Bewegung gibt's nicht auf Rezept

2 Min
25 000 Exponate gibt es im Diabetesmuseum von Werner Neumann zu bestaunen. Zum Diabetikertag nach Kulmbach hat er alte Spritzen aus den 1920er Jahren und Blutzuckermessgeräte von 1968 bis heute mitgebracht. Fotos: Stephan Stöckel
25 000 Exponate gibt es im Diabetesmuseum von Werner Neumann zu bestaunen. Zum Diabetikertag nach Kulmbach hat er alte Spritzen aus den 1920er Jahren und Blutzuckermessgeräte von 1968 bis heute mitgebracht. Fotos: Stephan Stöckel
An einer Puppe zeigen Sabine Friderichs (rechts) und Diabetesberaterin Heike Dressel (Zweite von rechts) Johnnes Lammert und Bianca Schöck die verschiedenen Tragemöglichkeiten einer Insulinpumpe.
An einer Puppe zeigen Sabine Friderichs (rechts) und Diabetesberaterin Heike Dressel (Zweite von rechts) Johnnes Lammert und Bianca Schöck die verschiedenen Tragemöglichkeiten einer Insulinpumpe.
 

Beim Diabetestag in der Kulmbacher Dr.-Stammberger-Halle gab es viele gute Tipps und manch Kurioses.

Seine Krankheit sieht man ihm nicht an. Wer denkt schon bei einem adretten Herrn im reiferen Alter mit sportlich-schlanker Figur an Diabetes mellitus? Vor 25 Jahren wurde bei ihm die chronische Stoffwechselerkrankung diagnostiziert. Ein Leben mit Insulin oder Tabletten ist dem Niederbayern, der namentlich nicht genannt werden möchte, erspart geblieben. Seine Therapie ist nicht verschreibungspflichtig. "Bewegung und vernünftiges Essen gibt es nicht auf Rezept. Das muss man selbst machen", sagte der Dingolfinger, der eine Selbsthilfegruppe für Diabetiker leitet.

Rund 60 solcher Vereinigungen mit rund 5000 Mitgliedern gibt es in Bayern. Sie gehören dem Diabetikerbund Bayern an, der heuer sein 65-jähriges Bestehen feiert. Aus diesem Anlass fand in der Dr.-Stammberger-Halle ein Diabetikertag statt. "Anhand von Infoständen und Vorträgen informieren wir über die neusten Behandlungsmöglichkeiten der Volkskrankheit", sagte Bernd Franz, Vorstandsvorsitzender des Diabetikerbundes Bayern. Weltweit, so der Haßfurter, gebe es 460 Millionen Diabetiker, in Deutschland rund sechs bis sieben Millionen.

Jeder ist sein eigener Experte

Auch Kulmbach hat eine Selbsthilfegruppe. Sie wird von Michael Lorenz geleitet, der aus gesundheitlichen Gründen nicht anwesend sein kann. Der Besuch lässt zu wünschen übrig - nur wenige haben sich in Kulmbachs guter Stube eingefunden. Zu ihnen zählt der eingangs erwähnte Gast aus Dingolfing, der sich mit Leib und Seele der Selbsthilfe-Idee verschrieben hat. Sein Motto lautet: "Ein jeder Diabetiker soll sein eigener Experte werden."

Ziel seiner ehrenamtlichen Arbeit sei es auch, die Erkrankten darüber aufzuklären, welche Verantwortung sie gegenüber ihrer Familie und der gesamten Gesellschaft hätten. Schließlich habe es jeder Diabetiker weitgehend selbst in der Hand, Folgekrankheiten und eine Verschlechterung seines Gesundheitszustandes zu verhindern. "Wer lässt sich schon gerne ein Bein abnehmen?", gab der Redner zu bedenken. Das könne passieren, wenn man die gesunde Lebensführung vernachlässige. Wenn er von Betroffenen zu hören bekomme, dass seine Arbeit Früchte getragen habe, dann gebe ihm das ein Gefühl der Zufriedenheit.

Die Arbeit des Diabetikerbundes Bayern mit seinen zahlreichen Selbsthilfegruppen ist vielseitig. Verena Hädrich aus Erlangen berichtete über ihre Fortbildungsarbeit in Schulen und Kindertagesstätten, wo Pädagogen und Erzieher über das Thema Diabetes bei Kindern aufgeklärt werden.

Johannes Lammert aus Nürnberg und Bianca Schöck aus Ludwigsburg erzählten von ihrer Arbeit als Betreuer in einem Diabetescamp. "Die Kinder sollen merken, dass sie nicht alleine sind und man gut mit der Krankheit leben kann", sagte Schöck. Die zwei jungen Leute sind am Typ 1 erkrankt, der durch einen absoluten Insulinmangel gekennzeichnet ist.

Colorimeter aus dem Jahr 1900

Beim Diabetikertag informieren sie sich über die neuesten Innovationen auf dem Gebiet der Insulinpumpen und Blutzuckermessgeräte. Geräte von anno dazumal gibt es auch zu besichtigen. Am Stand des privaten Diabetesmuseums München-Pasing kann man in die Geschichte der Zuckerkrankheit eintauchen. Auf 23 Quadratmetern sind in einem Reihenhaus rund 25 000 Exponate zu bestaunen. Einige davon hat Werner Neumann nach Kulmbach mitgebracht.

Stolz präsentiert er ein Colorimeter, ein Blutzuckermessgerät aus dem Jahre 1900. "Vor 120 Jahren konnte man nur den Blutzuckerwert feststellen und dem Patienten zu einer Diät raten. Eine Behandlung erfolgte erst ab 1921 mit der Findung des Insulins", erklärt der Experte.

Bei einem Festabend in der Kommunbräu wurden verdiente Mitglieder geehrt. Die Festrede hielt die ehemalige Landtagspräsidentin Barbara Stamm