Wie Heraeus Medical schreibt, setzte der Chirurg Themistocles Gluck 1890 in Berlin das erste künstliche Kniegelenk aus Elfenbein und Nickelstahl bei einem Patienten ein. Der Einsatz der ersten künstlichen Hüfte erfolgte dann 1938. Inzwischen sind Materialien und Techniken so weit optimiert, dass Gelenkersatzoperationen fast schon Routine sind. Dennoch können die Implantate zu Allergien und Reaktionen des Körpers führen. 

Wann bekommt man ein künstliches Gelenk?

Wie du auf der Seite des Statistischen Bundesamts nachlesen kannst, werden die meisten künstlichen Gelenke an der Hüfte eingesetzt; mit ca. 200.000 Operationen pro Jahr steht dieser Körperteil in Deutschland auf dem ersten Platz. Gefolgt von Knie, mit ca. 172.011 und Schulter mit 25.000 Operationen (Stand 2021).

Meistens führt Arthrose zum Einsatz eines künstlichen Hüftgelenks, aber auch Brüche, besondere Erkrankungen und Durchblutungsstörungen des Knochens können Gründe für einen Gelenkersatz sein. Ausschlaggebend für eine Operation ist der Leidensdruck der Patient*innen, wie z. B. starke Schmerzen und Bewegungseinschränkungen. Hilfe zur Orientierung, wann eine Operation erfolgen sollte, bietet die Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Orthopädische Chirurgie (DGOOC).

Die Leitlinie nennt vier Hauptkriterien, die beispielsweise für die Implantation einer Knie-Endoprothese erfüllt sein sollen:

  • Der Schmerz besteht seit mindestens 3 bis 6 Monaten und tritt entweder dauerhaft oder mehrmals wöchentlich bei Belastung auf.
  • Das Röntgenbild zeigt deutlich, dass eine Arthrose vorliegt, d. h. der Knorpel ist nur noch gering oder gar nicht mehr vorhanden.
  • Konservative Behandlungsmethoden fruchten nicht mehr. Medikamente und Krankengymnastik bringen über einen Zeitraum von bis zu einem halben Jahr keine Besserung.
  • Die Schmerzen schränken den Patienten im täglichen Leben so stark ein, dass er nicht mehr bereit ist, damit zu leben.

Aus welchen Materialien bestehen künstliche Gelenke?

Je nachdem für welches Gelenk eine Prothese benötigt wird, variieren die Materialien ein wenig, denn die Gelenke müssen unterschiedliche Funktionen erfüllen. Außerdem wird natürlich ständig an Verbesserungen gearbeitet.

Wie die Universität Mannheim informiert, werden bei einer Hüftendoprothese, auch Hüft-TEP genannt, die Hüftschäfte aus einer Titanlegierung oder einer Cobalt-Chrom-Stahl-Legierung hergestellt. Hüftköpfe sind meist aus Keramik oder Cobalt-Chrom-Stahl, Hüftpfannen aus Titan oder Polyethylen und Pfanneneinsätze aus Polyethylen, Keramik oder Cobalt-Chrom. Der Prothesenkopf ist aus Keramik, während das Inlay aus Polyethylen besteht; das ist ein sehr widerstandsfähiger Kunststoff, der den Knorpel ersetzen soll. So wird das künstliche Gelenk gut beweglich und übermäßiger Verschleiß wird verhindert.

Das Kniegelenk ist komplizierter aufgebaut als eine Hüfte und muss noch größeren Belastungen standhalten.  Daher existieren verschiedene Operationen mit verschiedenen Ersatzteilen. Im Endeffekt werden aber die gleichen Metalle und Kunststoffe wie bei der Hüft-TEP verarbeitet. Die Metallteile sind aus Chrom-Kobalt-Molybdän gefertigt. Das Inlay besteht aus besonders widerstandsfähigem Polyethylen.

Wie äußern sich Symptome einer Metallallergie?

Eine Metallallergie entsteht hauptsächlich durch direkten Hautkontakt. Der abgesonderte Schweiß enthält Salze, die mit den Metallen reagieren und so die Reaktion erzeugen. Doch vermutlich kann es auch bei Metallen, die in den tieferen Gewebeschichten liegen, zu einer Abstoßung kommen. Die Ursachen sind unklar.

Folgende Implantate haben vermutlich ein Allergie-Potential:

  • Knieprothesen aus Chrom-Molybdän-Legierung
  • Hüftprothesen aus Titan
  • Schulterprothesen aus Titan
  • Knochenzement

An folgenden Symptomen erkennst du, dass mit deinem künstlichen Gelenk etwas nicht stimmt:

  • Hautreaktion, z. B. juckende Ausschläge
  • Implantatlockerung
  • Wundheilungsstörungen
  • Restschmerzen nach der Operation
  • wiederkehrende Gelenkergüsse

Diese Symptome müssen nicht bedeuten, dass du eine Allergie gegen das Implantat hast, es existieren auch andere Ursachen, die der Arzt oder die Ärztin zunächst abklären sollte. Es könnte eine bakterielle Infektion oder eine mechanische Störung des Gelenks vorliegen. Es ist auch möglich, dass vermehrtes Zellwachstum am operierten Gelenk zu einer Versteifung und damit zu Schmerzen führt. Auch auf Abriebpartikel der Endoprothese reagiert der Körper mitunter.

Wie kann man allergische Reaktionen vermeiden?

Wie Prof. Dr. med. Karl-Dieter Heller, Generalsekretär der Deutschen Gesellschaft für Endoprothetik im Interview mit Mein Allergie Portal erklärt, sind allergische Reaktionen auf Implantate extrem selten. Nur ein Prozent der Patienten mit Kniegelenkersatz leiden darunter. Dabei ist es nicht eindeutig, ob die Allergie durch den Einsatz der Prothese entstanden ist, oder bereits vorher vorhanden war.

Hattest du als Patient*in bereits eine Reaktion auf z. B. Nickel, wie er oft in Modeschmuck oder an Gürtelschnallen vorkommt, solltest du einen Allergietest in der Dermatologie machen und die Angelegenheit mit einem Orthopäden oder einer Orthopädin besprechen. Eine Allergie, die direkt auf der Haut auftritt, muss aber nicht bedeuten, dass du auch auf das Metall der Prothese reagierst.

Liegt eine gesicherte Allergie vor, können Prothesen mit möglichst niedrigem Allergie-Potential eingesetzt werden. Dabei sind die Einzelteile z. B. mit Keramik oder Titan beschichtet, sodass das Gewebe nicht in direkten Kontakt mit dem Metall kommt. Die Zusatzkosten für diese Modelle zahlt die Krankenkasse jedoch nur, wenn du einen ärztlichen Befund vorlegst.

Fazit

Die Wahrscheinlichkeit einer Allergie auf künstliche Gelenke ist im Allgemeinen sehr gering, die Medizin macht ständig Fortschritte und sucht nach Lösungen. Als Patient*in solltest du dich rechtzeitig umfassend informieren und dich von verschiedenen Spezialist*innen beraten lassen.