Am meisten ärgern sie die Sprüche von Unbeteiligten. Und dass sie sich immer wieder aufs Neue erklären muss. Monika Lux lebt seit 17 Jahren mit der Diagnose Zöliakie. Die Gluten-Unverträglichkeit hat sie wahrscheinlich schon seit ihrem 20. Lebensjahr.
Schätzungen der Deutschen Zöliakie Gesellschaft (DZG) zufolge leiden bis zu 2 von 100 Menschen in ganz Europa an Zöliakie. Rund sieben Millionen Menschen wären damit auf unserem Kontinent von der Krankheit betroffen. Die DZG geht davon aus, dass nur ein Viertel der Erkrankten medizinisch diagnostiziert werden. Die Autoimmunerkrankung wird durch eine Reaktion auf Gluten verursacht. Das Protein befindet sich in Weizen, Gerste und Roggen. Herkömmliches Brot und Gebäck isst Monika Lux seit dem Sommer 2003 nicht mehr. Da ist ihre Erkrankung endlich diagnostiziert worden. Stattdessen backt sie seither mit Mehlen aus Reis, Mais und Buchweizen. „Gluten kann aber auch in allen verarbeiteten Lebensmitteln vorkommen“, weiß sie. „Deshalb ist es wichtig, immer die Zutatenliste zu lesen.“
Volkskrankheit Zöliakie: Millionen Menschen in Europa leiden unter Gluten-Unverträglichkeit
„Es war ein langer Weg“, erinnert sich die Obernbreiterin, die der Selbsthilfegruppe Zöliakie vorsteht. Etwa 20 Mitglieder – von Karlstadt bis Kitzingen – treffen sich regelmäßig im Selbsthilfehaus Würzburg, um sich über glutenfreie Produkte, Bezugsquellen, Rezepte und neue medizinische Erkenntnisse auszutauschen. Zöliakie kann mit einer Vielzahl von leichten bis sehr schweren Symptomen auftreten: Blähungen, Durchfall, Übelkeit, Verstopfung, Müdigkeit sowie ein plötzlicher oder unerwarteter Gewichtsverlust gehören dazu. Bei Monika Lux waren die Anzeichen eher untypisch. „Ich hatte über viele Jahre hinweg eine ganz fahle Haut“, sagt sie. Ihr Umfeld und sie selbst hatten sich längst daran gewöhnt, als es der Obernbreiterin um die Jahrtausendwende immer schlechter ging. Rund um den Mund bekam sie rote Flecken, später war das Gesicht bis zum Dekolleté rot. „Ich habe mich nicht mehr auf die Straße getraut“, erinnert sie sich. Wie Verbrennungen zweiten Grades sah die Haut aus.
Acht Hautärzte hat sie besucht, aber die hätten nur die Symptome behandelt, nicht die Zusammenhänge erkannt. Selbst in der Hautklinik wurde sie nicht auf eine Gluten-Unverträglichkeit hin untersucht. „Das waren halt andere Zeiten“, sagt Lux. Mittlerweile sei die Medizin viel weiter, mittlerweile seien die Ärzte besser geschult und viel wachsamer.
Schließlich ging sie selbst zu einem Internisten, der die richtige Diagnose stellte. Bei einer Magenbiopsie wurde Gewebe aus dem Dünndarm entnommen. Die erschreckende Erkenntnis: Fast alle Darmzotten – warzenähnliche Erhebungen im Darm, die die Aufnahme der Nährstoffe in Blut und Lymphe regeln – waren bei Monika Lux verschwunden. Heute weiß sie: Bei jeder Nahrungsaufnahme, die Gluten beinhaltet, bauen sich die Zotten ab. „Es ist eine chronische Erkrankung“, sagt Lux. Frauen sind davon häufiger betroffen als Männer. Und: Die Krankheit kann sich weiter vererben, auch erst wieder in der zweiten Generation. „Mir ist erst nach meiner Diagnose klar geworden, warum meine Mutter an Durchfällen, Eisenmangel und Osteoropose gelitten hat“, sagt Monika Lux. Diese Krankheiten gelten als mögliche Folgeerscheinungen einer Zöliakie.
Krankheit begleitet die Menschen ein Leben lang
Die Gluten-Unverträglichkeit begleitet Betroffene ein Leben lang. Arzneien gibt es nicht. „Diät ist unser einziges Medikament“, sagt Lux. Da bereits kleine Mengen an Gluten schaden können, sollte in der Küche und im Restaurant sorgfältig und sauber gearbeitet werden, wenn gleichzeitig auch glutenhaltige Speisen zubereitet werden. Schon ein Achtel Weizenmehl kann ausreichen, dass sie einen Rückschlag erleidet. Dann muss sie wieder eine Woche lang mit den Folgen eines entzündeten Darms leben.