"Am besten unter der Woche, wenn nichts los ist." Wenn die Lieder durch den Kirchenraum hallen, hüllen sie die Pilger in gute Gedanken. Das ist es überhaupt, sagt Sawinsky. "Beim Pilgern bekommt man Impulse für die Seele. Deshalb machen wir unterwegs immer wieder Halt und hören kleine Texte. Oder singen."
Dennoch ist es keine rein heilige, wenn man das so sagen darf, Angelegenheit. Natürlich weisen die Pilger einander auf schöne Ausblicke hin, plaudern miteinander und tauschen ihre Erfahrungen aus - sehr gerne über den Jakobsweg.
"Pilgern macht glücklich"
Sawinsky und Wilke haben ihn, "den" Weg nach Santiago bereits bewältigt. Sawinsky sogar zweimal, zu Fuß und mit dem Fahrrad. "Pilgern macht glücklich", sagen die beiden. "Es ist wie Beten mit den Füßen. Es verändert dich positiv." Sie wissen, dass viele - auch junge - Menschen mit einem Grund auf den Weg gehen.
Sie suchen Orientierung im Leben, wollen eine schwere Krankheit, berufliche Probleme oder eine Trennung bewältigen. "Wunder darf man allerdings nicht erwarten", sagen Sawinsky und Wilke. "Aber in jedem Fall ist der Weg eine Bereicherung. Du verlässt deine Komfortzone und erlebst Einfachheit. Du gehst einfach los, in die Fremde."
Etwa 350.000 Pilger werden heuer in Santiago erwartet. Bis dorthin zu laufen erfordert gute Vorbereitung. Kondition. Sinnvolles Gepäck. "Was ich anhabe, trage ich nochmal im Rucksack", sagt Sawinsky. Außerdem braucht man etwas zum Essen und vor allem zum Trinken, einen Ausweis, den Pilgerausweis, Pflaster. "Und meinen Schlafsack", ergänzt Wilke. Gut sitzende Wanderschuhe sind das A und O, außerdem "früh und abends die Füße mit Hirschtalg einschmieren."
2763 Kilometer bis Santiago
Während die Pilgerfreunde weiter vom "großen" Weg schwärmen, von Bildern aus Spanien, von Sehnsucht, Freiheit und Fernweh, von Einsamkeit und schönen Begegnungen, setzen wir unsere Wanderung im heimischen Franken fort. Das Teilstück des Jakobswegs von Vierzehnheiligen über den Staffelberg hinunter nach Loffeld, über Dittersbrunn, Prächting und Oberleiterbach, immer vorbei an mächtigen Kirchen und einer Naturschönheit nach der anderen.
Dass die ursprüngliche Tour vor Zapfendorf einen Abstecher in die Abtei Maria Frieden macht, ist Dieter Sawinsky zu verdanken. "Mir hat es hier schon immer gut gefallen", erzählt er bei der Brotzeit im Speisesaal. Nach einem Besinnungswochenende mit seinem Stammtisch im Kloster beschlossen seine Leute und die Äbtissin: "Eine Pilgerherberge an diesem schönen und stillen Ort, das wär's". Mit ehrenamtlicher Manneskraft, Zuschüssen durch EU und Staat und Unterstützung der Fränkischen Jakobus-Gesellschaft Würzburg entstand in vierjähriger Bauzeit in der benachbarten alten Schule ein Bildungshaus mit Seminarraum und 20 Betten in zwölf Zimmern.
"2018 hatten wir 347 Gäste", sagt Mutter Mechthild stolz und nickt zu Dieter Sawinsky hinüber. Sie weiß, was sie an ihm hat: Der Ruheständler ist eine große Stütze für das Kloster. Regelmäßig kommt er vorbei und erledigt handwerkliche Arbeiten. Bis - ja, bis ihn vielleicht wieder die Sehnsucht packt und Santiago ruft. Sind doch nur 2763 Kilometer - ab Kirchschletten.
Die digitale Route
Die Koordinaten des Weges gibt's hier im GPX-Format zum Download. Sie können zum Beispiel mit Routenplanern, Google My Maps und Wander-Apps wie Komoot oder Outdooractive genutzt werden.
Hier geht es zu weiteren Infos rund um das Thema Wandern in Franken.
Die Pfarrkirche von Prächting ist keine Jakobskirche, sondern eine Marienkirche. "MARIA IMMACULATA"
Lieber Tubaspieler,
vielen Dank für den Hinweis. In Prächting gibt's aber auch einen Stempel für den Jakobspilgerausweis ... heute kann eine Kirche wohl gleichzeitig Marienkirche und Jakobskirche sein und die Gläubigen sind ohnehin in jedem Gotteshaus willkommen.
Herzlichen Gruß aus der Redaktion,
Natalie Schalk