Etwa 745.000 Menschen wanderten im Vorjahr unterm Strich nach Großbritannien ein. Premier Sunak steht unter erheblichem Druck zu handeln. Vor allem ein Vorhaben hat es in sich.
Mit deutlich schärferen Hürden für ausländische Fachkräfte sowie einem neuen Asylpakt für Abschiebungen nach Ruanda will sich Großbritannien gegen Migranten abschotten. Innenminister James Cleverly unterzeichnete in dem ostafrikanischen Land einen Vertrag, mit dem die konservative Regierung ein Urteil des obersten britischen Gerichts umgehen will.
Für die Tories hat Migration einige Monate vor der nächsten Wahl an Bedeutung gewonnen. Für viele konservative Wähler hat das Thema laut Umfragen mittlerweile Priorität. Daher setzt der rechte Parteiflügel Premierminister Rishi Sunak lautstark unter Druck, die Nettozuwanderung von zuletzt 745.000 Menschen deutlich zu senken. Denn eigentlich sollte der Brexit doch die Migration stoppen sowie bessere und besser bezahlte Jobs für Briten schaffen - so lautete jedenfalls ein Kernversprechen der Konservativen.
Die neue Vereinbarung
Die Vereinbarung sieht vor, dass Asylsuchende, die irregulär nach Großbritannien einreisen, ungeachtet ihrer Herkunft mit einem «One-Way-Ticket» nach Ruanda geschickt werden. Eine Rückkehr ins Vereinigte Königreich ist ausgeschlossen. Dies hatte der Supreme Court kürzlich als rechtswidrig abgelehnt und dabei unter anderem auf rechtsstaatliche Defizite in dem ostafrikanischen Land verwiesen.
Das neue Abkommen soll nun Zusicherungen der autoritären ruandischen Führung vorsehen, keine Asylbewerber in ihre Heimat abzuschieben - und so die Bedenken des Supreme Court aus dem Weg räumen. Sollte Ruanda einen Migranten ausweisen wollen, etwa wegen einer Straftat, sollen britische und ruandische Richter gemeinsam entscheiden, ob die Person in Afrika bleibt oder zurück nach Großbritannien geholt wird.
Als nächstes soll das britische Parlament noch Ruanda zum sicheren Drittstaat erklären. Sorge bereitet Beobachtern, dass Sunak unter dem Druck der Rechten die Europäische Menschenrechtskonvention verlassen könnte, um juristischen Widerstand aus Straßburg zu vermeiden.
Start noch unklar
Cleverly ist bereits der dritte Innenminister, der sich in anderthalb Jahren an dem Ruanda-Plan versucht. «Innenminister 3 - Migranten 0», kommentierte BBC-Reporter Chris Mason. Die Regierung betont, sie wolle die ersten Asylsuchenden noch vor der Wahl ausfliegen. Der Termin steht noch nicht fest, spekuliert wird über Mai oder Oktober 2024. In Umfragen liegen die Tories weit hinter der Oppositionspartei Labour zurück, die Stand jetzt die nächste Regierung stellen dürfte.
Mit dem Anti-Migrations-Kurs will Sunak noch die Wende schaffen. Die vor allem symbolische Ruanda-Politik ist dabei aber nur ein Baustein. Ob je eine Maschine abheben wird? Völlig unklar. Selbst Cleverly wollte sich nicht auf einen Zeitpunkt festlegen.