In Würzburg hat der Prozess gegen zwei Männer begonnen, die einen Gastwirt getötet haben sollen. Ein ehemaliger Mitinsasse enthüllt nun pikante Details zur Tat.
Update vom 5. Februar 2025: Würzburger Gastwirt getötet - Zeuge belastet Angeklagten
Im Prozess um den Tod eines türkischen Gastwirts hat ein ehemaliger Mitinsasse eines Angeklagten dem Landgericht Würzburg von einem angeblichen Geständnis des 50-Jährigen berichtet. "Er hat gesagt, er hat geschossen", sagte der 38-Jährige, der mit dem Angeklagten zusammen in Würzburg im Gefängnis saß. "Sein Vater war anscheinend der Auftraggeber. Er hat es mir so gesagt." Es sei wohl um Geld gegangen.
"Er sagte, dass er fünf Schüsse abgegeben habe", schilderte der unter anderem wegen räuberischer Erpressung vorbestrafte Mann. Er habe keinen Grund, den Angeklagten zu Unrecht zu belasten. Hafterleichterungen hat er nach eigenen Worten wegen seiner Aussage in dem Fall nicht bekommen.
Vater (67) und Sohn stehen mehr als 26 Jahre nach der Bluttat vor Gericht - angeklagt wegen Mordes. Laut Staatsanwaltschaft soll der Sohn am 5. Januar 1999 als damals 23-Jähriger im Auftrag seines Vaters den 55 Jahre alten Gastwirt erschossen haben, um einer Geldforderung Nachdruck zu verleihen. Die Verteidigung des 67-Jährigen setzt nach eigenen Angaben auf einen Freispruch ihres Mandanten. So viele Jahre nach der Tat sind alle Delikte außer Mord bereits verjährt. Im Frühjahr 2024 gingen nach Justizangaben Hinweise zu dem Fall ein, die den Anstoß zu dem Verfahren gaben. Für den Prozess sind bis August Verhandlungstage angesetzt.
67-jähriger Türke soll Geld mit horrenden Zinsen verliehen haben - Familie lebte aber von Sozialhilfe
Die Geschichte der Staatsanwaltschaft – sofern sie zutrifft – klingt wie aus einem Krimi zur besten Sendezeit: Ein Mann in finanzieller Not kontaktiert einen Gastwirt in Würzburg. Dieser, ein 55-jähriger Türke, stellt den Kontakt zu einem Landsmann her, der als Darlehensgeber bekannt ist. Ein Geschäft kommt zustande – der heute 67-Jährige soll dem Mann in Geldnot mehrere zehntausend D-Mark geliehen haben, wobei der Gastwirt als Bürge auftritt.
Als der Schuldner das Geld nicht zurückzahlt, schmiedet der Geldgeber laut Anklage den Plan, den Bürgen zu töten, um den Schuldner abzuschrecken. Am 5. Januar 1999 stirbt der Gastwirt im Kugelhagel in seiner Gaststätte – der Täter soll der älteste Sohn des Geldgebers gewesen sein. Vater und Sohn, der heute 49 ist, stehen mehr als 26 Jahre später vor dem Landgericht Würzburg, angeklagt wegen gemeinschaftlichen Mordes.
Am ersten von mehr als 40 vorgesehenen Verhandlungstagen äußern sich die Angeklagten nicht zu den Vorwürfen. "Wir haben hier eine Version der Staatsanwaltschaft und eine Version der Verteidigung", sagt Rechtsanwalt Markus Haselier, der den 67-Jährigen verteidigt. "Eine solche Tat ist nicht für eine Gesellschaft hinnehmbar." Es sei verständlich, dass man jemanden für das Verbrechen verantwortlich machen wolle.
Dennoch hätten die Angeklagten die Tat nicht gestanden und es gebe keine direkten Zeugen, die ihre Täterschaft belegen. Die Tatwaffe sei verschwunden, Schmauchspuren hätten nicht zugeordnet werden können. Bereits 1999 standen Vater und Sohn im Zentrum der Ermittlungen, das Verfahren wurde jedoch eingestellt, berichtet Haselier. Einige damalige mögliche Alibizeugen seien bereits verstorben, ebenso der mutmaßliche Schuldner, um den sich alles drehte.
Die Verteidigung des 67-Jährigen setzt auf Freispruch. So viele Jahre nach der Tat sind alle Taten außer Mord verjährt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft verlieh der heute 67-jährige Türke Ende der 90er Jahre Geld an Privatleute, obwohl seine Familie Sozialhilfe bezog. 1996 oder 1997 soll das Opfer den späteren Schuldner mit dem Geldgeber bekannt gemacht haben. "Für sämtliche Darlehen waren Zinsen in Höhe von zehn Prozent pro Monat vereinbart", sagt Oberstaatsanwalt Thorsten Seebach.
Sohn von Geldverleiher schoss mutmaßlich gesamte Revolvertrommel leer, um Wirt zu töten
Der Gastwirt fungierte wahrscheinlich als Bürge für eine Forderung von mindestens 50.000 D-Mark. Als auch er nach wiederholter Aufforderung durch den 67-Jährigen die Schulden nicht beglich, soll der angeklagte Vater mehrerer Kinder den Tatplan geschmiedet haben. Der Gastwirt starb durch mehrere Schüsse in Würzburg – laut Anklage wurde die gesamte Trommel des verwendeten Revolvers von dem damals 23-jährigen Sohn des Darlehensgebers leer geschossen. Der Mann, der nach eigenen Angaben staatenlos ist, soll als ältester Sohn die Anweisung seines Vaters nicht infrage gestellt haben – "aufgrund der streng patriarchalisch strukturierten Familie", wie Seebach erklärte.
Der 67-Jährige habe sich betrogen und hintergangen gefühlt. Er sei erzürnt gewesen, dass der 55-Jährige seinen Sohn angezeigt hatte, weil dieser ihm vor der Tat mit dem Tod gedroht haben soll. "Eine gerichtliche Einforderung der gewährten Darlehenssumme kam nicht in Betracht", da die Familie des 67-Jährigen damals von Sozialhilfe lebte "und der Angeklagte daher Angst hatte, wegen Betrugs verfolgt zu werden", erläutert Seebach. In dem sogenannten Cold Case (deutsch: Altfall) gab es zwar immer wieder Verdächtige, niemand konnte aber bisher überführt werden. Ist aus Sicht der Kammer den Männern das Tötungsdelikt von vor mehr als 26 Jahren nicht nachweisbar oder haben sie sich nach dem festgestellten Sachverhalt nicht strafbar gemacht, erfolgt ein Freispruch.
Wenn die Kammer davon ausgeht, dass die Angeklagten das Tötungsdelikt begangen haben, es aber kein Mord war, so kann ebenfalls ein Freispruch erfolgen. Geht die Kammer von einem anderen Delikt wie beispielsweise Totschlag aus, könnte eine Einstellung des Verfahrens wegen Verjährung in Betracht kommen. Reichen aus Sicht des Gerichts allerdings die Beweise, um den beiden einen Mord beispielsweise aus Heimtücke oder niedrigen Beweggründen nachzuweisen, wird es ein Urteil mit Strafzumessung geben.