Grafendobrach: Lieber Solarpark als Windpark

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Wenn Grafendobrach Energiedorf wird, soll dort auf 13,7 Hektar eine Photovoltaik-Anlage gebaut werden und grünen Strom vom Acker produzieren. Symbolfoto: Archiv
Wenn Grafendobrach Energiedorf wird, soll dort auf 13,7 Hektar  eine Photovoltaik-Anlage gebaut werden und grünen Strom vom Acker  produzieren. Symbolfoto:  Archiv
Volles Haus im Grafendobracher Gasthaus Dobrachquelle, ...
Volles Haus im  Grafendobracher Gasthaus Dobrachquelle, ...
 
... als die Firma Münch Energie über die geplante PV-Anlage informierte. Fotos: Stephan Tiroch
... als die Firma Münch Energie über die geplante PV-Anlage informierte. Fotos: Stephan Tiroch
 
Das Gelände für die geplante PV-Anlage ...
Das Gelände für die geplante PV-Anlage ...
 
... wurde so ausgesucht, ...
... wurde so ausgesucht, ...
 
... dass die Solarmodule fast nicht einsehbar sind. Fotos/Grafik: Münch Energie
... dass die Solarmodule fast nicht einsehbar sind. Fotos/Grafik: Münch Energie
 
Andreas Graß von Münch Energie stand den Grafendobrachern Rede und Antwort. Foto: Stephan Tiroch
Andreas Graß von Münch Energie stand den Grafendobrachern Rede und Antwort. Foto: Stephan Tiroch
 

Der Investor Münch Energie informierte in Grafendobrach über die geplante Photovoltaik-Anlage und erkundete die Stimmung am Stammtisch. Dazu auch ein Kommentar.

So voll war das kleine Gasthaus in Grafendobrach schon lange nicht mehr. In zweiter und dritter Reihe saßen die Leute, weil die Plätze an den Tischen in der Dobrachquelle nicht ausreichten. Was sie interessierte: die geplante Photovoltaikanlage am Randes des Dorfes. Hier will die Firma Münch Energie, Rugendorf, auf 13,7 Hektar Ackerfläche grünen Strom für 3300 Haushalte produzieren - inFranken.de berichtete. Über das Projekt entscheidet der Kulmbacher Stadtrat am nächsten Donnerstag.

Stadträte nehmen Stimmung auf

Beim Infoabend legte der Investor, der selbst zu der Versammlung eingeladen hatte, seine Pläne auf den Tisch. Transparenz, um die Bevölkerung mitzunehmen. Und die Stadträte Ingo Lehmann und Matthias Meußgeyer (beide SPD) interessierten sich für die Meinung der Menschen, ob Gegner oder Befürworter die Lufthoheit über dem Grafendobracher Stammtisch haben. "Wir wollen die Stimmung aufnehmen und mitnehmen", so Meußgeyer.

Laut Andreas Graß will die Firma Münch für die PV-Anlage insgesamt 6,5 Millionen Euro investieren. Auf dem Gelände werde nichts versiegelt oder betoniert. Die recyclingfähigen Module seien an Sigma-Profilen befestigt, die in den Boden gerammt werden. Die Alu- oder Stahlträger könnten nach Ablauf der 25 Jahre problemlos rausgezogen werden. Anders als bei Windparks, wo die Betonfundamente im Boden bleiben.

Fast nicht einsehbar

Der Redner betonte, dass man die Fläche vor allem danach ausgesucht habe, dass sie fast nicht einsehbar ist. Zum Beweis dafür zeigte er Bilder, räumte aber ein: "Ganz verstecken lässt es sich leider nicht." Das gelte auch für die Spiegelung durch die Module: "Nicht ganz zu vermeiden."

Kommentar dazu von Reinhard Grüger: "Ich finde, dass es gut versteckt ist. Der optische Schaden hält sich in Grenzen. Ich wüsste nicht, wo man so was besser hinbauen kann."

