Wegen der Corona-Krise wird erwartet, dass die Zahl der Privatinsolvenzen 2020 stark steigen wird. Im Landkreis Haßberge ist dieser Trend nicht zu verzeichnen - noch nicht. Eine Expertin nimmt vielen Bürgern die Angst vor der Insolvenz und erklärt, wie ein solches Verfahren abläuft.
Die Schulden häufen sich, das Konto fällt immer weiter ins Minus und durch die Corona-Krise kommt noch die Kurzarbeit hinzu: Viele Menschen plagen aktuell finanzielle Sorgen und einige müssen möglicherweise Privatinsolvenz beantragen. Hilfe finden sie bei der Diplom-Sozialpädagogin Karin Rosin und ihrer Kollegin Heike Först von der Caritas-Schuldner- und Insolvenzberatung des Landkreises Haßberge. "Momentan sind keine persönlichen Beratungsgespräche möglich, was auch ein Grund sein kann, dass sich aktuell nicht so viele Leute melden", sagt Rosin. Die beiden Frauen können Beratungstermine nur schriftlich per E-Mail oder telefonisch durchführen.
Doch vielleicht es nur die Ruhe vor dem Sturm. "Wir glauben, dass eine Welle auf uns zukommt, aber zeitverzögert um zwei bis drei Monate. Es kommt auch darauf an, wie lange es noch dauert. Manche haben sich gedacht, dass es nicht so lange dauert und jetzt leben sie in Kurzarbeit und müssen mit ihrem Gehalt die Situation überbrücken." Für viele ist die Insolvenz dann der letzte Schritt, um ein schuldenfreies Leben zu führen. Doch wie läuft so ein Privatinsolvenzverfahren, offiziell als Verbraucherinsolvenzverfahren bezeichnet, ab?
1. Vorbereitung des Schuldners
Zuallererst ist es förderlich, wenn sich der Schuldner gut vorbereitet. Es wäre toll, so Rosin, wenn die Unterlagen sortiert und chronologisch geordnet abgeheftet sind. Dabei ist es wichtig, die Unterlagen nach den Ursprungsgläubigern zu sortieren und nicht nach deren Vertretern, wie beispielsweise Inkassobüros. "Wenn jemand nicht mehr weiß, ob und wie viele Forderungen überhaupt bestehen, der kann im Vorfeld bei einer Auskunftei nachfragen. Die bekannteste ist die Schufa."
2. Sammlung der Forderungen in der Beratungsstelle
Der Schuldner muss sich bei der Beratungsstelle melden. Dort werden alle Forderungen gesammelt, um ein Anschreiben für die Gläubiger aufzusetzen. "Je besser vorbereitet der Klient ist, desto schneller kann das Anschreiben ausgestellt werden", gibt Beraterin Rosin als Tipp.
3. Überprüfung der Forderungen
Im nächsten Schritt werden die Gläubiger von der Beratungsstelle angeschrieben und darum gebeten, anzugeben, welche Forderungen gegen den Klienten bestehen und aus welchem Grund diese Forderungen bestehen. Für die Antwortschreiben der Gläubiger besteht eine Frist von vier Wochen. Sobald die Rückmeldungen eintreffen, werden die Forderungen von der Beratungsstelle überprüft.
4. Außergerichtlicher Einigungsversuch
Bevor das Privatinsolvenzverfahren eingeleitet werden kann, ist der außergerichtliche Einigungsversuch verpflichtend. Auch hier besteht eine Frist von vier Wochen. Also mindestens zwei Monate, bis das Insolvenzverfahren begonnen werden kann, so Rosin. Hierfür ist eine Bescheinigung von einer anerkannten Schuldnerberatungsstelle notwendig. Erst wenn keine Einigung zustande kommt, wird das Verbraucherinsolvenzverfahren beantragt. Gründe für ein Scheitern sind, dass die Mehrheit der Gläubiger nicht einverstanden ist, ein Gläubiger eine Zwangsvollstreckung betreibt oder der Schuldner die Vereinbarung nicht einhalten kann.