Corona-Streitigkeiten vor den Arbeitsgerichten

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Corona-Konflikte landen immer öfter vor Arbeitsgerichten.
Corona-Konflikte landen immer öfter vor Arbeitsgerichten.
CC0 / Pixabay / Engin_Akyurt

Corona hat natürlich auch die Arbeitsgerichte erreicht. Arbeitnehmer und Arbeitgeber haben viele Fragen, die sie offenbar allein nicht klären können. Die wichtigsten Urteile im Überblick.

  • Urteile zu Lohn und Urlaub
  • Urteile zu Kündigungen in Coronazeiten
  • Urteile zum Homeoffice
  • Urteil zur Videoüberwachung von Pandemiemaßnahmen

Kündigungen wegen Missachtung der Corona-Regeln am Arbeitsplatz, Lohnfortzahlung bei Quarantäne oder ein Erschwerniszuschlag beim Tragen einer OP-Maske: Seit Beginn der Pandemie gab es viele arbeitsrechtliche Entscheidungen.

Urteile zu Lohn und Urlaub

Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers im Lockdown: Inzwischen hat sich auch das Bundesarbeitsgericht (BAG) mit einer Corona-Streitigkeit auseinandergesetzt. Im Fall einer Minijobberin entschied es, dass eine wegen der Coronapandemie angeordnete Betriebsschließung nicht zum allgemeinen Betriebsrisiko des Arbeitgebers gehört. Damit muss er nicht für den Vergütungsausfall für Zeiten des Lockdowns aufkommen (BAG, Urteil vom 13.10.2021, Az.: 5 AZR 211/21).

Vergütungsrisiko für betriebliche Quarantäneanordnung: Entschließt sich ein Arbeitgeber, einen Arbeitnehmer nach einem Urlaub im Corona-Risikogebiet unter Quarantäne zu stellen, ist er für diese Zeit zur Lohnfortzahlung verpflichtet. Im konkreten Fall lag keine behördliche Anordnung einer Quarantäne vor (ArbG Dortmund, Urteil vom 24. 11.2020, Az.: 5 Ca 2057/20).

Keine Beschäftigung und Bezahlung ohne Coronatest: Ein Arbeitgeber muss einen Mitarbeiter, dem ein ärztliches Attest bescheinigt, dass er am Arbeitsplatz keine Maske tragen kann, nicht im Betrieb beschäftigen – auch nicht im Homeoffice (ArbG Siegburg, Urteil vom 18.8.2021, Az.: 4 Ca 2301/20).

Erschwerniszuschlag wegen OP-Maske: Ein Arbeitgeber muss seinen Beschäftigten keinen tariflichen Erschwerniszuschlag zahlen, wenn diese coronabedingt bei der Arbeit eine OP-Maske tragen müssen. Das hat das Landesarbeitsgericht (LAG) Berlin-Brandenburg im Fall einer Reinigungskraft entschieden (LAG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 17.11.2021, Az.: 17 Sa 1067/21).

Nachgewährung von Urlaubstagen bei Quarantäne: Ein Arbeitgeber muss Arbeitnehmern, die im Urlaub an Corona erkranken, die Urlaubstage nicht ohne Weiteres nachgewähren. Erforderlich ist die Vorlage eines ärztlichen Attests. Eine Quarantäneanordnung allein reicht nicht aus. (LAG Köln, Urteil vom 13.12.2021, Az.: 2 Sa 488/21).

Urteile zu Kündigungen in Coronazeiten

Kündigungen wegen Verstoß gegen Corona-Regeln: Wenn Arbeitnehmer gegen betriebliche Regeln zum Schutz vor dem Coronavirus verstoßen, kann dies grundsätzlich eine fristlose Kündigung rechtfertigen. Die Kündigung eines Mitarbeiters, der seinen Arbeitskollegen vermeintlich vorsätzlich anhustete, hatte vor dem LAG Düsseldorf allerdings keinen Bestand (LAG Düsseldorf, Urteil vom 27.4.2021, Az.: 3 Sa 646/20).

Kündigung wegen Testverweigerung unwirksam: Dagegen muss ein Arbeitgeber eine Orchestermusikerin, die entgegen des vorgesehenen Hygienekonzepts regelmäßige Coronatests für Proben und Aufführungen verweigert, weder beschäftigen noch vergüten. Das hat das LAG München im Fall einer Flötistin entschieden (LAG München, Urteil vom 26.10.2021, Az.: 9 Sa 332/21).

Keine Maske, Kündigung: Auch die Kündigung einer angestellten Logopädin, die sich weigerte, eine Maske bei der Behandlung ihrer Patienten*innen  zu tragen, war rechtmäßig. Das hat das ArbG Cottbus entschieden und zugleich die Anforderungen an ein ärztliches Attest präzisiert (ArbG Cottbus, Urteil vom 17.6.2021, Az.: 11 Ca 10390/20).

