Drehen sich bald Windräder im Wald bei Grafendobrach?

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Bei Grafendobrach sollen drei Windräder gebaut werden. Symbolfoto: jotily/Adobe Stock
Bei Grafendobrach sollen drei Windräder gebaut werden.  Symbolfoto: jotily/Adobe Stock
Beim Windpark Rugendorf sind sieben Windräder geplant. Grafik: Michael Beetz
Beim Windpark Rugendorf sind  sieben Windräder geplant. Grafik: Michael Beetz
 

Nach den Schlagzeilen über die Photovoltaikanlage, stellt sich die Frage: Was wird aus den Windpark bei Grafendobrach? Es ist ein neuer Kläger auf den Plan getreten.

So viele Schlagzeilen über Grafendobrach gab es noch nie. Im 200-Seelen-Dorf am nördlichen Rand des Kulmbacher Stadtgebiets lässt es sich beschaulich leben. Bis man jetzt durch eine Photovoltaikanlage in den Blickpunkt rückte.

Die Rugendorfer Firma Münch Energie plante, bei Grafendobrach auf 13,7 Hektar Fläche Strom für 3300 Haushalte zu produzieren. Das Projekt wurde vom Kulmbacher Stadtrat gestoppt, der den Bauantrag abgelehnt (siehe hinten).

Idylle und Windräder

Die Diskussion über die Photovoltaikanlage ist noch nicht abgeebbt, da drängt sich ein weiteres Thema auf, das die Grafendobracher Idylle stören könnte: Wie ist der Sachstand beim bereits genehmigten Windpark Rugendorf? Warum wurde bisher keines der sieben Windräder gebaut? Drei Rotoren sollen sich im Wald auf der Fichtichhöhe bei Grafendobrach drehen - weithin sichtbar und im Dorf hörbar. Seit zwei Jahren hört man von dem Projekt nichts mehr. Aber was läuft im Hintergrund?

Rückblende: Als letzte der insgesamt sieben Windräder - drei im Landkreis Kronach, eines bei Rugendorf-Eisenwind - wurden im Dezember 2016 die drei Anlagen auf der Fichtichhöhe bei Grafendobrach genehmigt. Weil dort oben aber der streng geschützte Schwarzstorch auf Futtersuche geht, dürfen sich, so die Auflage des Landratsamts Kulmbach, die Rotoren vom 1. April bis zum 31. August tagsüber nicht drehen.

Wo futtert der Schwarzstorch?

Allerdings kann der Investor, die Naturstrom AG, Düsseldorf, die Tagabschaltung dadurch umgehen, dass man dem seltenen Vogel woanders Nahrung anbietet. So sollen bei Sackenreuth fünf Teiche gebaut werden, um den Schwarzstorch umzuleiten. Ob der scheue Geselle wirklich dort futtert, wird vor Inbetriebnahme der Windräder geprüft.

Die erwähnten naturschutzrechtlichen Auflagen gelten nach wie vor, stellt das Landratsamt Kulmbach fest. "Die geforderten und erforderlichen Maßnahmen wurden aber bisher nicht durchgeführt. Auch eine wasserrechtliche Genehmigung für die Biotopteiche wurde noch nicht erteilt", heißt es in der Stellungnahme.

Vier Klagen vor dem Verwaltungsgericht

Daran dürfte es aber nicht liegen, dass sich der Bau der Windräder verzögert. Der Grund ist juristischer Natur. Denn es sind insgesamt vier Klagen vor dem Verwaltungsgericht anhängig.

Einer der Kläger ist Jürgen Weiske aus Eisenwind. Er kämpft gegen die vier Windräder in seiner Nachbarschaft. Den ersten Prozess vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth hat er verloren. Er wandte sich an den Verwaltungsgerichtshof und ging in Revision, die auch zugelassen worden ist. "Die Sache liegt in München", sagt er.

Und es gibt weitere Kläger, die vor dem Verwaltungsgericht Bayreuth gegen die Anlagen auf der Fichtichhöhe vorgehen. Es handelt sich um zwei Privatleute aus Grafendobrach und einen Naturschutzverband, so Gerichtssprecher Philipp Hetzel. Er rechnet damit, dass demnächst ein Verhandlungstermin bestimmt wird.

