Raser-Video: Vom Nürburgring in Bamberg

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Wird in der Löwenstraße massenhaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten? Ein Video, das ein Anwohner gedreht hat, legt diese Vermutung nahe. Foto: Ronald Rinklef
Wird in der Löwenstraße massenhaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten? Ein Video, das ein Anwohner gedreht hat, legt diese Vermutung nahe.  Foto: Ronald Rinklef
Wird in der Löwenstraße massenhaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten? Ein Video, das ein Anwohner gedreht hat, legt diese Vermutung nahe. Foto: Ronald Rinklef
Wird in der Löwenstraße massenhaft die zulässige Höchstgeschwindigkeit überschritten? Ein Video, das ein Anwohner gedreht hat, legt diese Vermutung nahe.  Foto: Ronald Rinklef
 

Der Film eines Anwohners dokumentiert den Sittenverfall auf Bambergs Straßen. In der Löwenstraße wird gerast, was das Zeug hält.

Es war eine eher ungewöhnliche Videovorführung in der Sitzung der Stadtratsfraktionen an einem Montagabend im Februar: Robert R. präsentierte den versammelten Bürgervertretern einen Film, der den ganz normalen Wahnsinn in der Löwenstraße dokumentieren soll. Autos, die die Innenstadtstraße offenbar mit einer Rennstrecke verwechseln.

Insgesamt sechs Wochen lang hat sich der 48-jährige Familienvater auf die Pirsch gelegt. Vom Fenster des ersten Stock im Haus fing er in bewegten Bildern ein, was sich tagsüber und nachts in der schnurgeraden Straße zwischen den viergeschossigen Häusern abspielt. Harmlos ist das nicht. Eher im Gegenteil: Die Filmsequenzen legen nahe, dass gar nicht so wenige Autofahrer den kurzen Abschnitt zwischen Markusplatz und Löwenbrücke als letzte Insel der automobilen Freiheit in Bamberg betrachten.

Da wird auf ohrenbetäubende Weise beschleunigt, Gas gegeben, dass die Reifen quietschen und überholt mit großem Risiko; wie es aussieht, auch ohne viel Rücksicht auf die auf gleicher Fahrbahnebene befindlichen Radfahrer und die Kinder auf dem Gehweg. Man muss wissen: Die Löwenstraße ist auch ein Zubringer für die benachbarten Kindergärten und Schulen, allen voran Clavius-Gymnasium und Martinschule.

Immer wieder lassen auch Motorradfahrer, ja sogar Stadtbusse den Tiger in der Löwenstraße los und die Motoren aufheulen. Beschämend, wie rücksichtlos sich manche Zeitgenosen benehmen.



Der stark verdichtete Schnitt aus eineinhalb Stunden Fahrzeugstress hat seine Wirkung nicht verfehlt. "Wie am Nürburgring. Das war sehr beeindruckend", kommentierte CSU-Fraktionschef Helmut Müller die so noch nie gesehenen Innenstadtszenen. Auch Klaus Stieringer (SPD) nahm kein Blatt vor den Mund. "Erschreckend, was hier passiert." Für den SPD-Stadtrat ein Beleg, dass gehandelt werden muss.


Antrag mit vier Forderungen

Das soll es nun auch: In seltener Einigkeit haben vier Stadtratsfraktionen - CSU, SPD, Grüne und Bamberger Bürgerblock - ein Maßnahmenpaket als Antrag beschlossen, das zur Entschleunigung in der Löwenstraße beitragen soll. Es umfasst Tempo 30, die Aufnahme der Straße in die kommunale Geschwindigkeitsüberwachung, die Festlegung eines Zebrastreifens an der Ecke Weidendamm und, wenn möglich, die Installation eines stationären Blitzers am Ende der Löwenbrücke.

Freilich: Sollte die Dauerüberwachung kommen, sind Bußgelder und Ärger vorprogrammiert. Viele Autofahrer, und, wie man hört, sogar Stadtbusse nutzen die kerzengerade und (noch) unreglementierte Löwenstraße, um in der ansonsten häufig gebremsten Fahrt durch Bamberg einige Meter gut zu machen. Ein Fakt: Langsam zu fahren, fällt in diesem Teil des innerstädtischen Rings schwer.


Es ist schlimmer geworden

Anwohner Robert R. weiß das nur zu gut. Seit Jahrzehnten lebt er in der Löwenstraße und kann nach eigener Aussage auch mit viel Verkehr gut klarkommen. Doch in den letzten ein bis zwei Jahren habe sich das Problem noch einmal drastisch verschärft: "Es wird gerast, was das Zeug hält.Muss erst etwas passieren?", fragt er.

Doch auch wenn die politische Mehrheit für eine gebremste Löwenstraße so gut wie sicher scheint, ist damit noch nicht garantiert, dass es tatsächlich Tempo 30 geben wird. Der Gesetzgeber macht präzise Vorgaben, soll die zulässige Höchstgeschwindigkeit von derzeit 50 km/h gesenkt werden, wie es etwa bei Gefahrenpunkten möglich wäre. "Als solcher ist die Löwenstraße bislang aber noch nicht aufgefallen." Weder sei die Unfallzahl erhöht, noch gebe es Grund zur Annahme, dass neben der Ampel und Verkehrsinsel zusätzlicher Regulierungsbedarf bestehe, sagt Kornelia Towstoles von der Stadt.

Die Verkehrsfachfrau weiß, dass ein neues Tempolimit noch lange nicht bedeutet, dass tatsächlich langsamer gefahren wird. Viele Konflikte gäbe es gar nicht, würden mehr Menschen die Straßenverkehrsordnung beherzigen: "Jeder Verkehrsteilnehmer hat sich so zu verhalten, dass kein anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird," heißt es da in Paragraph 1.

Eine Selbstverständlichkeit, die offenbar ein wenig in Vergessenheit geraten ist.