Auch das ArbG Köln mit Urteil vom 17.7.2021 (Az.: 12 Ca 450/21) als auch das LAG Berlin-Brandenburg mit Urteil vom 7.10.2021 (Az.: 10 Sa 867/21) bestätigten jeweils die Rechtmäßigkeit einer außerordentlichen Kündigung wegen Verstoßes gegen die Maskenpflicht. In beiden Fällen waren fruchtlose Abmahnungen vorangegangen. Im Kölner Fall wurde eine „Rotzlappenbefreiung“ als Entschuldigungsgrund für das Nichttragen der Maske vorgelegt, in Berlin ein im Internet erworbenes und selbst ausgedrucktes Attest. Anders ging die Kündigung eines Arbeitnehmers aus, der sich weigerte, an betrieblichen Coronatests teilzunehmen, diese war unwirksam. Trotz der Pflichtverletzung hätte der Arbeitgeber im konkreten Fall zunächst eine Abmahnung aussprechen müssen (ArbG Hamburg, Urteil vom 24.11.2021, Az.: 27 Ca 208/21).

Mit den Anforderungen an Atteste zur Befreiung von der Maskenpflicht haben sich die Arbeitsgerichte mehrfach auseinandersetzen müssen. Es setzte sich Ansicht durch, dass sich aus dem Attest selbst heraus der Grund für die Befreiung von der Maskenpflicht ergeben muss, da eine Überprüfung durch die Gerichte nur so möglich ist (z. B.: ArbG Siegburg, Urteil vom 16.12.2020, Az.: 4 Ga 18/20).

Änderungskündigung zur Einführung von Kurzarbeit in der Coronakrise: Das Arbeitsgericht Stuttgart hat mit einem Urteil die fristlose Änderungskündigung einer Arbeitnehmerin für rechtswirksam erklärt. Trotz eines coronabedingten erheblichen Arbeitsausfalls des Arbeitgebers und bereits bewilligtem Kurzarbeitergeld hatte die Mitarbeiterin eine Vereinbarung zur Einführung von Kurzarbeit nicht unterzeichnen wollen (ArbG Stuttgart, Urteil vom 22.10.2020, Az.: 11 Ca 2950/20).

Rückforderung einer Corona-Prämie nach Kündigung: Ein Arbeitgeber kann eine Corona-Sonderzahlung von einem Mitarbeitenden nicht zurückfordern, weil dieser das Arbeitsverhältnis innerhalb von 12 Monaten gekündigt hat. Eine Rückzahlungsklausel im Arbeitsvertrag erklärte das ArbG Oldenburg für unwirksam (ArbG Oldenburg, Urteil vom 25.5.2021, Az.: 6 Ca 141/21).

Urteile zum Homeoffice

Recht auf Homeoffice während der Coronapandemie: Ein Arbeitgeber, der seinem Arbeitnehmer gestattet hatte, seine Tätigkeit als Grafiker von zu Hause aus zu erbringen, ist grundsätzlich berechtigt, seine Weisung zu ändern, wenn sich später betriebliche Gründe herausstellen, die gegen das Arbeiten im Homeoffice sprechen (LAG München, Urteil vom 26.8. 2021, Az.: 3 SaGa 13/21).

Arbeitgeber darf Homeoffice beenden: In die gleiche Richtung geht ein Urteil des LAG Berlin. Ein Arbeitgeber kann die Änderung des Arbeitsorts aufgrund einer unternehmerischen Entscheidung mit einer Änderungskündigung durchsetzen. Er ist nicht verpflichtet, vorrangig eine Tätigkeit aus dem Homeoffice als "milderes Mittel" anzubieten (LAG Berlin, Urteil vom 24.3.2021, Az.: 4 Sa 1243/20).

Arbeitgeber muss vor einer Änderungskündigung kein Homeoffice anbieten: Ein Arbeitnehmer, der wegen des Risikos einer Corona-Infektion forderte, im Homeoffice oder in einem Einzelbüro arbeiten zu dürfen, hatte vor dem ArbG Augsburg ebenfalls keinen Erfolg. Solange der Arbeitgeber den Gesundheitsschutz im Büro durch Corona-Schutzmaßnahmen sicherstellt, ist er zu diesen Maßnahmen nicht verpflichtet, entschied das Gericht (ArbG Augsburg, Urteil vom 7.5.2020, Az.: 3 Ga 9/20).

Urteil zur Videoüberwachung von Pandemiemaßnahmen

Videoüberwachung: Eine Videoüberwachung im Betrieb ist nur in engen rechtlichen Grenzen zulässig - auch wenn sie zur Kontrolle der Einhaltung von Corona-Schutzvorschriften erfolgt. Das ArbG Wesel gab dem Unterlassungsantrag eines Betriebsrats wegen fehlender Beteiligung teilweise statt (ArbG Wesel, Urteil vom 24.4.2020, Az.: 2 BVGa 4/20).