Knöpfe, Nadeln, Textilreste: Bei Grabungen in Franken stießen Forscher auf zahlreiche Reliquien aus der Zeit des 17. Jahrhunderts. Vor allem ein ungewöhnliches Grab beschäftigt die Experten.
Forscher machten bei Grabungen in Franken überraschende Entdeckungen: Sie stießen auf zahlreiche Reliquien aus der Zeit des 17. Jahrhunderts. Viele davon brachten neue Erkenntnisse und zeugen vom damaligen Leben, informiert das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege (BLfD) in einer Pressemeldung. Ein mysteriöses Grab gebe den Experten jedoch Rätsel auf.
Zeitlich seien die Funde dem Dreißigjährigen Krieg zuzuordnen. Dort, wo der kaiserliche Feldherr Albrecht von Wallenstein im Jahre 1632 seine Soldaten im Kampf gegen die Schweden befehligte, befinde sich heute das neueste Baugebiet der Stadt Stein. Hier haben die Forscher bis zum März 2023 knapp ein Jahr lang bauvorgreifende archäologische Grabungen durchgeführt. Die Fläche im Westen der Stadt beherbergte das größte befestigte Heerlager des Dreißigjährigen Krieges. Die zahlreichen Funde dort liefern neue Erkenntnisse zum Leben in der Zeit - bis auf die mysteriöse Bestattung.
"Gibt weiterhin Rätsel auf": Mysteriöses Grab in Stein bei Nürnberg beschäftigt Archäologen
"Die erste große Überraschung war, bei den Grabungen überhaupt mitten im Heerlager Wallensteins zu landen", wird die Leiterin der Abteilung Bodendenkmalpflege am BLfD, Stefanie Berg, in der Mitteilung zitiert. Vorher sei der genaue Verlauf des Walls und des Grabens der Festung auf alten Karten noch unklar gewesen: "Jetzt wissen wir, dass sich das Wallenstein'sche Lager weiter nach Süden erstreckte als angenommen".
"Rätsel gibt den Wissenschaftlern am BLfD weiterhin ein Grab am Lagerrand auf", heißt es jedoch in der Pressemeldung. Es handle sich dabei um die bisher einzige vollständig archäologisch dokumentierte und aufwendig untersuchte Einzelbestattung des Heerlagers. Die Ausrichtung des Skeletts eines jungen Menschen, vermutlich einer Frau, in Seitenlage unterscheide sich grundlegend von der üblichen christlichen Bestattungssitte. Dies wirft bei den Forschern viele Fragen auf. Die Person trug außerdem einen Bronzering, dazu fanden die Wissenschaftler im Grab mehrere Gewandhaken und eine Kette aus einer Zinn-Blei-Legierung, so das BLfD. Anhand jüngster Ergebnisse kann nun etwas zu der gesellschaftlichen Stellung der Person vermutet werden.
Aufwendig hergestellte Stoffreste aus Seide, Gold und Silber weisen darauf hin, dass es sich bei dem Skelett um eine höher gestellte Person, möglicherweise eine Offiziersfrau, gehandelt haben könnte, so die Forscher. Die Todesursache, wer die Person tatsächlich war und warum sie auf solch eine ungewöhnliche, dennoch sorgfältige, Art und Weise bestattet wurde, werde wahrscheinlich niemals geklärt werden können. Auch eine Herkunftsanalyse konnte dazu keine Ergebnisse liefen. Dass die Bestattung tatsächlich in Zusammenhang mit dem Heerlager steht, habe die Altersbestimmung eines Knochens bestätigt.
Archäologische Funde aus Dreißigjährigem Krieg in Franken: Zeugen des Lebens vor 400 Jahren
Neben dem mysteriösen Grab brachten die Grabungen zudem eine Vielzahl an Funden aus allen Bereichen des damaligen Lebens in dem Lager zutage. Anhand dieser lasse sich der Alltag im größten befestigten Heerlager des Dreißigjährigen Kriegs nachvollziehen. Diverse Gruben zeigen beispielsweise, dass bereits im 17. Jahrhundert darauf geachtet wurde, Abfälle zentral zu sammeln und zu vergraben, heißt es.
Objekte wie Knöpfe, Nadeln, Glasfragmente, Textilreste, Messer, Nägel und mehr seien Relikte aus dem damaligen Lagerleben. Diesem gehörten nachweislich nicht nur rund 50.000 Soldaten und 15.000 Pferde an, sondern auch ein Gefolge von circa 30.000 weiteren Menschen. Darunter waren Familienangehörige, Händler, Gaukler und sogar Prostituierte. Auch einige Münzen konnten die Archäologen laut dem Landesamt für Denkmalpflege ans Tageslicht befördern. Dabei habe es sich überwiegend um Kreuzer von Kurfürst Maximilian I. von Bayern und Kaiser Ferdinand III. gehandelt.