Wer kennt es nicht: Der Kleiderschrank ist voll, aber vor dem Urlaub muss schnell noch ein neuer Bikini her und für das große Fest sind die sieben bereits im Schrank hängenden Kleider nicht passend genug.
Kleidungsstücke werden häufig nur wenige Male getragen, dann in den Tiefen des Kleiderschranks vergessen und irgendwann entsorgt. "Fast-Fashion" heißt dieses Phänomen und zeigt, dass schnell nicht unbedingt gut bedeutet. Die Fashion-Unternehmen verdienen pro Teil selbst nur kleine Beträge, deshalb geht es primär um die Masse an Kleidung, die verkauft wird. Die Fast-Fashion-Branche lebt davon, dass Kund*innen immer mehr und möglichst häufig neue Kleidung kaufen.
Fast-Fashion: Was ist das genau?
Fast-Fashion ist ein Geschäftsmodell in der Bekleidungsindustrie, bei dem die Kollektionen schnell und trendbezogen designt und zu niedrigen Preisen produziert und verkauft werden. Kurz gesagt: Kleidung, die billig hergestellt und verkauft wird, damit die Kund*innen häufiger neue Kleidung kaufen (und sich das auch leisten) können.
Neue Stile, die in Designergeschäften angeboten werden, gibt es schon nach kurzer Zeit auch im Einzelhandel zu kaufen – nur abgewandelt und natürlich günstiger. Trends sind allerdings oft nur sehr kurzlebig und bereits nach wenigen Wochen schon nicht mehr angesagt. Das ist auch der Grund, warum Marken immer mehr Kollektionen produzieren. Zu den Fast-Fashion-Konzernen gehören unter anderem H&M, Primark, C&A, Mango, Zara, Bershka, New Yorker und Forever 21.
Laut einer Studie des Fachmagazins "R+W Textilservice" nutzen wir nur 32 Prozent der Kleidung in unseren Kleiderschränken, aber kaufen laut Greenpeace durchschnittlich circa 60 Kleidungsstücke in einem Jahr. Berge an Müll entstehen dadurch, die die Umwelt extrem belasten und deren Entsorgung eine Herausforderung darstellt, wie der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung e.V. (bvse) in seiner Textilstudie 2020 verdeutlicht. Der leichtsinnige Konsum führt auch dazu, dass schnell die schwierigen Produktionsbedingungen, meist in den Entwicklungsländern, vergessen werden.
Wer produziert Fast-Fashion?
Der Großteil unserer Kleidung wird in nicht europäischen Ländern wie China, Pakistan und Bangladesch unter meist schlechten Bedingungen produziert. Die Arbeiter*innen schuften dort unter starkem Zeit- und Leistungsdruck und müssen für niedrigen Lohn immer mehr schaffen. Im Textilsektor steht man vor folgenden Herausforderungen:
- lange komplexe Lieferketten
- fehlende Transparenz entlang dieser Lieferketten
- schwache Rente der Arbeiterinnen und Arbeiter
- Dumpingpreise, Kinderarbeit und gentechnisch modifiziertes Saatgut im Baumwollanbau
- Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzung
Seit dem Einsturz der Textilfabrik Rana Plaza in Bangladesch im Jahr 2013, bei dem über tausend Menschen starben, hat sich die Aufmerksamkeit für das Thema erhöht. Die Sicherheitsstandards wurden durch die Politik und Initiativen wie Fairtrade zwar erhöht, in vielen Betrieben aber trotzdem nicht eingehalten. Häufig fehlt dort sauberes Trinkwasser und die Personen arbeiten mit giftigen Chemikalien und Färbemitteln. Ein neues Lieferkettengesetz, das vor Kurzem eingeführt wurde, legt fest, dass Produkte, die unter schlechten Arbeitsbedingungen in den Lieferländern hergestellt wurden, nicht mehr bei uns gehandelt werden können. Das Gesetz des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung weist allerdings eklatante Schwachstellen auf und vernachlässigt viele ökologische Aspekte. Unter anderem gilt es für zu wenige Unternehmen und enthält bei den Sorgfaltspflichten zu viele Ausnahmen. Außerdem schafft es keinen eigenen Anspruch auf Schadensersatz für Betroffene von Menschenrechtsverletzungen und Umweltverschmutzungen in Lieferketten werden nur einzeln erfasst.
So wirkt sich die Fast-Fashion-Produktion auf die Umwelt aus
Die Textilindustrie stellt laut Greenpeace eine enorme Belastung für die Umwelt dar. Schon der Anbau und die Produktion der Rohfasern und auch die Textilveredelung sind eine Belastung. Zur Herstellung synthetischer Stoffe werden fossile Rohstoffe wie Erdöl genutzt, unter anderem setzt man Pestizide und giftige Dünger zur Gewinnung von Baumwolle ein, Kohlekraftwerke mit hohen CO2-Emissionen dienen als Energielieferanten der Fabriken und die Lieferwege aus den entfernten Produktionsländern sind lang.
Weiterhin werden in der Textilindustrie viele umweltgefährdende Chemikalien verwendet, die zum großen Teil auch in Gewässer gelangen. Und für die Herstellung von Textilien werden riesige Wassermengen benötigt. Laut einer Rechnung des bvse werden beispielsweise für die Herstellung nur eines T-Shirts 2700 Liter Wasser verbraucht, was einer Menge an Trinkwasser entspricht, die eine Person für 2,5 Jahre versorgt.
Bei Einzelteilen wie Garn oder Knöpfen können die Herkunftswege oft nicht nachvollzogen werden, was den nachhaltigen Kauf erschwert. Aber auch Arbeiter*innen, die für Luxusmarken arbeiten, haben teils schlechte Bedingungen. Der Preis eines Kleidungsstücks oder das Produktionsland geben wenig Aufschluss darüber, unter welchen Bedingungen es hergestellt wurde. Deswegen gibt es mittlerweile diverse Initiativen, die versuchen, mit Umwelt-Zertifizierungen für mehr Transparenz zu sorgen und so Orientierung bieten. Einen guten Überblick dazu kannst du dir auf der Website siegelklarheit.de verschaffen.
Was noch gegen Fast-Fashion spricht: minderwertige Qualität
Neben der kritischen Arbeitsbedingungen und der enormen Umweltbelastung ist die minderwertige Qualität ein weiteres Problem der Fast-Fashion-Industrie. Da es darum geht, große Massen zu produzieren, kommt eine saubere Verarbeitung deutlich zu kurz und auch die Materialien, die benutzt werden, überzeugen nicht mit ihrer Qualität. Die Branche ist auf schnelle Trends und Saisons programmiert, weshalb die Kleidung günstig und schnell verfügbar sein muss. Schlechte Qualität bedeutet, dass die Kund*innen meist schnell Nachschub brauchen, was dem Fast-Fashion-Trend wirtschaftlich zugutekommt.
Letztendlich gibt es drei gute Gründe, den eigenen Kleiderkonsum zu überdenken. Sowohl die Umwelt, als auch die Arbeiter*innen und auch du selbst profitierst von der Qualität deiner Kleidung, wenn du in hochwertigere Teile investierst.