Ludwigsstadt: Sehnsucht nach der Bühne

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In normalen Zeiten würden demnächst wieder die Proben für die Shakespeare-Aufführungen starten. In der Vergangenheit waren diese mit viel Disziplin und Spaß verbunden. Im Bild: Daniel Leistner (links) mit den Akteuren Carlo Schwab und Manja Hünlein im Jahr 2016. Foto: Veronika Schadeck
In normalen Zeiten würden demnächst wieder die Proben für die Shakespeare-Aufführungen starten. In der Vergangenheit waren diese mit viel Disziplin und Spaß verbunden. Im Bild: Daniel Leistner (links) mit den Akteuren Carlo Schwab und Manja Hünlein im Jahr 2016.  Foto: Veronika Schadeck

Die Absage der Shakespeare-Spiele in Ludwigsstadt trifft die Schauspieler und Regisseur Daniel Leistner hart. Schließlich hätte er dem Publikum in diesem Jahr gerne etwas Besonderes präsentiert. Auch die Stadt bedauert den Ausfall.

Es wäre in diesem Jahr die zehnte Shakespeare-Saison geworden. Wegen Corona wurden die für Ende September/Anfang Oktober in der Hermann-Söllner-Halle geplant Theateraufführungen jedoch abgesagt (wir berichteten).

Regisseur Daniel Leistner erklärt, dass sein Team, der Bürgermeister und er sich die Entscheidung nicht leicht gemacht hätten. Von der rechtlichen Seite aus gesehen, hätte man die Shakespeare-Spiele durchführen können. Rund 100 Besucher hätte man unter Berücksichtigung eines Hygienekonzepts und der Abstandsregelungen in der Hermann-Söllner-Halle unterbringen können. Letztlich wisse aber keiner, wie sich die Corona-Situation bis Ende September entwickelt.

Leistner bezeichnet das Klientel der Theaterfreunde als eine etwas ältere Generation, die vernünftig und vorsichtig sei. "Die Leute sind einfach unsicher." Und letztlich stand bei der Entscheidung, ob die Aufführungen nun stattfinden oder nicht, auch der wirtschaftliche Aspekt zur Debatte, gibt er zu.

Ein Leben für die Bühne

Seit 1984 steht Leistner auf der Bühne. Seitdem hat er nur einmal pausiert, nämlich im Jahre 2016, nach dem Ende der Faust-Festspiele in Kronach. In seiner Anfangszeit auf der Bühne führte er Theaterstücke mit der Schulspielgruppe des Kaspar-Zeuß-Gymnasiums auf. Später war er beim Studententheater, in der sogenannten "freien Werkbühne" mit aktiv. Der Intendant leitete die Faust-Festspiele in Kronach, von der Gründung im Jahr 1995 bis zu deren Ende 2015. Seit 2011 leitet er die Shakespeare-Spiele und seit 2016 die Faust-Festspiele in Pegnitz. Theater, die Bühne und das Publikum bestimmten bisher sein Leben und seinen Alltag. "Es fehlt etwas, es ist ein komisches Gefühl", versucht Leistner die aktuelle Situation zu beschreiben. "Ich sehne mach danach, Theater zu machen - aber es geht eben nicht."

Für den 55-Jährigen hätte 2020 ein besonderes Jahr werden können. Denn erstmals hätte er mit seinem Team in Ludwigsstadt dem Publikum keinen Shakespeare präsentiert, sondern den großen Komödianten-Klassiker Karl Valentin. Der Höhepunkt des Abends wäre die Aufführung des gigantischen Monumental-Epos "Ritter Unkenstein" gewesen. In dem hätte Karl Valentin ein Mittelalter aufleben lassen, dass es so nicht gegeben hat. Für Leistner steht fest: "Es wäre ein Riesenspektakel geworden".

Aber auch sonst hätte er Neues gewagt. So wären seine Faust-Festspiele in diesem Jahr nicht mehr in Pegnitz, sondern in Pottenstein aufgeführt worden. Und seine Marktrodacher Werkbühne wäre in die Kreisstadt verlegt worden. Kronach deshalb, weil diese Stadt eine gute Atmosphäre für Kultur vermittle und somit für Theateraufführungen besser geeignet sei, erklärt Leistner. Er spricht von zwei attraktiven Standortangeboten für die Werkbühne. Die endgültige Entscheidung steht noch aus.

Corona ist wie bei vielen anderen Künstlern auch für Daniel Leistner mit finanziellen Einbußen verbunden. Bei den Soforthilfen-Programmen sei er bisher leer ausgegangen. Seinen Lebensunterhalt bestreite er derzeit aus den eigenen Rücklagen, sagt er.

Die Zeit gut nutzen

Dennoch versucht Leistner das Beste aus der Situation zu machen. Er spricht davon, dass er in der Corona-Zeit die Verlagerung der Werkbühne von Marktrodach nach Kronach gut vorbereiten könne. In Pottenstein werden derzeit das Festgelände und die Zufahrten für die künftigen Faust-Festspiele aufgewertet.

Nach über 30 Jahren macht Leistner immer noch mit Elan und Begeisterung Theater. "Es macht einfach großen Spaß." Er sei umgeben von lieben Menschen, die mit Freude und Disziplin ihre Rollen einstudieren beziehungsweise hinter den Kulissen tätig sind. Und was Ludwigsstadt betrifft: Alle Akteure seien traurig, dass in diesem Jahr keine Shakespearespiele stattfinden. Aber sie akzeptieren die Entscheidung.

Das macht auch die Tourismusbeauftragte Manja Hünlein, die von Anfang an jedes Jahr ihr schauspielerisches Talent auf der Bühne zeigte. "Die Absage der Shakespeare-Spiele ist notwendig und sinnvoll", sagt sie. Es gehe darum, das Infektionsrisiko zu minimieren. Sie ist ebenso wie Leistner überzeugt, dass bei einer Aufführung von Shakespeare sehr viel weniger Besucher als in den Jahren zuvor (rund 1800) in die Hermann-Söllner-Halle gekommen wären.

Ein Höhepunkt in Ludwigsstadt

Nichtsdestotrotz plant Leistner noch in diesem Jahr ein Treffen mit seinen Leuten beziehungsweise spricht er von einem Probeabend. Und er hofft, dass er im nächsten Jahr zusammen mit seinen Akteuren nicht nur mit seinen Shakespeare-Spielen, sondern auch mit seiner Werkbühne in Kronach und den Faustfestspielen in Pottenstein neu durchstarten kann. Denn nach wie vor möchte er das Privileg genießen, mit seinem Hobby auch seinen Lebensunterhalt bestreiten zu können.

Auch Bürgermeister Timo Ehrhardt bedauert die Absage der Shakespeare-Spiele. Er bezeichnet die Aufführungen mit als gesellschaftliche Höhepunkte der Stadt Ludwigsstadt. Aber: "Es geht um den Schutz der Bevölkerung und das zählt letzten Endes."