Das Verfahren, so Hetzel, sei aufwendig. Denn während ein Nachbar nur geltend machen könne, dass er in eigenen Rechten verletzt wird, müssten bei der Verbandsklage auch artenschutzrechtliche Belange geprüft werden.

Anwalt der Tiere

Genau darum geht es dem Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern (VLAB). Der kleine Naturschutzverband mit Sitz in Erbendorf, Landkreis Tirschenreuth, macht sich zum Anwalt der Tiere. "Wir haben gesehen, dass die Landschaft schweren Schaden nehmen wird und dass streng ge schützte Vogelarten wie Schwarzstorch, Rotmilan und Wespenbussard stark gefährdet sind", sagt VLAB-Chef Johannes Bradtka und betont: "Wir stehen den nachfolgenden Generationen gegenüber in der Verantwortung und wollen, dass unsere Landschaften, ihre Eigenart und Schönheit sanft und pfleglich behandelt werden, und wir tragen auch Verantwortung gegenüber gefährdeten Tierarten."

Laut Bradtka klagt der VLAB ("Wir haben auch Mitglieder im Raum Kulmbach") gegen Projekte in ganz Bayern, "wo es sehr schlimme Auswirkungen gibt".

Investor: Vorbereitungen laufen

Es ist nachvollziehbar, dass der Investor vor dem Baubeginn den Ausgang des Rechtsstreits abwartet. "Das Projekt liegt nicht auf Eis, sondern wird weiter vorbereitet", erklärt Projektleiter Sebastian Schäfer von der die Naturstrom AG.

Wird der Schwarzstorch ein neues Nahrungshabitat bekommen? Schäfer: "Momentan ist geplant, die mit der Genehmigungsbehörde abgesprochenen ökologischen Verbesserungsmaßnahmen umzusetzen, die auch die Futterteiche für den Schwarzstorch beinhalten." Man werde jedoch zunächst das weitere Verfahren verfolgen.

Investition von 18 Millionen Euro?

Über die Investitionssumme für den Windpark Rugendorf - geschätzt etwa 18 Millionen Euro - macht der Investor keine Angaben. Auch nicht, was etwaige Verluste durch die zeitliche Verzögerung angeht. "Gerne hätten wir den Windpark bereits 2017 in Betrieb genommen", betont Schäfer. Hier werde ein wichtiger Beitrag zur Umsetzung der Energiewende verzögert. "Aber glücklicherweise ist das Projekt nicht insgesamt gefährdet."

So stimmte der Stadtrat ab

Die Photovoltaikanlage Grafendobrach wurde vor einer Woche vom Kulmbacher Stadtrat gestoppt. Die Mehrheit war gegen grüne Energie vom Acker. Die Abstimmung ging deutlich aus - dagegen: 9 CSU, 6 WGK, 4 SPD, 1 FDP und OB Schramm; dafür 5 SPD, 1 WGK und 1 GOL.

Dreieinhalb Protestbriefe

Nennenswerten Gegenwind gab es im Dorf gegen die Photovoltaikanlage offenbar nicht. Lieber Solarpark als Windpark - so war die Stimmung beim Infoabend des Investors mit zirka 30 Zuhörern. Im Rathaus gingen dreieinhalb Protestbriefe ein: von den Familien Tröglen und Beyer/Uhl und von der Jagdgenossenschaft Lehenthal; ferner war den Sitzungsunterlagen des Stadtrats das anonyme Schreiben einer angeblichen Bürgerinitiative beigelegt.

Der Naturschutzverband

Der Verein für Landschaftspflege und Artenschutz in Bayern, 2015 gegründet, ist einer der jüngsten Natur- und Umweltschutzverbände im Freistaat. Der Verband hat rund 9000 Mitglieder und kritisiert den Bau von Windkraftanlagen, wenn Aspekte des Tierschutzes und des Landschaftsschutzes dagegenstehen. Enoch zu Guttenberg war bis zu seinem Tod im Jahr 2018 Ehrenpräsident des VLAB. Wikipedia