Außerdem machten die Teilnehmenden Angaben zur Lautstärke des Tinnitus und zum Grad ihres damit verbundenen Unwohlseins.
Dr. Müller-Voggel fasst zusammen: „Mit unseren Ergebnissen konnten wir zeigen, dass die Probandinnen und Probanden ihren Tinnitus tatsächlich bis zu drei Minuten nach den entspannenden Übungen als signifikant leiser und angenehmer einschätzten als nach den anspannenden Übungen.“ Das Team bemerkte außerdem, dass die Entspannungsübungen auch im Gehirn messbare Veränderungen auslösten.
So befand sich die Region, die Wahrnehmungen in der Kopf- und Nackenregion verarbeitet, in einem gehemmten Zustand. Diese Hemmung war aber nicht nur lokal zu beobachten, sondern wurde zu einem anderen Bereich, der für Hörwahrnehmungen zuständig ist, weitergeleitet. „In diesem auditorischen Kortex, in dem höchstwahrscheinlich die eigentliche Wahrnehmung des Tinnitus verarbeitet wird, konnten wir dann auch tatsächlich eine Reduktion neuronaler Aktivität beobachten“, berichtet Nadia Müller-Voggel.
Die kurzfristige Verbesserung des Tinnitus wurde also vom hemmenden Einfluss der Kopf- und Nackenregion auf die Hörregion ausgelöst, wo sich lokal Tinnitus-assoziierte Hirnaktivität reduzierte. Die Ergebnisse des Erlanger Teams bestätigen also, dass Tinnitus systematisch durch Entspannungsübungen kurzfristig verändert werden kann und belegen erstmals die Verbindung zum Gehirn.
Die Arbeit der Erlanger Forschungsgruppe trägt wesentlich dazu bei, die Entstehung und Beeinflussbarkeit von chronischem Tinnitus besser zu verstehen. Ziel ist die Entwicklung neuer Therapien, mit denen sich die Ohrgeräusche dauerhaft reduzieren lassen. „Um herauszufinden, inwiefern Tinnitus schon im Anfangsstadium beeinflussbar ist, wollen wir im nächsten Schritt untersuchen, welchen Einfluss dieselben Übungen in einem akuten, weniger verfestigten Stadium haben“, erklärt Dr. Müller-Voggel.
„Entsprechende Erkenntnisse würden uns dabei helfen, neuronale Prozesse aufzudecken, die einer Chronifizierung von Tinnitus im akuten Stadium entgegenwirken.“ Für diese Studie sucht die Forschungsgruppe noch Probandinnen und Probanden. Teilnehmen können Personen mit einem fast dauernd zu hörenden Tinnitus, der noch nicht länger als acht Wochen besteht, sowie Menschen, die in Stresssituationen oder bei Lärmbelastung regelmäßig einen vorübergehenden Tinnitus haben.
Die Studienteilnahme umfasst ein bis zwei Termine (Dauer: je drei Stunden) im MEG-Labor des Uniklinikums Erlangen in den Kopfkliniken, Schwabachanlage 6. Die Probandinnen und Probanden erhalten eine Fahrtkostenerstattung und eine Aufwandsentschädigung in Höhe von 15 Euro pro Stunde.
Link zum Preprint:
https://www.biorxiv.org/content/10.1101/2023.06.28.546718v1
Kontaktdaten für die Studienteilnahme
Das Telefon ist montags und dienstags von 18.00 bis 20.00 Uhr und von Mittwoch bis Samstag von 15.00 bis 17.00 Uhr besetzt.
Tel.: 09131/85-39222 megstudien.erlangen@gmail.com
Weitere Informationen:
Dr. Nadia Müller-Voggel
Neurochirurgische Klinik des Uniklinikums Erlangen
Tel.: 09131/85-36989 nadia.mueller-voggel@uk-erlangen.de