In Küps eine neue Heimat gefunden

4 Min
Für die Integrationsbeauftragte Ursula Eberle-Berlips (links) ist Ghania Alia ein Musterbeispiel an gelungene Integration. Mit im Bild: Sohn Ward, der nicht nur gerne Nudeln und Pommes ist, sondern teilweise auch den fränkischen Dialekt beherrscht. Veronika Schadeck
Für die Integrationsbeauftragte Ursula Eberle-Berlips (links) ist Ghania Alia ein Musterbeispiel an gelungene Integration. Mit im Bild: Sohn Ward, der nicht nur gerne Nudeln und Pommes ist, sondern teilweise auch den fränkischen Dialekt beherrscht.  Veronika Schadeck

Ghania Alia und ihr kleiner Sohn Ward flohen vor fünf Jahren vor dem Bürgerkrieg aus Syrien. Inzwischen fühlt sich hier zu Hause.

Küps Knapp fünf Jahre nach der Flucht aus Syrien hat es Ghania Alia geschafft. Die alleinerziehende Mutter arbeitet in der Schneckenloher Kindertagesstätte "Arche Noah", spricht fließend Deutsch und hat sich eine eigene Existenz aufgebaut. Und darauf ist nicht nur sie, sondern auch die Integrationsbeauftragte Ursula Eberle-Berlips und der Unterstützerkreis stolz.

Bei einem Gespräch erzählt die 35-Jährige von ihrer Flucht, ihren Ängsten und ihren Neustart in Küps. Dabei ist auch ihr sechsjähriger Sohn Ward, der mittlerweile nicht nur die deutsche Sprache, sondern auch den fränkischen Dialekt beherrscht.

Geboren wurde die junge Frau in Hama, ihr Lebensmittelpunkt vor der Flucht war jedoch die syrische Hauptstadt Damaskus. Vor dem Krieg sei es eine Stadt gewesen, in der man lachte, einkaufte, arbeitete, aß, feierte, betete und diskutierte. Tausende von Touristen reisten vor dem Krieg nach Syrien und besuchten auch Damaskus, erzählt die junge Frau. Als die Aufstände im Jahre 2011 begannen, haben viele gedacht, dass diese nur ein paar Wochen dauern würden und die Regierung auf die Forderungen nach Reformen eingehen würde. Stattdessen kam es zum Bürgerkrieg mit fatalen Folgen und vielen Opfern.

Der Tourismus und die Wirtschaft kamen zum Erliegen, viele Menschen lebten und leben in Armut. Die Angst vor Bomben und vor dem Tod wurde ständiger Begleiter. Tausende von Syrern machten sich auf die Flucht. Auch sie fasste im Herbst 2015 den Entschluss, ihre Heimat und einen Teil ihrer Familie zu verlassen. Vor allem ging es dabei auch um ihren damals wenige Monaten alten Sohn Ward, dem sie eine bessere Zukunft bieten wollte.

Zusammen mit einem Onkel machte Ghania Alia sich auf den Weg. Ihre Fluchtroute führte über den Libanon, Türkei, Griechenland, Österreich nach Deutschland und war oft von Strapazen geprägt. Dort war sie in Sammelunterkünften in Rosenheim, München und Bad Aibling untergebracht. Noch gut kann sich Ghania Alia daran erinnern, als es Anfang 2016 hieß, dass sie eine neue Bleibe in Küps habe. "Küps.... nie gehört, wo soll das sein?"

Als sie schließlich Anfang März 2016 mit ihrem Sohn in Küps am Bahnhof ankam, war ihre erste Station das "Hotel Hubertus" in Oberlangenstadt. Für sie war es ein Luxus, zum ersten Mal nach langer Zeit zusammen mit ihrem kleinen Sohn ein eigenes Zimmer mit einer eigenen Dusche zu haben.

Viel Unterstützung erfahren

Wenn sich Ghania Alia nun an ihre ersten Monate in Küps erinnert, dann spricht sie von Glück. Es sei sehr hilfreich gewesen, die englische Sprache zu beherrschen, meinte sie. So konnten manche sprachliche Barrieren beseitigt beziehungsweise minimiert werden. Ein Glück sei es aber auch gewesen, auf Menschen in Küps und Umgebung zu treffen, die sie in ihrer neuen Welt unterstützen. In diesem Zusammenhang erwähnt die junge Frau den Helferkreis mit Frieda Bauer, Ursula Eberle-Berlips, Yvonne Waurig-Schneider vom Jobcenter und ihre Vermieter, die Familie Mortzfeld.

