Es war der letzte Verhandlungstag vor dem Urteilsspruch: Im Falle der versuchten Vergewaltigung einer 18-Jährigen in Kronach wurde ein psychologisches Gutachten über den Angeklagten verlesen. Die Prognose fällt erschreckend aus.
Als das Knattern des Elektroschockers durch den Gerichtssaal braust, zucken alle erschrocken zusammen. Mit einem ähnlichen Modell soll ein 36-Jähriger Ende Mai des vergangenen Jahres seine Exfreundin attackiert haben. Der Mann aus dem Landkreis Kronach ist vor dem Coburger Landgericht jedoch nicht nur wegen schwerer Körperverletzung angeklagt. Ihm wird zudem vorgeworfen, in den Morgenstunden des 4. Juli 2018 eine junge Frau auf dem ehemaligen Kronacher Landesgartenschaugelände brutal misshandelt und beinahe vergewaltigt zu haben. Am letzten Verhandlungstag vor dem Urteilsspruch sagte ein Physiker des Münchner Landeskriminalamtes als Zeuge und Sachverständiger aus. Zudem verlasen Psychologen ihre Gutachten.
Angriff auf Exfreundin: Rote Punkte gesehen
Bei einem Treffen in ihrer Wohnung habe der Angeklagte seine Exfreundin am 30. Mai 2018 geschlagen, sie bedroht und beschimpft. Außerdem sei sie von etwas verletzt worden, was sie als Elektroschocker beschrieb. Gesehen habe sie das Gerät nicht, wie der Stromschlag eines Weidezaunes habe sich der Hieb aber angefühlt. Zudem habe sie aus den Augenwinkeln zwei rote Lichter wahrgenommen.
18-Jährige in Kronach angegriffen: Exfreundin des Angeklagten berichtet über heftige Abstürze
"Rote Punkte sieht man bei einem solchen Angriff normalerweise nicht, außer der Elektroschocker ist rot lackiert", klärte der Münchner Kriminalbeamte die Kammer auf. Nicht zugelassene Varianten der Waffe würden einer Taschenlampe ähneln, bei der die halbkreisförmigen Elektroden kaum zu sehen sind. Wie stark der Stromschlag empfunden wird, hänge unter anderem von der Schmerzempfindlichkeit des Opfers, der Leitungsfähigkeit der Haut sowie der Art und dem Ladezustand des Gerätes ab. "Die illegalen knattern wesentlich schneller als die zugelassenen", erklärte der Physiker.
Einige Geräte verfügen tatsächlich über rote LED-Leuchten, wie sie die Exfreundin des Angeklagten beschrieben hatte. Hautrötungen und Brandbläschen könnten die Folge eines solchen Stromschlags sein. Der 36-Jährige hatte den beschriebenen Angriff jedoch abgestritten: Der Elektroschocker sei niemals betriebsbereit gewesen, ein entsprechendes Ladegerät besitze er gar nicht.
Weder Reue noch Mitleid
Anhand zweier Interviews, die eine Psychologin in der Justizvollzugsanstalt Hof mit dem Angeklagten geführt hatte, wurde ein Gutachten erstellt. Darin wird der 36-Jährige als verantwortungslos, manipulativ, emotionslos und leicht zu Aggressionen neigend beschrieben. Zudem empfinde er keine Reue für seine begangenen Taten und keine Empathie für seine Opfer. "Grenzverletzungen gegenüber Frauen gehören zu seinem Verhaltensrepertoire", trug die Psychologin aus dem Gutachten vor. Gewalttätiges Verhalten gegenüber seinen Expartnerinnen habe er stets als gerechtfertigt empfunden.