Haushalt auf Sparflamme

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Ist der Herd aus? Manche Leute müssen das ständig kontrollieren. Symbolfoto: imago
Ist der Herd aus? Manche Leute müssen das ständig kontrollieren. Symbolfoto: imago

Seit 1. Januar ist Deutschland Weltmeister. Mit rund 31 Cent für die Kilowattstunde ist der Strompreis hier so hoch wie nirgendwo sonst. Dem ist man nicht völlig hilflos ausgeliefert. Im Haushalt steckt enormes Sparpotenzial.

Man mag über die Energiewende denken wie man will. Zwei Punkte sind unbestritten: Der Umstieg auf "erneuerbare" Stromquellen hat die Preise für elektrische Energie in die Höhe schnellen lassen. Knapp 31 Cent kostet die Kilowattstunde, damit hat sich der Strompreis in 20 Jahren mehr als verdoppelt. Ein zweites, und das ist (vielleicht) die gute Seite der Entwicklung: Über den Strompreis und das Stromsparen wird (endlich) geredet.

Wohl jeder weiß aus dem Stegreif, wie viel Sprit sein Auto auf 100 Kilometer verbraucht, was der Liter Diesel oder Benzin aktuell kostet und an welcher Tankstelle an welchem Tag zu welcher Uhrzeit der Treibstoff am günstigsten zu haben ist.

Abschlagszahlungen steigen

Beim Stromverbrauch im eigenen Haus müssen/mussten aber die meisten wohl erst einmal länger nachdenken oder nachschlagen; spätestens jetzt bei der Jahresabrechnung für 2019 und den neuen und wahrscheinlich höheren monatlichen Abschlagszahlungen des Stromanbieters wird es vielen aber dämmern: Strom ist teuer.

Was tun? Gut, in zahlreichen Foren kann man seinem Unmut über die Energiewende freien Lauf lassen, was den Strom aber nicht günstiger macht. Man könnte auch wie der eine oder andere Aussteiger der Zivilisation ade sagen und im Wald auf kleiner Flamme stromlos vor sich hin hausen.

Naheliegender wäre der Wechsel zu einem günstigeren Stromanbieter oder einen anderen Tarif.

Bei Vergleichsportalen wie "Verivox" oder "Check 24" kann man sich schlau machen. Das ist aber gar nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick aussieht, warnt die Verbraucherzentrale. Aufgrund der unübersichtlichen Tarifstrukturen und unterschiedlicher Randfaktoren (Service, Kündigungsfristen etc.) lassen sich Strompreise nur bedingt vergleichen. Der Betrag pro Kilowattstunde alleine gibt nicht den Ausschlag.

Der einfachste Weg, der Strompreisfalle ein Stück weit zu entkommen, ist hausgemacht: Nicht nur in der Schwerindustrie, auch im eigenen Haushalt kann man mit relativ wenig Mühe relativ viel Strom sparen (analog zur Heizenergie), ohne dass man Verzicht üben muss.

Deutschland verschwendet Strom

Das Portal "Sonnenseite" von Franz Alt etwa hat jüngst eine Studie präsentiert, wonach in Deutschland 2019 Strom im Wert von neun Milliarden Euro verschwendet wurde - angefangen von der Festbeleuchtung im ganzen Haus bis zu Geräten, die rund um die Uhr unbenutzt in Betrieb sind oder permanent auf Standby laufen. "Sonnenseite" beziffert das Sparpotenzial pro Haushalt auf durchschnittlich 230 Euro pro Jahr.

Damit ist freilich die Preissteigerung der letzten Jahre nur zum Teil aufgefangen, und bei weiteren Aufschlägen ist bei den Sparmöglichkeiten irgendwann Ende Gelände, zumal sich auch nicht jeder im Land neue energiesparende Geräte leisten kann.

Vielleicht kann man, zumal in einem Haushalt mit nicht mehr ganz kleinen Kindern, so eine Art "Sport" daraus machen, Stromfresser zu identifizieren und Sparmöglichkeiten zu suchen.

Bei vielen Stromanbietern kann man sich Messgeräte leihen, die, zwischen Steckdose und Gerät angeschlossen, den Verbrauch der Waschmaschine oder der Kühltruhe ermitteln. Online findet man eine Fülle von mehr oder weniger präzisen Stromverbrauchsrechnern, die Spartipps geben, unter anderem hier: www.stromspiegel.de

