An den fränkischen Unis werden wieder mehr Grundschullehrer ausgebildet. Gleichzeitig brechen erfahrene Dozenten weg.
Am liebsten würde Thomas Weth die Studenten im kommenden Semester draußen vor der Tür stehenlassen. "Wenn ich kein qualifiziertes Personal habe, kann ich sie nicht unterrichten", sagt der Professor für Mathematik an der Universität Erlangen-Nürnberg. Grund für seinen Ärger ist eine Entscheidung des Kultusministeriums.
Befristete Abordnung
Die Behörde erhöhte im Oktober die Studierendenzahl im Bereich Grundschule an den bayerischen Universitäten. "Wir hatten bisher 300 Studenten", sagt Weth, "und diese Zahl kann ich aktuell auch versorgen. Aber im Oktober wurde deren Zahl auf 400 aufgestockt und vom Ministerium ist für das kommende Semester eine Gesamtzahl von 450 vorgesehen." Für deren Ausbildung bräuchte er entsprechende - und mehr - Lehrkräfte. Und hier liegt das Problem. Im Zuge einer Abordnung werden Grundschullehrer an die Unis ausgeliehen und unterrichten die Studenten, so wie an Weths Lehrstuhl für Didaktik der Mathematik. Solche Beurlaubungen sind auf sechs Jahre befristet. Danach sollen die Lehrer zurück an die Grundschule.
Kopfschütteln übers Ministerium
Nun hat Weth genau einen solchen Fall. "Ich bräuchte die Kollegin noch zwei Jahre. Aber das Ministerium zieht sie ab. Mir wurde mitgeteilt, ich soll mir stattdessen gezielt eine Lehrkraft vom Gymnasium suchen." Wie er berichtet, haben seine Professoren-Kollegen der Mathematik-Lehrstühle an den Unis in Bamberg und Würzburg die gleichen Probleme.
Weth ist über die Vorgaben des Ministeriums verärgert - in mehrfacher Hinsicht. "Ich habe hier jemanden, die sich im Laufe der sechs Jahre für diese Tätigkeit bestens qualifiziert hat. Einen neuen Kollegen muss ich erst wieder anlernen." Zudem betrachtet er es als unsinnig, einen Gymnasiallehrer zu nehmen. "Da schüttelt jeder den Kopf", sagt Weth. "Ich gehe ja auch nicht zum Zahnarzt, wenn ich Bauchschmerzen habe."
Gewinn für Lehrer
Was ihn zusätzlich ärgert, ist die Arbeitsweise des Ministeriums. So kritisiert Weth, dass seine Eingaben bei der Behörde erst nach vier bis sechs Wochen beantwortet werden. Parallel schrieb er jetzt einen Brief an den Präsidenten seiner Uni. "Ich habe ihm mitgeteilt, dass ich 150 Studenten vor der Tür stehen lasse, wenn ich kein qualifiziertes Personal finde."
Im Kultusministerium ist die Abordnung von Lehrkräften an die Universität eindeutig definiert. "Diese Tätigkeit wird in unterschiedlichen Programm seit vielen Jahren nach klaren Kriterien praktiziert und hat zahlreiche Vorteile", erklärt Sprecherin Elena Schedlbauer auf Anfrage dieser Zeitung. "Neben der gegenseitigen Systemkenntnis, die in dieser Zeit erworben werden kann, dem unmittelbaren Bezug universitärer Lehre zur gelebten Unterrichtspraxis auf der Basis der aktuellen Lehrpläne und vielen positiven Effekten mehr spielt auch die Multiplikation der aktuellen Lehre in die Schulen hinein eine wichtige Rolle."
Daher solle auch ein größerer Personenkreis den Gewinn, den derartige Stellen bieten, erfahren können und nach der Rückkehr an die Schulen dort auch weiterhin umsetzen.