Wie sind Minusstunden nachzuweisen? Minusstunden und Mehrarbeit sind rechtssicher nur zu erfassen, wenn das Unternehmen die Arbeitszeit über ein Zeiterfassungssystem protokolliert und ein Arbeitszeitkonto führt. Du musst dem Arbeitszeitkonto zustimmen – entweder durch einen Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag mit einem entsprechenden Passus. Nicht zu empfehlen sind Tricks beim Erfassungssystem. Ein Mitarbeiter einer Großmetzgerei musste sogar nach 25-Dienstjahren gehen, weil er seine Arbeits- und Pausenzeiten nicht richtig erfasste (Hessisches LAG, Urteil von 17.2.2014, Az.: 16 Sa 1299/13). Eine Kontrolle durch den Arbeitgeber ergab, dass der Kläger in 1,5 Monaten Pausen von insgesamt mehr als 3,5 Stunden gemacht hatte, ohne sich an- und abzumelden. Die Zeiten waren bezahlt worden.
Sind Minusstunden vom Gehalt abzuziehen?
In erster Linie müssen Arbeitnehmer Minusstunden innerhalb eines festgelegten Zeitraums durch Mehrarbeit (Überstunden) ausgleichen. Der Arbeitgeber darf den Gegenwert von Minusstunden erst dann vom Entgelt abziehen, wenn die Mitarbeiterin oder der Mitarbeiter gegen die vertraglich festgelegten Vereinbarungen verstößt. Beispiele dafür sind: Es fallen mehr Minusstunden an, als erlaubt sind. Die Minusstunden sind nicht innerhalb des Ausgleichszeitraums nachgearbeitet. Was zählt nicht als Minusstunden? Minusstunden fallen nicht an, wenn der Arbeitgeber eine geringere Arbeitszeit für den Betrieb oder Abteilungen anordnet, weil er beispielsweise keine Arbeit hat. Andere Fälle können ein Stromausfall oder eine Betriebsunterbrechung durch defekte Maschinen sein.
Minusstunden bei Kündigung: Kündigt der Arbeitnehmer oder wird ihm gekündigt, muss er vor dem Ende seines Arbeitsverhältnisses seine Minusstunden durch Überstunden ausgleichen. Machst du das nicht, darf der Arbeitgeber die fehlenden Stunden mit dem letzten Gehalt verrechnen. Ist kein Arbeitszeitkonto vereinbart, darf der Arbeitgeber keine Gehaltskürzungen vornehmen.
Wie mit deinen Plusstunden nach einer ordentlichen fristgemäßen Kündigung zu verfahren ist, gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder kannst du die Überstunden abfeiern. In diesem Fall erhältst du einen Freizeitausgleich für die geleisteten Überstunden und du kannst zumindest teilweise die Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist mit Überstunden überbrücken. Oder du lässt dir die Überstunden auszahlen. Das heißt, du erhältst einen finanziellen Ausgleich für deine Überstunden. Ist nichts anderes vereinbart worden, gilt der reguläre Stundensatz auch bei Überstunden. Bei einer außerordentlichen fristlosen Kündigung ist ein Freizeitausgleich für erbrachte Überstunden nicht möglich, da das Arbeitsverhältnis mit Zugang oder Erhalt der fristlosen Kündigung endet. Es gibt also keine Kündigungsfrist, die sich mit Überstunden überbrücken lässt. Daher gilt für jede fristlose Kündigung: Überstunden sind durch den Arbeitgeber auszubezahlen.
Sind Minusstunden mit Urlaub zu verrechnen?
Minusstunden mit Urlaub verrechnen: Eine Verrechnung von Minusstunden mit Urlaub oder Resturlaub ist nicht möglich – weder bei einer Kündigung, noch zum Jahresende, um das Arbeitszeitkonto auszugleichen.
Das Arbeitsrecht begründet dies so: Urlaub ist nur für eine zukünftige Zeit zu gewähren, nicht rückwirkend. Bedeutet konkret: Da Minusstunden bereits angefallen sind, sind sie nicht im Nachhinein als Urlaub zu deklarieren. Das hat das Bundesarbeitsgericht (Urteil: BAG vom 9.6.1998, Az.: 9 AZR 43/97) entschieden.
Minus- und Plusstunden von Azubis: Grundsätzlich sind für Auszubildende keine Überstunden vorgesehen. Wenn in Ausnahmefällen Mehrarbeit vom Azubi zu leisten ist, muss diese der Ausbildung dienlich und eine ausbildungsbeauftragte Person anwesend sein. Für Überstunden während der Ausbildung muss ein angemessener Ausgleich erfolgen, entweder in Form einer Bezahlung oder durch Freizeit. Minusstunden in der Ausbildung sind nicht zulässig. Der Azubi ist im Betrieb, um zu lernen und hat das Recht, die tägliche Arbeitszeit dort zu verbringen. Selbst wenn der Betrieb den Azubi nach Hause schickt, ist das eine bezahlte Freistellung.
Schwangerschaft hat besondere Regeln
Minusstunden vor dem Mutterschutz: Für die Zeit einer Schwangerschaft und im Mutterschutz gibt es einige spezielle Regelungen zu Minusstunden und Arbeitszeiten. Generell gilt: Schwangere dürfen maximal 8,5 Stunden am Tag, beziehungsweise 90 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen arbeiten. Das regelt § 4 Mutterschutzgesetz (MuSchG). Während des Mutterschutzes in den sechs Wochen vor der geplanten und acht Wochen nach der erfolgten Geburt tritt das Beschäftigungsverbot in Kraft.
Fallen in der Zeit vor dem Mutterschutz Minusstunden an, werden diese genauso gehandhabt wie im Fall einer Kündigung. Sie sind mit dem Entgelt zu verrechnen, wenn ein nicht ausgeglichenes Arbeitszeitkonto bis zum Beginn des Mutterschutzes vorliegt.
Mit einer Ausnahme: Das MuSchG regelt in § 23 Abs. 1, dass Minusstunden während der Schwangerschaft nicht durch Vorsorgeuntersuchungen entstehen dürfen. Werdende Mütter muss der Arbeitgeber freistellen. Hat der Mutterschutz einmal begonnen, sind in dieser Zeit keine Minusstunden auszugleichen.