Die ins Auge gefasste Größe von etwa 20 Fußballfeldern ist Graß zufolge notwendig, um die Anlage wirtschaftlich betreiben zu können. Die Herstellungskosten pro Kilowattstunde bezifferte er auf "unter vier Cent". Bei Windkraft seien es sieben Cent, sagte der Redner, der auch Fragen der Bürger beantwortete.

Sie wollten wissen, wo der Strom hingeht. Laut Graß wird eine neue Leitung verlegt, um die Energie beim Umspannwerk Kulmbach ins Netz einzuspeisen.

Stadtwerke sind interessiert

Nach seinen Worten ist den Stadtwerken angeboten worden, diesen grünen Strom teilweise oder ganz anzukaufen. Die Stadtwerke seien auch interessiert. Genauso könne man ein Unternehmen wie Ireks oder die Kulmbacher Brauerei direkt beliefern.

Zu den Aufdachanlagen sagte Graß, dass zu wenige Dächer geeignet seien. Damit sei der Energiebedarf nicht zu decken. So komme man bei Novem nur auf 500 bis 600 Quadratmeter und habe bei Industriedächern oft das Problem, dass durch Produktionsänderungen Kamine oder Lüftung umgebaut werden.

Gibt es Elektrosmog?

Gegen den Standort, aber nicht gegen die Energieform sprachen sich Melanie Beyer und Bernhard Uhl aus. Er wunderte sich, "dass ganz Oberfranken mit neuen Energieformen zugekleistert wird, während in München und Oberbayern nichts ist. "Wir sind von Nürnberg extra hierher gezogen in diese Idylle, die nun vernichtet wird", sagte Beyer, der auch der Elektrosmog Sorgen bereitete. Nur beim Gebäude mit dem Wechselrichter, so Graß, entstehe elektromagnetische Strahlung ("fünfmal weniger als bei der 20 kV-Stromleitung"), die aber nicht bis an den Ort heranreicht.

Die SPD-Stadträte dürften nach zweieinhalb Stunden mit der Erkenntnis nach Hause gefahren sein, dass der Firma Münch keineswegs geballter Protest entgegengeschlagen war. Es gab viele Fragen, Zustimmung und vereinzelt Kritik. Ein Grafendobracher, der in der Zeitung nicht mit Namen erscheinen möchte, fasste die Stimmung im Dorf so zusammen: "Bevor wir Windräder bekommen, dann lieber Photovoltaik."

Gegner bleiben anonym

Gegner des Solarparks, auch wenn sie im Wirtshaus kein Gesicht zeigten, scheint es aber trotzdem zu geben. So wurde an inFranken.de eine anonyme Botschaft versandt, die auch im Rathaus einging. Außerdem soll eine Liste im Umlauf sein, mit der Protestunterschriften gesammelt werden.

Kommentar: Weiter stur bleiben?

Projekte wie in Grafendobrach wurden von der CSU/WGK-Mehrheit im Stadtrat bisher blockiert. Man berief sich auf einen zehn Jahre alten Grundsatzbeschluss, PV-Anlagen "vorrangig auf Dächern zu errichten". Genau genommen wurde damals aber gar nicht beschlossen, PV-Freiflächenanlagen grundsätzlich nicht zu genehmigen. "Vorrangig" bedeutet, dass es eben doch möglich ist.

2009 ist lange her, und es hat sich viel verändert. Klimaschutz - befördert vielleicht auch durch den superheißen Sommer 2018, der gar nicht aufhören wollte - ist mitten in der Gesellschaft angekommen. Das mehr als deutliche Ergebnis beim Volksbegehren "Artenvielfalt - Rettet die Bienen" spricht Bände. Und landauf, landab demonstrieren Schüler für eine bessere Klimapolitik.

Das heißt: Der Stadtrat kann die politische Großwetterlage nicht einfach ignorieren. Bedeutet das Interesse der Stadtwerke, dass man nicht weiter stur bleiben will? Einzelfallentscheidungen, genau überlegt, Vor- und Nachteile abgewogen - so sollte es sein.

Begehung mit dem Bauausschuss

Am Montag findet um 16 Uhr eine Begehung mit dem Bauausschuss des Stadtrats statt. Das Gelände wird mit Stäben und Flatterband abgesteckt.