Angeklagte taucht erst später auf
Auf die Angeklagte kam die Polizei erst im Laufe der Ermittlungen durch die Angaben der alten Frau. Sie habe erklärt, mit einer "älteren Schwester" im Bad gewesen zu sein, die ihr den Rücken wusch, deren Namen sie aber nicht kannte. Sie habe ihr die Duschbrause mit laufendem Wasser in die Hand gegeben und den Besuch des "Lehrlings" angekündigt.
Später habe die Geschädigte die betreffende Pflegerin zufällig im Krankenhaus getroffen - eine Begegnung, die tatsächlich stattfand. Dabei habe die alte Frau die Verbrührung erwähnt und sei von der Besucherin zurechtgewiesen worden, dass es sich um Hautabschürfungen handelt. "Sie hatte eine Wut, weil sie als Lügnerin hingestellt wurde", betonte der Polizist.
"Wie eine Kraterlandschaft"
Sie sei acht Wochen im Klinikum gewesen, so die 77-Jährige, und zweimal operiert worden. Unter anderem sei eine Hauttransplantation vorgenommen worden. "Mein Rücken schaut aus wie eine Kraterlandschaft - können Sie sich anschauen."
Während sich ihr Sohn auf sein Zeugnisverweigerungsrecht berief, machte die Angeklagte Angaben. Sie habe an jenem Tag ebenfalls Dienst auf der Station gehabt und sei zu dem Zimmer gelaufen. Nachdem man die alte Frau aufgehoben hatte, habe sie festgestellt, dass das ganze Bad und das Waschbecken trocken waren, was andere Pflegekräfte bestätigten. Woher hätten die Verbrühungen kommen sollen?
Vielleicht lag es an der sehr dünnen, empfindlichen Haut der alten Frau. "Sie hat eine Pergamenthaut und kann sich ganz schnell verletzen", sagte ihre Hausärztin.
Mehr Fragen als Antworten
In dem Prozess blieb bisher sehr viel unklar: Wer hat die Frau gewaschen? Wurde sie überhaupt gewaschen? Warum war das ganze Bad trocken, wenn sie mit der laufenden Wasserbrause umfiel? Kann man sich mit dem Duschwasser überhaupt verbrühen, nachdem es eine Schutzvorrichtung gibt? Wie glaubhaft sind die Angaben der 77-Jährigen, die von ihrer Tochter und von ihrer Ärztin als "geistig klar" eingeschätzt wird. Denn es gibt ein Gutachten der Reha-Klinik, das ihr kognitive Einschränkungen attestiert.
Richterin Sieglinde Tettmann ordnete deshalb Nachermittlungen an. Die Ergebnisse sollen bis zum Fortsetzungstermin am 7. Februar vorliegen.
Verteidiger Stefan Walder stellte mehrere Beweisanträge. Unter anderem glaubt er, dass die Verbrennungen vom Heizkörper im Bad kommen könnten, der bis 50 Grad heiß wird. Das Verbrennungsmuster mit zwei Streifen am Rücken deute darauf hin.
Heimleiter musste rausgehen
Der Kronacher Rechtsanwalt ließ den Heimleiter aus dem Saal schicken, weil er als Zeuge in Frage komme. Ein Mitarbeiter musste sein Handy ausschalten, damit er die Verhandlung nicht aufnehmen könne, was verboten ist. Walder befürchtete Absprachen und nannte das Verfahren "eine heikle Geschichte".