Der Schlüssel zur Integration

Denn eines stand für Ghania Alia von Anfang an fest: "So schnell als möglich wollte ich Arbeit finden, ich wollte nicht von der Stütze leben!" Schnell war für sie auch klar, dass das Erlernen der deutschen Sprache ein wichtiger Schlüssel für die Integration ist. Sie paukte Vokabeln, oftmals mit ihrem Sohn, besuchte Integrationskurse. Sie nahm immer wieder Kontakt mit ihrer Ansprechpartnerin vom Jobcenter auf. "Du musst es wieder probieren", habe ihr Yvonne Waurig-Schneider Mut gemacht.

Mittlerweile hat die Grundschullehrerin eine kleine, gemütlich eingerichtete Wohnung, ein Auto und einen Job als Kinderpflegerin. Sie ist stolz, dass sie auf eigenen Beinen steht und für sich selbst und ihren Sohn sorgen kann. Sie hat Freundschaften geschlossen, sowohl mit Landsleuten als auch mit Küpsern.

"Deutschland und Küps haben mir eine Chance gegeben", sagt sie. Ghania Alia räumt aber auch ein, dass man - um in einem fremden Land Fuß fassen zu können - lernen und einen festen Willen dafür aufbringen muss.

Dass sie als Muslimin in einem christlichen Kindergarten arbeitet, stelle mittlerweile kein Problem mehr dar. Sie erinnert sich an das Vorstellungsgespräch. In diesem sei sie gefragt worden, wie sie die verschiedenen Konfessionen unter einen Hut bringen wolle. Sie habe geantwortet, dass es darauf ankomme, Werte und Gutes zu vermitteln und andere Menschen zu respektieren.

Eigentlich, so hält sie inne, habe sie immer nach Essen zu ihrem Bruder ziehen wollen, der schon vor dem Krieg in Deutschland als Chemiker arbeitete. Mittlerweile hat sie den Gedanken verworfen. Sie möchte nun, dass ihr Sohn in Küps aufwächst. Denn: "Ich fühle mich hier zu Hause!"

"Du kannst schon stolz auf dich sein", lobt Ursula Eberle-Berlips. Von Anfang an hat sich die Gemeinderätin und Integrationsbeauftragte zusammen mit weiteren Mitstreitern aus dem Unterstützerkreis um Flüchtlinge gekümmert. Sie hat auch im Hotel Hubertus, in dem Flüchtlinge aus Syrien, Iran und Irak untergebracht waren, Deutschkurse durchgeführt. Derzeit, so sagt sie, leben noch rund 85 Flüchtlinge (überwiegend Familien) in Küps, rund 50 davon im Hotel Hubertus.

Zieht Ursula Eberle-Berlips Resümee, so meint sie: "Ich würde es zu jeder Zeit wieder machen, aber anders". Sie würde mehr "Hilfe zur Selbsthilfe" leisten. Denn, je eher diese Menschen selbstständig werden, desto besser sei es. Auch stellt sie klar: "Wir sind keine professionelle Beratungsstelle!"

Alle lernten voneinander

Fakt sei aber auch, dass nicht nur die Flüchtlinge von den Helfern im Unterstützerkreis einiges gelernt haben, sondern auch sie. Zudem sind Freundschaften entstanden. Insgesamt, so sagt die Küpserin: "Meine Welt ist bunter geworden!"

Flüchtline im Landkreis Kronach

2015 Wie aus dem Landratsamt Kronach zu erfahren war, wurden während des Jahres 2015 rund 650 Flüchtlinge in den Notunterkünften wie Schulzentrum und Dreefs-Gebäude beherbergt. Rund 640 Personen lebten am Ende des Jahres in Asylbewerberunterkünften (Gemeinschafts- oder dezentrale Unterkünfte und Privatwohnungen).

2020 Derzeit befinden sich zwölf Flüchtlinge mit einer dauerhaften Aufenthaltserlaubnis im Landkreis. 312 haben ein befristetes Aufenthaltsrecht (Stand: 30. Juni 2020). Aktuell befinden sich rund 510 Personen mit einem Fluchthintergrund im Landkreis, davon befinden sich noch rund 30 Personen in einem laufenden Asylverfahren.