Am Sonntag läuft der neue Franken-Tatort. Die Folgen "Ich töte niemand" spielt in Nürnberg und fordert vom Zuschauer einiges. Was sagen die beiden Hauptdarsteller? Wir sprachen exklusiv mit Dagmar Manzel und Fabian Hindrichs.
Warum lohnt sich die vierte Folge des Franken-Tatorts?
Fabian Hindrichs: Warum es sich lohnt? Ich finde, es ist ein vielfältiger, künstlerischer, dichter Film geworden.
Es geht um Gewalt und Radikalismus. Hat die Folge ein gesellschaftspolitisches Anliegen?
Hindrichs: Ich hoffe nicht. Wissen Sie, Filme mit Botschaften mag ich persönlich jetzt nicht so. Eine moralische Botschaft wäre auch ein bisschen anmaßend für einen Film, auch ein Irrtum über die eigene Bedeutung. Aber ich denke, dass der Film versucht, sich konkrete Entwicklungen in der Gesellschaft anzuschauen, dies aber aus verschiedenen Blickwinkeln. Das ist, glaube ich, das Gute an dem Film, unter anderem.
Wie ist es um das Verhältnis zwischen Ringelhahn und Voss bestellt: Kommen Sie sich ein wenig näher?
Hindrichs: Es gibt diese Momente, und ich finde, die sind auch noch gut auszubauen und weiter zu verfolgen. Das Verhältnis ist persönlicher geworden. Wichtig ist mir, dass das nicht wie Malen nach Zahlen wird. Die sind immer harmonisch oder immer im Clinch. Wenn das zum Prinzip wird, dann ist es schnell durchschaut und leblos. Ich denke, es sollte da kein Gesetz geben. Man kann sich mal streiten und dann wieder gut verstehen, man kann sich einmal näher kommen und dann wieder auf Distanz gehen. Das macht es lebendig, und alles was lebendig ist, ist ganz gut.
Welchen Blick haben Sie auf Franken?
Hindrichs: Ich muss da das wunderbare Buch von meinem Kollegen Matthias Egersdörfer empfehlen, "Reise durch Franken", mit Jürgen Roth zusammen geschrieben. Da erfährt man unglaublich viel. Am liebsten würde man alles mal nachreisen. Also diese Zurückgenommenheit, der wortkarge und dann doch auf einmal sprudelnde Franke. Auch diese wunderbar romantischen Landschaften teilweise, gleichzeitig auch mit diesen furchtbar verbauten Innenstädten wie überall in Deutschland. Und dann wieder das vollkommen unzerstörte Bamberg. Es gibt in Franken eine große Vielfältigkeit. Das bleibt für mich sehr spannend. Was ich erst einmal ein bisschen merkwürdig fand ist diese heiße Debatte um die Dialekte. Dass man sagt, das ist nicht Oberfränkisch und das ist nicht Unterfränkisch; das war mir ganz neu. In diesen Kosmos aus Ober-, Unter- Mittelfranken und Schräg-Links-Franken bin ich vorher nicht eingestiegen. Und den Grimm auf Oberbayern finde ich auch faszinierend. Von außen.
Fünf Begriffe, die Ihre Kollegin beschreiben?
Hindrichs: O Gott. Fünf Begriffe. Herzlich. Verlässlich. Humanistisch. Direkt. Manchmal auch ganz lustig. Dem Felix Voss, gefällt die menschliche Wärme und die Herzlichkeit von Paula Ringelhahn. Wie soll ich es sagen- herausfordernd ist ihre manchmal nicht umsichtige Art, mit den eigenen Gefühlen und den daraus folgenden Handlungen umzugehen. Aber das wird Felix mit Sicherheit in Zukunft sicher auch oft so gehen.
Warum lohnt sich die vierte Folge des Franken-Tatorts?
Dagmar Manzel: Weil es eine spannende und inhaltlich auch brisante Folge ist. Ein Geschwisterpaar ist ermordet und ein guter Kollege von Kommissarin Paul Ringelhahn kommt bei einem Verkehrsunfall ums Leben. Anfangs scheinen die beiden Fälle nichts miteinander zu tun haben. Die von mir gespielte Kommissarin Ringelhahn gerät in diesem Fall zum ersten Mal wirklich an ihre Grenzen. Aber ich verrate ihnen ein Geheimnis: Voss und Ringelhahn werden am Ende auch diesen Fall lösen.
Es geht um Gewalt und Radikalismus. Hat die Folge ein gesellschaftspolitisches Anliegen?
Manzel: Erst einmal ist es ein spannender Krimi und natürlich nimmt auch unser vierter Fall gesellschaftliche Stimmungen und Entwicklungen auf. Der "Tatort" muss im Hier und Jetzt spielen. "Ich töte niemand" thematisiert die Bedeutung der Ehre und ihren Missbrauch.
Wie ist es um das Verhältnis zwischen Ringelhahn und Voss bestellt: Kommen Sie sich ein wenig näher?
Manzel: In dieser Folge brauchen sie einander mehr denn je. Und weil sie sich dessen auch bewusst sind, stützen sich Voss und Ringelhahn auch gegenseitig. Sie hören einander zu, sie geben sich Kraft. Das fränkische Ermittlerteam sollte allerdings nicht auf Voss und Ringelhahn reduziert werden: Wir sind fünf gleichberechtigte Kollegen. Jede und jeder hat seine Rolle und Aufgabe.
Welchen Blick haben Sie auf Franken?
Manzel: Die Franken habe ich als anfangs sehr zurückhaltend erlebt. Und wenn man einander kennengelernt hat, sind auch die Franken von großer Herzlichkeit. Wenn ich an Franken denke, fallen mir als Erstes die Landschaft und Architektur ein. Vor allem Bamberg hatte ja das große Glück, dass im Zweiten Weltkrieg kaum Gebäude zerstört worden sind. Als wir in Bamberg drehten, hatte ich teilweise den Eindruck, plötzlich in einer anderen Zeit gelandet zu sein. So schön ist es dort. Und natürlich mag ich das Bier, den Wein und das Essen. Und das, obwohl ich schon seit ewiger Zeit Vegetarierin bin.
Fünf Begriffe, die Ihren Kollegen beschreiben?
Manzel: Ich beschränke mich auf drei. Also, wie ist Felix Voss? Behutsam. Konsequent. Verletzlich.
Der Prügelknabe
Der Franken-Tatort hat eine Vorgeschichte: 2003 hatte der BR zum ersten Mal versucht, dem Tatort eine fränkische Note zu geben: In der Folge "Der Prügelknabe" ermittelten in München die Kommissare Batic und Leitmayr (Miroslav Nemec und Udo Wachtveitl) mitt Wolfgang Hackl (Thomas Schmauser aus Burgebrach, Bild), der war zu ihrer Unterstützung aus
Nürnberg geschickt worden.
Die plumpe Zeichnung der fränkischen Nervensäge sorgte für Entrüstung bis in höchste politische Kreise.
Markus Söder, damals Leiter der Medienkommission der CSU, forderte "Wiedergutmachung" vom BR. 2015 war es so weit, nachdem der künftige fränkische Tatort-Kommissar Voss (Hindrichs) zuvor in einer Münchner Tatort-Folge (Der tiefe Schlaf, 2012) als Ermittler Gisbert Engelhardt ermordet worden war - zum Unmut der Fans, die seine Wiederauferstehung forderten.