Trotz Corona gibt es in Frankens Kliniken und Pflegeeinrichtungen noch genügend Personal. Aber alle haben Notfallpläne.
Dass sich Pflegefachpersonen im Ruhestand oder in der Familienpause aufgrund der Corona-Krise für einen Einsatz im Pflegedienst melden sollen, rechnet Sabine König der bayerischen Gesundheitsministerin als "ehrenwert" an. Jedoch irritiert die Geschäftsführerin der Visit-Gruppe, dass in diesem Zusammenhang von Freiwilligkeit gesprochen wird.
Freiwilligkeit spielt im Katastrophenfall keine Rolle
König leitet mehrere Angebote der ambulanten Pflege sowie Tagespflegeeinrichtungen in Franken. Als Vorstandsmitglied des Deutschen Berufsverbandes für Pflegeberufe verfolgt sie die aktuellen Entwicklungen kritisch. "Im Moment haben wir zwar noch keinen Katastrophenfall wie in Italien oder Spanien", sagt König. "Wir hoffen auch nicht, dass es so weit kommt. Wenn diese Situation aber eintritt, kann das nur mit Fachkräften umgesetzt werden. Sie werden dann zu einem Einsatz aufgefordert. Da spielt Freiwilligkeit keine Rolle mehr."
Es fehlt an Daten
Warum jetzt um Meldungen gebeten wird, hat König zufolge einen Grund: "Die Verantwortlichen hoffen, auf diese Weise an Adressen von potenziellen Pflegekräften zu kommen." Im gesamten Bundesgebiet gebe es Pflegekammern, bei denen sich alle Mitarbeiter von Gesundheitsberufen registrieren müssen. So könne man im Ernstfall Pflegefachpersonen jedes Alters und jeglicher Qualifikation, auch die in Teilzeit, Familienphase oder Ruhestand, sofort ansprechen und die Kapazitäten ermitteln. "In Bayern wurde eine solche Pflegekammer aber nach einer früheren Zusage des Gesundheitsministeriums nach einem Personalwechsel an der Spitze letztlich doch abgelehnt." Jahrelang habe man den Pflegeberufen kein Interesse beigemessen und alle Warnungen in den Wind geschlagen. "Jetzt wird offenbar versucht, durch Freiwilligkeit an diese Daten zu kommen."
Anständige Bezahlung gefordert
Sabine König findet die Transparente, die derzeit an vielen Stellen mit warmen Dankesworten an die Mitarbeitenden in Gesundheits- und Pflegeberufen aufgehängt werden, sehr nett. "Aber davon können wir uns nichts kaufen." Auch vom kostenlosen Mittagessen, das Mitarbeitern in Kliniken jetzt zugestanden wird, hält König wenig. "Stattdessen brauchen wir eine anständige Bezahlung als Wertschätzung. Pflegen kann nicht jeder."
Was sie und der Verband ebenfalls kritisch sehen, ist die Vorgabe, dass infizierte Menschen 14 Tage zu Hause bleiben müssen - aber Pflegekräfte nach sieben Tagen wieder arbeiten gehen sollen. Es gebe auch Pläne im Katastrophenschutz, nach denen Mitarbeiter von Kliniken im Ernstfall an sieben Tagen pro Woche rund um die Uhr eingesetzt werden und in der Klinik schlafen müssen.
Ohne Schutzkleidung unterwegs
Schon jetzt, noch ohne Katastrophenfall, seien ambulante Pflegekräfte teilweise bereits ohne Schutzkleidung unterwegs. "Uns fehlen Kittel, Masken, Handschuhe", schildert die Visit-Chefin.
"Wir und leider auch unsere Patienten sind ungeschützt. Genügend Schutz ist aber eine Grundvoraussetzung, damit wir gesund bleiben. Nur so können wir alte und kranke Menschen pflegen und vor allen Dingen die Versorgung vor Ort aufrechterhalten."