Ferrari-Kauf mit Whatsapp: Ist ein "Daumen-hoch-Emoji" rechtlich bindend?

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Emojis in der digitalen Kommunikation können unerwartet rechtliche Bedeutung erlangen. Ein Gerichtsurteil zu einem Ferrari-Kauf zeigt, wie Missverständnisse durch Symbole entstehen können.

Emojis sind aus der digitalen Kommunikation nicht mehr wegzudenken - können aber gelegentlich in rechtlichen Streitfragen relevant werden. Ein Beispiel ist der Fall eines Ferrari-Kaufs, bei dem Emojis zu verschiedenen Interpretationen führten.

Emojis sind für viele Menschen fester Bestandteil ihrer digitalen Kommunikation. Freude, Trauer, Scham und mehr lassen sich damit schließlich besonders anschaulich ausdrücken. Doch können Emojis auch rechtlich bindend sein – etwa als Zustimmung zu veränderten Lieferkonditionen eines bestellten Autos? Mit dieser Frage musste sich das Oberlandesgericht (OLG) München beschäftigen und stieg dazu tief in die Emoji-Sprache ein.

Teurer Ferrari verzögert sich in der Auslieferung – Kommunikation per Emoji

Es ging um einen Streit zwischen einem Autohändler und seinem Kunden. Der Käufer eines Luxusautos hatte einen konfigurierten Ferrari Typ SF90 Stradale im Wert von 600.000 Euro bestellt. Beim Lieferzeitpunkt blieb der Autohändler vage und stellte ihn in den Vertragsunterlagen (Kaufvertrag) ausdrücklich "unverbindlich" für das zweite oder dritte Quartal des Jahres in Aussicht. Erst wenn dieses unverbindliche Zeitfenster um zwei Quartale überschritten sei, könne der Käufer den Händler zur Lieferung anmahnen. 

Die Übergabe des Autos verzögerte sich: Im September informierte der Händler den Käufer per Chatnachricht, dass sich die Lieferung auf das zweite Quartal des nächsten Jahres verschieben würde. Käufer und Verkäufer kommunizierten über den Instant-Messaging-Dienst WhatsApp.

In einer der Nachrichten informierte der Verkäufer den Käufer wie folgt: "Hallo Herr A…, Der SF 90 Stradale rutscht leider auf erstes Halbjahr 2022. Das konnten wir nicht absehen und können wir nicht beeinflussen. Immerhin ist der dann zur nächsten Saison da. Viele Grüße, … P." Die Nachricht quittierte der Käufer knapp mit "Ups" sowie einem "Gesicht-verziehen-Emoji". War das nun als Einverständnis zur Lieferverzögerung zu werten oder genau als das genaue Gegenteil?

"Daumen hoch": Mit Emoji rechtmäßig den Kaufvertrag storniert?

In den folgenden WhatsApp-Nachrichten, in denen es allerdings nicht mehr um den Liefertermin ging, nutzte der Käufer ebenfalls Emojis und forderte eine schriftliche Bestellbestätigung des Ferraris. Nach Erhalt quittierte er diese anschließend mit dem "Daumen-hoch-Emoji".

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Als sich die Lieferung erneut verzögerte und der Autohändler die daraufhin vom Kunden gestellte Lieferfrist nicht einhielt, trat der Kunde vom Autokauf zurück. Der Verkäufer blieb auf dem konfigurierten Ferrari sitzen und musste ihn unter Wert verkaufen.

Den Verlust von 103.616 Euro versuchte er anschließend vor Gericht vom Käufer einzuklagen – weil dieser den Lieferverzögerungen angeblich durch seine Emoji-Nachricht zugestimmt hätte. Ein Rücktritt vom Kauf durch den Kunden sei nicht möglich.

Willenserklärungen sind durch Emojis möglich

In erster Instanz gab das Landgericht München II dem Autohändler noch recht, das Urteil hatte jedoch keinen Bestand. Das OLG München kassierte die Entscheidung (Urteil vom 11.11.2024, Az.: 19 U 200/24 e).

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Nach Ansicht des OLG seien Emojis grundsätzlich dazu geeignet, eine rechtlich bindende Willenserklärung abzugeben. Wörtlich heißt es: "Der Erklärende kann seinen Willen durch digitale Piktogramme wie Emojis kundtun." Wichtig sei aber, auf die Auslegung zu achten, und die sei bei Emojis nun mal fehleranfällig. Denn welche Bedeutung einzelne Emojis haben, kann sich von Person zu Person unterscheiden. 

Deshalb sei immer der Kontext der Verwendung des Emojis zu beachten. Im beschriebenen Fall hat der Käufer durch seine Nachricht seine Überraschung oder sein Erstaunen über die verzögerte Lieferung mitteilen wollen. Von einer rechtlich bindenden Zustimmung könne keine Rede sein.

WhatsApp-Nachrichten entsprechen der Schriftform

Auch das durch ihn verwendete Daumen-hoch-Emoji sei nicht als Zustimmung auf die Lieferverzögerung zu werten, weil sich die Reaktion allein auf den Erhalt der Bestellbestätigung bezogen habe und nicht auf die angekündigte Lieferverzögerung. Der Autohändler ging leer aus.

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Per WhatsApp versendete Textnachrichten oder Attachments können die in Rechtsgeschäften übliche und vereinbarte Schriftform (§ 127 BGB) wahren. Willenserklärungen sind auch durch Emojis oder andere Zeichen zu vermitteln. Aber: Ob der Nutzer damit wirklich seinen Rechtsbindungswillen oder lediglich seine Stimmungs- oder Gefühlslage zum Ausdruck bringt, ist durch Auslegung zu ermitteln.

Weil der Ferrari-Käufer seinen Anspruch auf ein wirksames Rücktrittsrecht nach § 349 BGB ausgeübt hat, muss der Autohändler die geleistete Anzahlung von 59.500 Euro dem Käufer zurücküberweisen. Außerdem bekommt er den geltend gemachten Schaden (Verlust von 103.616 Euro) nicht erstattet.

"Ups" ist nicht als Zustimmung zu werten

Das Gericht wälzte zur Bestimmung des Bedeutungsgehalts der genutzten Emojis sowohl das Emoji-Lexikon von Emojipedia als auch das von Emojiterra. Wichtig war den Richtern auch der Begleittext.

Dabei kam das Gericht zu dem Ergebnis, dass das maßgebliche Emoji negative oder gespannte Emotionen darstellt, besonders Nervosität, Verlegenheit, Unbehagen oder Peinlichkeit. Eine andere abweichende Bedeutung kam auch im Prozess nicht zur Sprache.

Der Ausdruck "Ups" war zudem allenfalls als Ausruf der Überraschung oder des Erstaunens zu werten. Auch die im weiteren Verlauf verwendeten Emojis waren im Kontext der Begleittexte nicht als Zustimmung zu einer Lieferfristverlängerung zu werten. Der Autohändler hat also auf der ganzen Linie den Prozess verloren.

Schon gewusst? Wenn du auf WhatsApp blockiert wurdest, ist das auf den ersten Blick nicht zu erkennen. Es gibt aber einige Anzeichen, die du überprüfen solltest.

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Vorschaubild: © Jörg Carstensen/dpa; Karl-Josef Hildenbrand/dpa; Collage: inFranken.de