Das Amtsgericht klärte einen mysteriösen Vorfall, bei dem eine alte Frau verletzt worden war. Erst die Nachermittlungen brachten die Wahrheit ans Licht: Warum die Anklage gegen eine Pflegerin in sich zusammenbrach.
Der Aufwand hat sich gelohnt: Für den Prozess wegen eines Unfalls, bei dem eine alte Frau in einem Pflegeheim verletzt worden war, nahm sich das Amtsgericht Kulmbach zwei Tage Zeit - hier der Bericht vom ersten Verhandlungstag. Man befragte zehn Zeugen und einen medizinischen Sachverständigen. Dann wurden noch Nachermittlungen angeordnet. Durch die akribische Arbeit des Gerichts gelang es, den mysteriösen Vorfall aufzuklären.
Was ist im September 2016 in dem Altenheim im Kreis Kulmbach geschehen? Die alte Frau soll morgens im Bad gewaschen und kurz allein gelassen worden sein. Sie ist laut Anklage mit dem Hocker vor dem Waschbecken umgekippt. Durch das heiße Wasser aus der Duschbrause, die sie in der Hand hielt, habe sie sich an Nacken, Ohr und Rücken verbrüht. Diagnose der Ärzte: Verbrennungen zweiten und dritten Grades.
Ohr zum Teil abgenommen
Die Frau wurde acht Wochen im Klinikum Kulmbach behandelt. Unter anderem wurde ein Teil des Ohres abgenommen, und die Geschädigte musste sich einer Hauttransplantation unterziehen. "Mein Rücken schaut aus wie eine Kraterlandschaft", sagte die 77-Jährige vor Gericht.
Nachdem der Vorfall vor einem Jahr angezeigt worden war, hatte die Polizei zunächst den Sohn der 54-jährigen Angeklagten im Visier. Er arbeitete ebenfalls in dem Pflegeheim und kümmerte sich an jenem Tag um die alte Frau. Erst durch deren Aussage kam die Polizei auf die Mutter des jungen Mannes.
Jetzt brach die Anklage gegen die Pflegerin wegen fahrlässiger Körperverletzung in sich zusammen. Die 54-jährige hatte von Beginn an ihre Unschuld beteuert. Sie bestritt, etwas mit den Verbrühungen der alten Frau zu tun zu haben. "Das stimmt nicht", sagte sie.
Dusche mit Verbrühschutz
Im Laufe des Verfahrens zeigte sich immer deutlicher, dass die Ermittlungen einer kritischen Überprüfung nicht standhalten. Dagegen bestätigte sich die Annahme des Verteidigers, dass es die Dusche, die einen Verbrühschutz hat, nicht gewesen sein kann.
Rechtsanwalt Stefan Walder aus Kronach, vermutete aufgrund des Verletzungsmusters am Rücken, dass sich die Frau die Verbrennungen am Heizkörper im Bad geholt hat, der über 53 Grad heiß werden kann. Denn ihre dünne Pergamenthaut sei sehr empfindlich.