Iphofen
Grabungsstätte

Erstaunlicher Archäologie-Fund in Franken: Abgesägte Geweihe und Formen deuten auf besonderen Ort hin

Archäologen ist in Unterfranken eine fulminante Entdeckung geglückt. Bei einer Grabung stießen sie unter anderem auf Gussformen und abgesägte Geweihe. Die Fundstücke weisen auf einen ganz besonderen Ort hin.
  • Iphofen: Grabung im Kreis Kitzingen bringt gleich mehrere bedeutsame Funde zum Vorschein
  • "Ist sicher etwas Exzeptionelles": Archäologe sieht Hinweise auf gehobenes Handwerk
  • Frühmittelalterliche Öfen und Metallfragmente deuten auf Guss- und Schmiedeplatz hin
  • "Befund eindeutig": Im Dornheimer Grund entdecktes Skelett sorgt für große Überraschung

Im Zuge ihrer Grabungen haben Archäologen im Landkreis Kitzingen eine alles andere als alltägliche Entdeckung gemacht: Ein Forscherteam der Friedrich-Schiller-Universität Jena und Kräfte vor Ort stießen südöstlich von Iphofen auf Spuren einer Siedlung aus der Merowingerzeit. "Interessant sind wirklich viele Dinge", betont Projektkoordinator Michael Marchert im Gespräch mit inFranken.de. Insbesondere die zutage geförderten Überreste eines historischen Handwerker-Areals faszinieren den Experten spürbar nachhaltig.

Grabung im Dornheimer Grund ergibt Hinweise auf gehobenes Handwerk - Fundgut ergiebig

Der Begriff Merowingerzeit umfasst eine archäologische Periode der Frühgeschichte Mitteleuropas. Ab dem 6. Jahrhundert fingen die fränkischen Könige aus dem Geschlecht der Merowinger mit der Kolonialisierung des heutigen Frankens an. Zum Schluss der Völkerwanderungszeit konnte der Merowinger-König Chlodwig I. die einzelnen fränkischen Herrschaftsgebiete in einem großen Reich vereinen. Er wurde damit 482 zum Alleinherrscher und König aller Franken. Gleichzeitig setzte der Siegeszug des Christentums in der Region ein. 

Auf der Grabungsstätte im sogenannten Dornheimer Grund deuten unter anderem drei frühmittelalterliche Grubenhäuser darauf hin, dass sich bereits ab der Zeit um 600 vor Ort unterschiedliche Handwerksleute niedergelassen haben. "Wir haben Hinweise auf mannigfache Handwerksbereiche", sagt Marchert. "Das ist tatsächlich sehr, sehr spannend." Neben abgesägten Geweihen, die ein Indiz für sogenanntes Beinhandwerk seien, gebe es Anhaltspunkte für "viele verschiedene Handwerke"

"Im letzten Jahr haben wir Hinweise auf Metallverarbeitung entdeckt." Unter anderem seien Edelmetallreste im Bereich der Metallverarbeitungsöfen nachgewiesen worden. "Das ist sehr beachtlich", hält der wissenschaftliche Mitarbeiter am Lehrstuhl für Ur- und Frühgeschichte der Uni Jena fest. "Wir müssen fragen: Haben wir es hier teils mit gehobenem Handwerk zu tun?" Laut Schilderung des Experten war dies in der Merowingerzeit in ländlichen Gefilden vergleichsweise selten. "Von daher ist dies sicher etwas Exzeptionelles", betont der Archäologe. "Es gibt Hinweise auf ein entsprechendes Handwerker-Areal, das wir hier vorliegen haben." Das Fundgut ist diesbezüglich ergiebig.

"Befund eindeutig": Entdecktes Skelett sorgt bei Archäologen für Überraschung

Zwei frühmittelalterliche Öfen und zahlreiche Metallfragmente lassen auf die einstige Existenz eines Guss- und Schmiedeplatzes vor Ort schließen. Die Entdeckung von Werkzeugen lässt sich in Zusammenhang mit entsprechenden Schmiedearbeiten bringen. Die Ausgrabungen im Dornheimer Grund laufen bereits seit 2018.

Die ersten Untersuchungen fanden sogar schon im Jahr 2012 statt. Die einzelnen archäologischen Grabungskampagnen werden gleichwohl noch immer fortgesetzt. Für eine Überraschung sorgte zuletzt das Auffinden eines Skeletts.

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Bei diesem nahmen die Forscher zunächst an, dass es tierischen Ursprungs sei. Doch anstelle der vermuteten Knochen eines Marders oder eines anderen Nagetiers entpuppten sich die Überbleibsel als das Skelett eines menschlichen Babys. "Der anthropologische Befund ist eindeutig. Der Säugling war erst wenige Wochen alt", berichtet der Archäologe. Das Ungewöhnliche: "Er wurde nicht rituell begraben, also nicht bestattet." Das Babyskelett wurde demnach in einem Graben aufgefunden. Wann der Säugling gestorben ist, ist indes unbekannt - liegt aber auf jeden Fall lange zurück. "Die jetzige Frage, die sich uns stellt: War es vor oder nach Christus?"

Der Archäologe erläutert indessen, was das Areal im Dornheimer Grund so besonders macht. Für das Forscherteam ist demnach vor allem die frei liegende Fläche des Flurstücks von großer Bedeutung. Das Areal in Unterfranken biete ideale Voraussetzungen für die Untersuchung von Siedlungen. "Dass er nicht überbaut ist, ist eine der Tatsachen, die den Fundplatz so spannend machen", sagt Marchert. Einen Mehrwert stelle auch die mögliche zeitliche Eingrenzung der Siedlungsarbeiten in der Merowingerzeit. Die entsprechenden Fundstücke stammen aus dem 6. bis 8. Jahrhundert. "Das ist ein wichtiger Fakt." Derartige Ergebnisse seien bislang rar. 

Noch 2023 neue größere Fläche im Visier - Tag der offenen Grabung für Öffentlichkeit geplant

Interessierte konnten sich in der Vergangenheit derweil selbst einen Eindruck über einzelne Fundstücke der Grabungsstätte verschaffen. Die Sonderausstellung "Als Franken fränkisch wurde" zeigte in der Vergangenheit bereits ausgewählte Entdeckungen und Ergebnisse der Grabungen zwischen Hellmitzheim und Dornheim. Zum Tag des offenen Denkmals wurde der Öffentlichkeit zudem in den vergangenen beiden Jahren auf dem Gelände Einblicke in die Arbeit der Archäologen gewährt.

"Auch dieses Jahr planen wir einen Tag der offenen Grabung", kündigt Projektkoordinator Michael Marchert an. Der genaue Termin steht gleichwohl noch nicht fest. 2023 soll ferner eine weitere Grabungsphase stattfinden. "Die diesjährige Kampagne umfasst eine größere Fläche von etwa 150 Quadratmetern", erklärt der Experte. 

In Bamberg finden derweil gegenwärtig archäologische Ausgrabungen statt, deren Ergebnisse sogar die Fachleute überraschen. Auch in Nürnberg freut man sich über einen "archäologischen Sensationsfund". Dieser wurde bei Bauarbeiten am Gebäude der Industrie- und Handelskammer gemacht. In Würzburg wurde unterdessen ein Areal nach mehr als 150 Jahren erstmals der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.

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Vorschaubild: © Michael Marchert