Die transgenerationale Epigenetik beschäftigt sich mit den epigenetischen Veränderungen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden. Doch ist das überhaupt möglich und welche Folgen hätte das für den Menschen?
Epigenetische Mechanismen spielen eine wichtige Rolle, wenn es um die Steuerung des menschlichen Erbguts geht, da sie Gene ein- oder auch ausschalten können. Dies geschieht über Umwelteinflüsse wie Krankheit, Lebensstil oder auch Ernährung. Forschende des Max-Planck-Instituts konnten jetzt zeigen, dass veränderte epigenetische Strukturen weiter vererbt werden können. Lange Zeit war nicht klar, ob dies überhaupt möglich ist. Durchgeführt wurde die Studie an Fliegen. Sie zeigt mitunter, dass vor allem das epigenetische Gedächtnis der Gebärenden für das Überleben und die Entwicklung der Nachkommen relevant ist und eröffnet somit das Feld der transgenerationalen Epigenetik.
Vererbte Entschlüsselungsprogramme der DNA
Der menschliche Körper vereint mehr als 250 verschiedene Zelltypen, sie besitzen alle dieselbe DNA-Sequenz in ihren Zellkernen. Doch die Zelltypen unterscheiden sich in ihrem Aussehen und ihren Eigenschaften. Diese Unterschiede werden durch die Epigenetik beschreiben. Bestimmte Regionen der DNA werden durch epigenetische Modifikationen an- bzw. ausgeschaltet, wie ein Schaltplan, der angibt, wie die DNA zu lesen ist. So entstehen bestimmte zelltypische Muster für die unterschiedlichen Zelltypen. Anders als die fest definierte DNA -Sequenz können sich die epigenetischen Modifikationen bzw. Markierungen innerhalb unseres ganzen Lebens ändern. So wirkt sich Rauchen zum Beispiel auf das epigenetische Programm von Lungenzellen aus. Diese Programmänderung kann dann zu Krebs führen. Stress, Ernährung und Krankheit können ebenso so in die epigenetischen Programme unserer Zellen eingreifen.
Jetzt gibt es Studien, die nachweisen, dass epigenetische Marker über Spermien und Eizellen an Nachkommen weitergegeben werden können. Bisher war man davon ausgegangen, dass alle über das Leben hin angesammelten epigenetischen Veränderungen bei der Bildung von Spermien und Eizellen gelöscht würden. Diese Keimzellen wären dann quasi auf "Werkseinstellung" zurückgesetzt.
Mithilfe von Fruchtfliegen wurde am Max-Planck-Institut für Immunbiologie und Epigenetik in Freiburg herausgefunden, dass bestimmte epigenetische Veränderungen vom Muttertier auf die Nachkommen übertragen werden können, während andere gelöscht wurden. Die Mutter gibt somit nicht nur ihre DNA an ihre Nachkommen weiter, sondern auch teilweise bereits vorinstallierte epigenetische Modifikationen, die die Leseart der DNA beeinflussen. Zusätzlich konnten die Forschenden feststellen, dass die von der Mutter vererbten epigenetischen Informationen notwendig sind, damit sich überhaupt ein Embryo entwickeln kann.
Generationsfrage der Gene und Gesundheit
Es gibt Untersuchungen, die sich mit den vererbten epigenetischen Mustern bei Menschen beschäftigen, wie etwa die Överkalix-Studie aus Schweden. Hierbei untersuchten die Forschenden drei Generationen, die zwischen 1890 und 1920 geboren wurden. Es wurden Stammbäume und Krankenakten verglichen und es zeigte sich, dass die Enkelkinder von Großeltern, die in ihrer Wachstumsphase Hunger litten, öfter an Herz-Kreislauf-Erkrankungen starben.
Dass epigenetische Modifikationen über mehrere Generationen hinweg vererbt werden können, zeigt ebenfalls die Studie des Max-Planck-Instituts. Das Forschen in diesem Bereich ist an Tiermodellen häufig einfacher, da die Generationszyklen sehr viel kürzer sind als beim Menschen, hier überspannen drei Generationen einen für die Forschung enorm langen Zeitraum.