Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, die Frau des Hitler-Attentäters, hatte engste Beziehungen zu Schloss Heinersreuth.
"Ich habe eine schlimme Nachricht für euch", sagt die Mutter zu ihren vier Kindern. "Euer Vater ist gestern erschossen worden." Mit diesen Worten leitete Christiana Freifrau von Lerchenfeld ihr Referat ein über eine starke, mutige und ebenso bemerkenswerte Frau: Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg, die Frau des Hitler-Attentäters. Christiana Freifrau von Lerchenfeld hält ihr Referat vor den Mitgliedern des Kunstvereins "Kultur auf der Höhe" an einem historischen Ort: Im sogenannten Ministerhaus des Schlosses Heinersreuth.
Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg wurde als Freiin von Lerchenfeld am 27. August 1913 in Kowna im heutigen Litauen geboren. Sie war die Tochter des fränkischen Generalkonsuls Gustav Freiherr von Lerchenfeld, einem königlich bayerischem Kämmerer, und der baltischen Adligen Anna Freiin von Stackelberg. Sie besuchte in Bamberg das Lyzeum und lernte bereits mit 16 Jahren ihren späteren Mann kennen: Claus Schenk Graf von Stauffenberg.
Einen Großteil ihrer Jugend verbrachte das Mädchen aber auf Schloss Heinersreuth. Hier hatte sie zwei Vettern, mit denen sie nach Herzenslust herumtobte oder auf die Jagd ging. "Es war für sie eine herrliche, unbeschwerte Zeit", unterstrich Christiana Freifrau von Lerchenfeld. Die 83-jährige Baronin hat sehr persönliche Erinnerungen an Nina. "Sie erklärte mir vieles, als ich damals als junge, 19-jährige Frau nach Heinersreuth kam und noch von nichts wusste".
Nina war künstlerisch sehr begabt, zeichnete und malte nach Herzenslust. Noch heute sind auf Schloss Heinersreuth viele ihrer Werke zu sehen, teils eingebettet in das Gästebuch. Und sie interessierte sich sehr für Literatur, was sie später davor schützen sollte, in den schwersten Stunden ihres Lebens dem Wahnsinn anheim zu fallen.
"Spielst du Verschwörerles?"
Das Paar Nina und Claus Schenk Graf von Staufenberg heiratet 1933. Ihre Kinder werden in kurzen Abständen geboren: Berthold 1934, Heimeran 1936, Franz Ludwig 1938 und Valerie 1940. Schon sehr bald bemerkte die Frau, dass sich ihr Mann nicht mit dem Hitler-Regime anfreunden konnte. Oft brachte er geheime Unterlagen mit nach Hause, die verbrannt wurden. Schon 1939 hatte Nina mit einem feinen Gespür ihrem Mann Claus auf den Kopf zugesagt: "Spielst du Verschwörerles?" Als sie dann im April 1943 am Bett ihres schwer verwundeten Ehemannes hören musste "Es wird Zeit, dass ich das Deutsche Reich rette!", antwortete sie mit nüchternem Verstand und Humor: "Dazu bist du jetzt in deinem Zustand gerade der Richtige!" Über die Pläne ihres Mannes, den Führer zu beseitigen, wusste sie Bescheid - allerdings nicht über seinen Entschluss, die Tat selbst auszuführen.
Ihr Mann schärfte seiner Frau im Vorfeld immer wieder ein, die Unwissende zu spielen. "Sie sollte die dumme Hausfrau spielen, die sich nur um die Wäsche und die Kinder kümmert", erinnert sich Christiana Freifrau von Lerchenfeld. Und weiter: "Ihr Mann gab ihr den Befehl, nicht zu ihr zu stehen." Eine Strategie, die sich als überlebensnotwendig erwies.
Nachdem der Anschlag gescheitert war, nahmen die Nazis die Stauffenbergs in Sippen-Haft. Auch Nina, die mit dem fünften Kind schwanger war und ins KZ Ravensbrück gebracht wurde. Ebenso ihre Mutter, die unter den menschenunwürdigen Haftbedingungen an Typhus erkrankte und im KZ starb. Ninas Kinder wurden voneinander getrennt und nach Thüringen verschleppt, wo man ihnen den Namen Schank gab. Der Name Stauffenberg sollte so wohl ausgelöscht werden.
Die Haftbedingungen waren desaströs: Die schwangere Nina wurde in Einzelhaft gesteckt. Um nicht verrückt zu werden, veranstaltete sie für sich selbst Literaturabende, bei denen sie aus dem Gedächtnis heraus Gedichte rezitierte, aber auch neue verfasste.
Schlimme Drohungen
Zur Entbindung brachte die Gestapo Nina in ein Entbindungsheim nach Frankfurt an der Oder. Dort brachte sie am 22. Januar 1945 ihre Tochter Konstanze zur Welt. Mutter und Kind erkrankten aufgrund der mangelhaften hygienischen Verhältnisse und des immensen psychischen Drucks. Die Aufseher kündigten immer wieder an, dass man sie hinrichten werde. "Der Tod saß ihr immer im Nacken", so Christiana Freifrau von Lerchenfeld.
Dann sollte die Gräfin mit ihrem Baby in den Bayrischen Wald gebracht werden. Die Gruppe strandete nach einer abenteuerlichen Fußwanderung in Trogen bei Hof. Nina konnte ihren Aufseher schließlich überzeugen, nach Hause zu gehen. Sie selbst rettete sich mit dem Kind zu Freunden ihres Vaters, die in der Nähe ihren Wohnsitz hatten. Dort wurde sie schließlich von Angehörigen gefunden und nach Hause, in das Schloss Lautlingen, gebracht. Doch wo waren ihre vier anderen Kinder abgeblieben? Hilfe erhielt Nina Schenk Gräfin von Stauffenberg von der damaligen Baronin auf Schloss Guttenberg, die beste Kontakte zur US-Army hatte und über diese Kanäle die Kinder ausfindig machen konnte.
Die Gräfin zog nach dem Krieg nach Bamberg, wo sie das Familiendomizil bezog. Sie heiratete nie wieder und starb am 2. April 2006 im Alter von 92 Jahren bei ihrem Sohn Franz Ludwig in Kirchlauter bei Bamberg.
Christiana Freifrau von Lerchenfeld unterstrich die Notwendigkeit, über Schicksale wie diese zu berichten. Damit Menschen wie Gräfin von Stauffenberg nicht in Vergessenheit geraten. Dabei verdeutlichte sie, dass die Gräfin nicht selten enttäuscht und wütend gewesen sei ob der Behandlung ihrer Person durch manche Historiker. In der Geschichtsschreibung über den Widerstand gegen Hitler ist von der Gräfin kaum die Rede. Wohl auch deshalb errichtete Ludwig Freiherr zu Lerchenfeld zusammen dem dem Frankenwaldverein einen Gedenkstein für Nina: Er steht seit rund zehn Jahren im Forst der adligen Familie - am allerhöchsten Punkt des gesamten Besitztums.