Leiharbeit und Steuern: Gerichtsurteil ermöglicht mehr Geld

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Gute Nachrichten für Beschäftigte in Leiharbeit: Bei der Steuererklärung gibt es mehr Geld vom Finanzamt zurück. Grundlage ist eine Entscheidung des Finanzgerichts Niedersachsen.

  • Reisekosten statt Entfernungspauschale
  • Steuerbescheide des Finanzamts kassiert
  • Keine dauerhafte Zuordnung bei Beginn des befristeten Einsatzes

Gute Nachricht von der Steuerfront für Leiharbeitnehmer: Sie können anstelle der sonst üblichen Entfernungspauschale die vollen Fahrtkosten (Hin- und Rückfahrt) zur Arbeitsstätte als Reisekosten geltend machen. Bei Leiharbeitenden zählt nicht die einfache Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstätte multipliziert mit der Zahl der Arbeitstage, sondern alle zurückgelegten Kilometer: Die Entfernung von der Wohnung zur Arbeitsstätte und zurück multipliziert mit der Zahl der Arbeitstage.

Reisekosten statt Entfernungspauschale

Ein Urteil des Finanzgerichts (FG) Niedersachsen gegen das zuständige Finanzamt hat positive Auswirkungen für bundesweit 760.000 Leiharbeitende, die vor allem in NRW und Bayern beschäftigt sind. Sie können schon ab der diesjährigen Steuererklärung die vollen Fahrtkosten als Werbungskosten und nicht wie andere Arbeitnehmer nur die Entfernungspauschale zum Ansatz bringen.

Im konkreten Fall bedeutet das für den klagenden Produktionshelfer, dass er für zwei Jahre anstatt der vom Finanzamt zugestandenen 6.210 Euro Werbungskosten nach der Entscheidung des FG nunmehr 13.110 Euro bekommt. Der Helfer darf sich über eine Nachzahlung vom Finanzamt freuen.

Die Entscheidung ist von zentraler Bedeutung für alle Leiharbeitenden. Sie sollten unbedingt bei ihrer Steuererklärung die gefahrenen bzw. zurückgelegten Reisekilometer zur Arbeitsstätte und nicht nur die Entfernungspauschale in Ansatz bringen. Und zwar mit ausdrücklichem Verweis auf die Entscheidung des FG Niedersachsen: Urteil vom 18.6.2024, Az.: 12-K-38/24

Steuerbescheide des Finanzamts kassiert

Um diesen Fall ging es: Ein Leiharbeiter war mehrere Jahre bei einem Personaldienstleister (Verleiher) befristet angestellt. Während dieser Zeit war er durchgehend, jedoch auf jeweils befristeter Basis in einem Werk eines Kunden (Entleiher) eingesetzt. Im Arbeitsvertrag mit dem Verleiher hieß es ausdrücklich, dass der Produktionshelfer an verschiedenen Orten bundesweit einzusetzen ist.

Er musste arbeitsvertraglich sein Einverständnis erklären, dass der Entleiher ihn anderen Firmen zur Arbeitsleistung überlassen darf. Die Personalagentur behielt sich vor, aus betrieblichen Gründen Umsetzungen und Versetzungen vorzunehmen. Das Leiharbeitsverhältnis war zunächst befristet. Jeweils mit Ablauf des Datums erfolgte mehrfach eine Verlängerung

In seinen Steuererklärungen machte der Produktionshelfer unter den Werbungskosten die Fahrten zur Arbeitsstätte als Reisekosten geltend – mit 0,30 Euro je tatsächlich gefahrenem Kilometer (Auswärtstätigkeit). Das Finanzamt erkannte jedoch nur die Hälfte der angegebenen Kilometer als Entfernungspauschale (0,30 Euro je Entfernungskilometer) an, weil es von einer dauerhaften Zuordnung zur Tätigkeitsstätte ausging. Dagegen klagte der Leiharbeiter vor dem FG.

Keine dauerhafte Zuordnung bei Beginn des befristeten Einsatzes

Das FG gab dem Kläger recht und wies die Steuerbescheide als fehlerhaft zurück. Das Gericht argumentierte: Auch wenn der Leiharbeiter über mehrere Jahre beim gleichen Entleiher tätig war, handelte es sich um eine Kette befristeter Einsätze im Rahmen eines ebenfalls befristeten Arbeitsverhältnisses. Für die Annahme einer "ersten Tätigkeitsstätte" fehlt es daher an einer dauerhaften Zuordnung im Sinne des § 9 Abs. 4 Satz 3 Einkommensteuergesetz (EStG).

Entscheidend sei die nachträgliche Betrachtung: Zu Beginn des Arbeitsverhältnisses war der dauerhafte Einsatz nicht planbar, sondern er wurde immer nur kurzfristig verlängert. Laut FG ist das Wesen der Leiharbeit gerade die Flexibilität und Unsicherheit des Einsatzortes. Der Kläger konnte sich daher nicht auf einen festen Arbeitsweg einstellen. Die typischen Voraussetzungen für eine erste Tätigkeitsstätte – etwa die Möglichkeit, durch Wohnsitzwahl oder Fahrgemeinschaften Kosten zu senken – seien deshalb nicht gegeben.

Das Gericht erkannte daher die vollen Fahrtkosten (0,30 Euro je gefahrenem Kilometer) als Werbungskosten an. Das Urteil stärkt die steuerliche Position von Leiharbeitnehmern mit befristeten Verträgen. Es zeigt: Ein langfristiger Einsatz am gleichen Ort führt nicht automatisch zur steuerlich weniger günstigen "ersten Tätigkeitsstätte". Vielmehr bleibt entscheidend, ob der Einsatz auch vertraglich dauerhaft angelegt war – was aber bei Kettenbefristungen regelmäßig nicht der Fall ist.

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