Obwohl ihre Produktionsstätte vergangenes Jahr niederbrannte, ist die Kronacher Metzgerei Höring auf keine Unterstützung angewiesen, um ausreichend Bratwürste für das Freischießen herzustellen.
Sorgsam fixiert Robert Bayerkuhnlein mit Daumen und Zeigefinger die metallene Spitze seiner silberglänzenden Abfüllmaschine. Genauer: den Schafsdarm, den er zuvor darauf gezogen hat. "Sonst würde ihn mir das Brät einfach davonschießen", erklärt der Chef der Kronacher Metzgerei Höring, während das angeschlossene Abdrehgerät dafür sorgt, dass jede Wurst auch ja gleichgroß wird. Fast im Sekundentakt landet eine neue auf dem Metalltisch. Das berühmte Fingerspitzengefühl ist für ihn dabei keine Metapher. Etwas zu viel Kraft - und schon reißt der empfindliche Schafsdarm.
Eine Sorge, die Bayerkuhnlein längst nicht mehr hat, zu groß ist die mit zahlreichen Berufsjahren angewachsene Erfahrung. Kein Wunder, wenn alleine eine Ladung der im nebenstehenden sogenannten Kutter hergestellten rosafarbenen Fleischmasse reicht, um etwa 700 Würste zu füllen. "Vorbereiten können wir das nicht", erklärt er. "Die stellen wir jeden Tag frisch her." Und in den kommenden Tagen wird es sicherlich nicht nur eine Ladung sein, die er zusammen mit seinem Sohn Leon (20) sowie Lehrling Tobias Wicklein abfüllen wird. Denn der geneigte Freischießen-Besucher braucht bekanntlich eine gute Grundlage für sein Festbier.
Ferienjobber helfen aus
Während Bayerkuhnlein neben Bratwürsten dafür auch seine traditionellen Zwiebelsteaks bereithält, setzt Eberhard Kraus zusätzlich zur Bratwurst auf Currywürste und die mit Jalapeño-Chili gewürzten "Feuerstangen". Wie die Metzgerei Höring stellt Kraus seine Bratwürste ebenfalls jeden Tag frisch her. "Die Steaks meistens auch, aber da macht es auch nichts, wen sie noch einmal über Nacht liegen", sagt Kraus. "Das tut denen sogar ganz gut, weil die Marinade dann besser einziehen kann."
Um auch auf die benötigte Anzahl kommen zu können, hat er noch zwei Ferienjobber eingestellt. Außerdem hilft ein Metzger aus, der auf Minijobbasis angestellt ist. "Der steigt während des ganzen Schützenfestes voll ein und hat dafür dann abschließend zwei Wochen frei", erklärt Kraus. Insgesamt erhöht sich die Mitarbeiterzahl während den elf Tagen des Freischießens von 13 auf fast 30.
Jeder Tag ist anders
Beim Volksfest dabei ist die 1887 im Schauberg gegründete Metzgerei vergleichsweise kurz. Stellt man sich den Zeitstrahl der Geschichte des Freischießens als Wurst vor, füllt sie mit ihren zehn Jahren wahrscheinlich nicht einmal den Zipfel, wohingegen die knapp 100 Jahre der Metzgerei Höring schon für einen ordentlichen Bissen reichen.
"In den zehn Jahren, seitdem ich von der Metzgerei Welscher übernommen habe, war es jedes Jahr anders", so Kraus. Man hat halt seine Erfahrungswerte, aber es ist nie ein Tag wie der andere." Lediglich bei der Bierprobe sei der Umsatz einigermaßen gleichmäßig, ansonsten hänge es stets vom Wetter ab, wie viele Fleischprodukte über die Theke gehen und Geld in der Kasse landet. "Abgerechnet wird letztlich aber immer nach elf Tagen, und dann kann man sagen, ob es gepasst hat oder eben nicht", so der 57-Jährige, der den Betrieb in der vierten Generation führt.
Hohe Konzentration
Der Montag und der Dienstag seien erfahrungsgemäß eher schwache Tage, doch weil Mariä Himmelfahrt diesmal auf den Mittwoch fällt, dürfte auf dem Festplatz am Vorabend deutlich mehr los sein als gewöhnlich, schätzt Kraus, der ohnehin jeden Tag auf dem Festplatz ist - allerdings nicht als Besucher. Ab und zu trinke er zwar mal einen Schluck Bier, nach 22 Uhr sei er aber nicht mehr anzutreffen, schließlich müsse er morgens schon wieder um fünf Uhr fit sein. "Man muss schon immer hoch konzentriert sein. Es passiert nämlich auch mal, dass man Bratwürste doppelt würzt", berichtet er. "Das ist zum Glück nicht allzu tragisch. Viel schlimmer wäre es nämlich, wenn man doppelt salzt!"
Darüber, dass ihm solche Missgeschicke theoretisch wieder passieren können, dürfte sich Robert Bayerkuhnlein wahrscheinlich sogar freuen. An die acht Monate musste der 46-Jährige darauf warten, wieder selbst produzieren zu können, nachdem am 27. und 28. Oktober 2017 zwei Brände seine Produktionsstätte in der Johann-Nikolaus-Zitter-Straße zerstörten.
Wieder aus eigener Produktion
Für circa 350 000 Euro hat er aus der ehemaligen Lottoannahmestelle, die in der Bahnhofstraße an seine Filiale angrenzt, eine kleine Produktionsstätte gemacht. "Die weiße Ware wie Brat- oder Gelbwurst können wir hier so jetzt seit fünf Wochen wieder selbst machen", freut er sich.
Alle Höring-Würste, die auf dem Freischießen in die Brötchen wandern, können also in der Kreisstadt hergestellt werden. Der größte Teil des Sortiments stamme aber noch immer aus Hof, wo die Metzgerei Max nach Bayerkuhnleins Rezepten produziert. Um auch geräucherte Würste wie Salami herzustellen, reicht der Platz nicht aus. Gerade einmal zwei Tischtennisplatten würden der Länge nach in den schmalen Produktionsraum passen.