Im Folgenden ein kurzer und alles andere als vollständiger Überblick über die gängigsten Stromfallen im Haushalt: Elektronik Viele moderne Geräte, die mit einer (Zeitschalt-) Uhr versehen sind, laufen auch unbenutzt im Dauerbetrieb und verbrauchen Strom - Fernseher, DVD-Spieler und ähnliches. Zumindest bei längerer Nutzungspause sollte man die Geräte vom Netz trennen. Der Standby-Betrieb vieler Geräte geht übers Jahr auch ins Geld. Einfache Gegenmaßnahme: eine abschaltbare Steckdosenleiste. Küche "Im vorgeheizten Ofen backen ..." Jeder kennt diesen Satz aus Koch- und Backrezepten, der zur Energievergeudung animiert. Moderne Elektroöfen werden so schnell heiß, zumal bei Umluft-Einstellung, dass man sich das Vorheizen sparen kann. Extra sparen kann man mit dem Nachheizen: Eine Backröhre bleibt eine Zeitlang heiß, man kann also schon vor Ende der Garzeit abschalten. Waschen Enormes Sparpotenzial steckt auch in der schmutzigen Wäsche. Viele Waschmaschinen haben Sparprogramme, die mit weniger Wasser und Strom auskommen. Wichtig ist, die Waschtrommel immer ganz zu füllen, also auch mal ein paar Tage Wäsche zu "sammeln", weil zwei halbe Wäschen weit mehr Strom verbrauchen als eine ganze. Was kaum jemand weiß: Kochwäsche braucht bei modernen Maschinen und Textilien keine 90 Grad, sondern kommt mit 60 Grad aus. Heizung Das Heizen mit Strom, früher (und inzwischen ab und an wieder) propagiert (Nachtspeicherheizung), ist die teuerste Art, die Bude warm zu bringen. Bei den aktuellen Strompreisen erstrecht. Aber auch eine konventionelle Heizung braucht Strom, und zwar nicht zu knapp. Herkömmliche Umwälzpumpen, die pausenlos laufen, brauchen in einem Einfamilienhaus für 100 Euro Strom im Jahr. Die Nachrüstung auf eine moderne Pumpe (300 Euro inkl. Montage, dafür gibt es Zuschüsse) spart richtig Geld, etwa 80 Euro, so dass sich die Investitionin schnell bezahlt macht. Licht Keiner will im Dunkeln sitzen, in dieser Jahreszeit schon gar nicht. Aber muss es die Festbeleuchtung im ganzen Haus und im Hof sein, wenn man nur in einem Zimmer sitzt? Gut geplante Beleuchtung schafft nicht nur Behaglichkeit und Sicherheit, sie schont den Geldbeutel. Die inzwischen weit verbreiteten (weil billigen) LEDs mit ihrem grell weißen Licht sind nicht jedermanns Sache; nach neuen Studien sind sie auch nicht gut fürs Auge bei Dauerbestrahlung. Leuchtstoffröhren sind eine Alternative, ansonsten vor allem: Licht nur da und nur dann, wo und wann es wirklich gebraucht wird. Kleine pfiffige Helferlein: Zeitschaltuhr (schon für unter 10 Euro zu haben) oder Bewegungsmelder.

Erfahrungsbericht von FT-Redakteurin Sandra Hackenberg: Meine WG spart Strom: Ein Experiment, das zum Scheitern verurteilt ist

Was macht eine Neun-Personen-Wohngemeinschaft, bei der jeder Mitbewohner monatlich eine All-Inclusive-Miete an den Vermieter abdrückt? Richtig: Sie lässt es stromtechnisch so richtig krachen.

Fernseher in jedem Zimmer, die 24 Stunden am Tag auf standby laufen. Die Handyladekabel, die - immer bereit zum Aufladen - serienmäßig mit den Steckdosen verschmolzen zu sein scheinen. Und natürlich die Laptops, die - trotz eingebauten Akku - dauerhaft mit einer Stromquelle verbunden sein müssen. Es könnte ja sein, dass der Kraftspeicher urplötzlich den Geist aufgibt. Dann wäre da noch die Dauerbeleuchtung, die auch nachts unseren Flur erhellt. Undenkbar, wenn jemand zu später Stunde auf die Toilette müsste, den Lichtschalter nicht findet und sich in der Dunkelheit den kleinen Zeh stößt.

Zugegeben: Meine WG ist ein Paradebeispiel für Stromverschwendung. Doch wer jetzt schimpft, bei uns gehe es ja zu wie in einem hell erleuchteten Fußballstadion, dem soll gesagt sein: An vielem ist auch unser - hoch geschätzter - Vermieter schuld. Seit Monaten weisen wir ihn darauf hin, dass der Bewegungsmelder im Flur falsch eingestellt ist und das Licht darum dauerhaft brennt. Auch unserem lang gehegten Wunsch nach einem Geschirrspüler ist der gute Mann bislang nicht nachgekommen. Also spült jeder sein Geschirr einzeln in der Spüle - inklusive Warteschlange am Waschbecken und eklatantem Energieverbrauch.

Aber es stimmt schon: Auch wir können etwas an unserem Verhalten ändern. Dass Waschmaschine und Trockner in einem Neun-Personen-Haushalt gefühlt den ganzen Tag im Dauerbetrieb laufen, liegt in der Natur der Sache. Damit aber nicht jeder einzeln die Waschtrommel für seine fünf Paar Strümpfe und drei Pullis anschmeißt, haben wir angefangen, unsere Kleidung gemeinsam zu waschen. Nach etwa zwei Wochen erklärten wir das Experiment jedoch für gescheitert, nachdem wir regelmäßig unsere Unterwäsche oder die zweite Socke im Wäschekorb der anderen zusammen suchen mussten.

Der nächste Versuch bestand darin, die fingerdicke Eisschicht in den Gefrierfächern unserer vier (!) Kühlschränke abzutauen. Das erweist sich jedoch als schwierig, wenn diese stets randvoll mit diverser Tiefkühlkost sind. Zumindest legen wir nun alle drei Monate gemeinsam einen Termin zum Abtauen fest - schon an sich ein schwieriges Unterfangen.

Auch wenn manches Experiment gescheitert ist: Wir haben gelernt, dass eine Strom-Flatrate nicht bedeutet, dass Strom sinnlos verschwendet werden muss. Seitdem achtet jeder ein bisschen mehr darauf, welche Geräte wirklich dauerhaft laufen müssen und welche nicht - oder versucht es zumindest...