 11 Ca 5388/21). Der Mitarbeiter habe mit der Täuschung und Fälschung ein hohes Maß an krimineller Energie an den Tag gelegt und damit das Vertrauensverhältnis zu seinem Arbeitgeber nachhaltig gestört. Mit seinem berechneten und rücksichtslosen Verhalten habe er zudem die Gesundheit der anderen Arbeitnehmer*innen und Kund*innen gefährdet.

Dritter Fall: Krankenschwester legt falsche Bescheinigung vor

Wer seinem Arbeitgeber eine aus dem Internet ausgedruckte ärztliche „Bescheinigung über die vorläufige Impfunfähigkeit“ vorlegt, ohne dass zuvor eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat, riskiert die Kündigung. Das geht aus einem Urteil des Arbeitsgerichts Lübeck hervor (ArbG Lübeck, Urteil vom 13.4.2022, Az.: 5 Ca 189/22).

Das ArbG hatte über die Kündigungsschutzklage einer Krankenschwester zu entscheiden, die seit rund 20 Jahren in einer Klinik arbeitete und nicht gegen das Coronavirus geimpft ist. Aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen einrichtungsbezogenen Impfpflicht forderte ihr Arbeitgeber sie auf, einen Impf- oder Genesenenstatus nachzuweisen oder eine ärztliche Impfunfähigkeitsbescheinigung vorzulegen. Die Krankenschwester druckte daraufhin eine von einer in Süddeutschland ansässigen Ärztin unterschriebene Bescheinigung aus dem Internet aus und legte diese dem Arbeitgeber vor. Ein Gespräch mit der Ärztin fand nicht statt – auch nicht digital. Die Klinik reagierte, indem sie das Gesundheitsamt informierte und der Mitarbeiterin fristlos, hilfsweise ordentlich kündigte.

Das ArbG bestätigte die Kündigung, wandelte diese aber in eine ordentliche Kündigung um. Die Vorlage einer vorgefertigten ärztlichen Impfunfähigkeitsbescheinigung ohne Untersuchung stelle eine sehr schwere Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten dar. Diese zerstöre das Vertrauen in die Zusammenarbeit. Deshalb war nach Ansicht des Gerichts keine vorherige Abmahnung nötig. Aus § 20a des Infektionsschutzgesetzes ergebe sich kein arbeitsrechtliches Kündigungsverbot. 

Fazit

Auch wenn in diesem Sommer die Corona-Regeln lockerer sind, Arbeitgeber*innen können qua Direktionsrecht zur Sicherstellung des betrieblichen Gesundheitsschutzes weitgehende Schutzmaßnahmen anordnen. Wer den Arbeitgeber mit einem gefälschten Impfpass oder mit einer Impfunfähigkeitsbescheinigung täuscht, die nicht von einem Arzt oder einer Ärztin erstellt wurde, riskiert den Job, wie die drei Entscheidungen zeigen.