Überraschende Wende in der Diskussion um eine Geschwindigkeitsbegrenzung in der Inneren Löwenstraße.
Es war ursprünglich ein Vorstoß in seltener Einigkeit: CSU, SPD, GAL und BBB hatten in einen gemeinsamen Antrag vier Punkte gefordert: die Einführung von Tempo 30 in der Löwenstraße zwischen Markusplatz und Siechenstraße; die Aufnahme der Straße in die Liste für die kommunale Geschwindigkeitsüberwachung; ein Zebrastreifen an der bestehenden Verkehrsinsel vor der Löwenbrücke, auf Höhe Sporthalle Georgendamm; und schließlich einen stationärern Blitzer.
Vorausgegangen waren die Klagen von Anwohnern, einer
filmte sechs Wochen lang, was unten auf der Straße los ist. Das Video in komprimierter Form hatte die Stadtratsfraktionen zu oben genanntem Antrag veranlasst. CSU-Fraktionschef Helmut Müller hatte von einem Eindruck "wie am Nürburgring" gesprochen.
Doch in der jüngsten Sitzung des Umweltsenates legte nicht nur die CSU eine Kehrtwende hin. Auch der Bamberger Bürger-Block entschied anders als gedacht. Was ist passiert? "Unser Vorstoß damals beruhte auf einem Eindruck. Jetzt haben wir Fakten, und so fällt unsere Entscheidung nun im Sinne der Realität", sagte Gerhard Seitz von der CSU.
Mit "Fakten" meint er vor allem die Ergebnisse von Geschwindigkeits- und Lärmmessungen sowie Unfallstatistiken: Laut Ines Schellmann, Sachbearbeiterin Verkehr bei der Polizei, liegen keine rechtlichen Grundlagen für Tempo 30 vor. Wie die Polizei in ihrer Stellungnahme erläutert, handle es sich weder um einen Unfallschwerpunkt, noch würde die Geschwindigkeit massiv überschritten. Die Polizei hatte im August, April und September vergangenen Jahres mit dem Lasergerät zu unterschiedlichen Tages- und Nachtzeiten gemessen.
Neueste Zahlen aus dem Februar 2017 erläuterte Kornelia Towstoles, Leiterin des Straßenverkehrsamtes. Es seien jeweils nur zwei beziehungsweise fünf Prozent der Verkehrsteilnehmer zu schnell gefahren. Man habe extra eine Woche mit Schultagen, Ferientagen und Wochenende ausgewählt.
Aus Sicht der Verwaltung sind die Kriterien für eine kommunale Geschwindkeitsüberwachung und einen Zebrastreifen genauso wenig erfüllt wie für einen stationären Blitzer oder Tempo 30. Man muss wissen: Für all das gibt es genaue gesetzliche Vorgaben. So passierten beispielsweise bei der Messung im Februar in einer Woche rund 51 000 Fahrzeuge die Achse Markusplatz - Löwenstraße. Von diesen fuhren zwischen 20 und 6 Uhr 27 zu schnell. Eine Anzahl, die laut Franz-Wilhelm Heller (CSU) zu vernachlässigen sei. "Die werden wir auch mit Tempo 30 nicht hindern können. Die Fakten rechtfertigen ein Eingreifen nicht."
Ungläubigkeit bei GAL und SPD
So ließ sich auch Josef Kropf (BBB) vom Vortrag von Polizei und Stadt überzeugen. SPD und GAL blieben dagegen bei ihren Haltungen. Grünen Fraktionschefin Ursula Sowa sprach gar von einer "peinlichen Situation", wenn die Einheit der ursprünglichen vier Antragssteller nun auseinanderfalle. "Wir haben alle den Film des Anwohners gesehen, in dem die Fahrzeuge wie Düsenflugzeuge durch die Straßen rauschen."
Dazu bringt Ines Schellmann von der Polizei das Stichwort "Tunnelwirkung" ins Spiel. Die Bebauung an der Straße könne dazu führen, "dass im Rahmen des subjektiven Empfindens die gefahrenen Geschwindigkeiten deutlich schneller wahrgenommen werden, als sie sind", wie es in der Stellungnahme heißt. Aber was ist mit dem Lärm? Der erreicht laut Sitzungsunterlagen zwar den gesetzlichen Richtwert, überschreitet diesen aber nicht.
Trotzdem: Neben der GAL will auch die SPD unbedingt Tempo 30. "Vier Fraktionen brauchten damals keine Zahlen, weil uns von Bürgern eindrucksvoll geschildert wurde, wie es nachts zugeht. Gilt das jetzt nicht mehr?", fragte Felix Holland. Fraktionssprecher Sebastian Niedermaier rief gar zu einer zweiten Lesung auf.
Mehrheit stimmte dagegen
Doch die Mehrheit des Umweltsenats stimmte dagegen. Michael Bosch (BA) brach eine Lanze für die "braven" Autofahrer: "Da fühlt man sich gegängelt, wenn man sich an die Regeln hält."
Einigkeit herrschte immerhin in einem Punkt: Bürgermeister Christian Lange (CSU) regte an, dass die Verwaltung auf vielfachen Wunsch über eine Dauer-Ampelschaltung auf der Strecke bei Nacht nachdenkt. Dahinter steht die Hoffnung, dass einzelne Raser ausgebremst werden. Allerdings sind dann möglicherweise Brems- und Anfahrgeräusche zu hören.
Dass es zu mehr nicht gereicht hat, hat einen Anwohner dann doch sehr überrascht. "Ich bin enttäuscht, weil ich dachte, da geht was - nachdem vier Fraktionen unterschrieben hatten." Die Zahlen aus den Messungen müsse er zwar akzeptieren, "doch das spiegelt einfach nicht die Realität wider! "
Gleichwohl ist ihm eine Aussage wichtig: "Ich habe nichts gegen den Autoverkehr an sich. Es geht um die Art und Weise, wie gefahren wird - das ist teilweise absolut sinnfrei."
Einen weiteren Artikel zur Grundsatzdiskussion lesen Sie
hier.
Ausgerechnet die unsinnigste aller Maßnahmen - eine dauerhafte Ampelschaltung auch in der Nacht - soll jetzt am Ende vielleicht durchgesetzt werden! Was soll das denn bitte bringen? Autos stören viel weniger, wenn sie einfach in gleichmäßigem Tempo (wenn auch vielleicht etwas zu schnell) durchfahren, als wenn sie abbremsen und dann wieder anfahren müssen.
kontinuität ist das markenzeichen des bamberger stadtrates und seiner senate
Wenn die Zahlen aus den Messungen nicht die Realität abbilden was machen sie sonst?
27 Fahreuge von 51000 in einer Woche das ist ja gar nichts.
Man darf halt nicht in die Stadt ziehen wenn man sich über Lärm aufregt. Ich reg mich ja auch nicht über die gesunde Landluft auf, die manche Agrarökonome auf ihren Feldern verbreiten. Ziehen sie mal an einem sonnigen Tag nach Würgau. Dann wissen sie was Lärmbelästigung ist.
Die Vernunft hat gesiegt.
Nicht die Vernunft - die Gleichgültigkeit. Würde einer der Stadtträte in der Löwenstraße leben - die Entscheidung sähe anders aus!