Die finanzielle Lage der Krankenkassen spitzt sich zu. Ein vorläufiger Bericht des Gesundheitsministeriums hat Milliardenverluste im Jahr 2024 aufgezeigt. Politik und Gesundheitsexperten debattieren über notwendige Reformen.
Die gesetzlichen Krankenkassen in Deutschland haben im vergangenen Jahr riesige finanzielle Verluste verzeichnet. Das Defizit belief sich auf 6,2 Milliarden Euro, wie das Bundesgesundheitsministerium nach vorläufigen Zahlen in Berlin mitteilte.
Dieses Ergebnis bedeutet eine deutliche Verschärfung der finanziellen Lage im Vergleich zu den ersten drei Quartalen desselben Jahres. Die Finanzreserven wurden auf 2,1 Milliarden Euro reduziert, was weniger als der Hälfte der gesetzlich vorgeschriebenen Mindestreserve entspricht. Zudem zeigte der Gesundheitsfonds ein Minus von 3,7 Milliarden Euro. Zum Januar 2025 betrug die Liquiditätsreserve etwa 5,7 Milliarden Euro.
Milliardenverluste: Krankenkassen in Deutschland alarmiert
Laut Gesundheitsministerium sei das hohe Defizit nicht nur Folge eines inflationsbedingt starken Anstiegs der Ausgaben für Personal und medizinische Leistungen, sondern auch durch das Versäumnis früherer Legislaturperioden. Besonders im Krankenhaussektor stiegen die Ausgaben um fast neun Prozent.
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) äußerte, das hohe Defizit der Kassen 2024 und der erhebliche Anstieg der Zusatzbeiträge zu Jahresbeginn seien nicht nur durch inflationsbedingte Kostensteigerungen bedingt. "Sie sind auch darauf zurückzuführen, dass in den vergangenen Legislaturperioden versäumt wurde, das Gesundheitssystem zu modernisieren und die Strukturen für die Zukunft fit zu machen."
Der Minister betonte die Notwendigkeit von Strukturreformen und die Finanzierung gesamtgesellschaftlicher Aufgaben, wie die medizinische Versorgung von Bürgergeld-Empfängern, aus Steuermitteln statt aus Beiträgen. Die aufgewendeten Steuermittel sollen ausgebaut werden, um künftigen Beitragserhöhungen entgegenzuwirken. Lauterbach hob die beschlossene Krankenhausreform und eine verstärkte Digitalisierung hervor.
Lauterbach: "Müssen verhindern, dass die Beitragssätze weiter steigen"
Er forderte zugleich: "Wir müssen verhindern, dass die Beitragssätze weiter steigen. Dafür müssen die Strukturreformen weiter umgesetzt und mehr Steuermittel in die Hand genommen werden." Unter anderem solle der seit 2017 nicht mehr angehobene Bundeszuschuss für versicherungsfremde Leistungen regelmäßig dynamisiert werden. Für das Jahr 2024 wurden Einnahmen von 320,6 Milliarden Euro verzeichnet, während sich die Ausgaben auf 326,9 Milliarden Euro beliefen, was vor allem durch gestiegene Leistungsausgaben und Verwaltungskosten bedingt ist. Der durchschnittliche Zusatzbeitragssatz der Krankenkassen stieg zum Jahresende 2024 auf 1,82 Prozent.
Das Defizit verteilte sich unterschiedlich auf die einzelnen Kassenarten: