Grünen-Chef Cem Özdemir im Steigerwald: Hier schlägt das grüne Herz

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Grün, so weit das Auge reicht: Benedikt Schmitt (links) führt Cem Özdemir durch den Steigerwald; rechts Georg Sperber. Fotos: Günter Flegel
Grün, so weit das Auge reicht: Benedikt Schmitt (links) führt Cem Özdemir durch den Steigerwald; rechts Georg Sperber. Fotos: Günter Flegel
Schwarz-grüne Einflüsterungen: Günther Denzler versorgt Cem Özdemir mit Hintergrundinformationen zum Naturschutz auf bayerische Art.
Schwarz-grüne Einflüsterungen: Günther Denzler versorgt Cem Özdemir mit Hintergrundinformationen zum Naturschutz auf bayerische Art.
 
Anschauungsmaterial: Georg Sperber zeigt auf einer Landkarte, wo der Freistaat einst den Steigerwald mit Fichten aufforsten wollte.
Anschauungsmaterial: Georg Sperber zeigt auf einer Landkarte, wo der Freistaat einst den Steigerwald mit Fichten aufforsten wollte.
 

Der Grünen-Chef Cem Özdemir nutzte seine Tour durch Franken für einen Nicht-Wahlkampfauftritt im Steigerwald.

Mit dem Nationalpark geht es den Grünen ein wenig so wie mit vielen Themen, auf die die Öko-Partei einst ein Quasi-Monopol hatte. Auch die Roten und die Schwarzen geben sich gerne grün. Trotzdem hatte sich der Bundesvorsitzende der Grünen am Mittwoch den Steigerwald als Ort und den Naturschutz als Hauptthema für einen Wahlkampfauftritt ausgesucht, der aus dem Rahmen fiel.

Am Rande des Großparkplatzes für den Baumwipfelpfad versammelte sich eine große Koalition für den Steigerwald: Özdemir und die Vertreter der Grünen Haßberge und Bamberg, der Ebracher Bürgermeister Max-Dieter Schneider (SPD) und der Bezirkstagspräsident und früherer Bamberger Landrat Günther Denzler (CSU). Sie alle eint ein Ziel: Sie wollen, dass der Steigerwald zum Nationalpark und Weltnaturerbe wird.


Verbündete gesucht

Für die CSU in Gestalt von Horst Seehofer ist das ein Tabu, nicht aber für die CSU in Gestalt von Benedikt Schmitt. Seit 14 Jahren CSU-Mitglied, stellt sich der Geusfelder gegen die Parteilinie und kämpft in einem eigenen Verein für den Nationalpark. Dafür würde er sich vielleicht nicht gerade mit dem Teufel verbinden, mit den Grünen aber schon, zumal es Özdemirs Wahlkampftour zwischen Würzburg und Ansbach erlaubte, einen Zwischenstopp im Steigerwald einzulegen. "Deswegen bin ich aber kein Wahlkampfhelfer für die Grünen", sagte Schmitt.

Özdemir freilich genoss den Auftritt vor vielen Bäumen und nur einer Handvoll Zaungäste und Journalisten. "Ich sitze so viel im Auge und bei Tagungen, da tut es gut, einmal in der freien Natur zu sein." Der Grünen-Chef schaltete nur bei den Interviews am Rande des Steigerwald-Besuchs kurz in den Wahlkampfmodus - dann auf Hochdeutsch - genoss aber ansonsten hemdsärmlig den Spaziergang unter alten Bäumen und hörte vornehmlich zu, warf nur hin und wieder ein paar Nettigkeiten auf Schwäbisch ein.


Anschauungsmaterial

Schmitt, Denzler und der frühere Leiter des Forstbetriebs Ebrach, Georg Sperber, versuchten dem Gast aus der Bundespolitik in der Kürze der Zeit die Besonderheiten des Steigerwaldes nahe zu bringen, seinen ökologischen Wert und die Bedrohung durch die Staatsforsten. Am Parkplatz des Baumpfades fanden sie Anschauungsmaterial: Stämme alter Bäume, vom Forstbetrieb gefällt, um Gefahren für die Besucher zu beseitigen. "Hier wurden zehn Millionen Euro investiert", sagte Sperber mit Blick auf den Baumwipfelpfad und das Steigerwaldzentrum in Handthal. "Das sind doch reine Nationalpark-Verhinderungs-Einrichtungen."

Am Vormittag wollte Cem Özdemir Pater Anselm Grün in Münsterschwarzach besuchen, der aber kurzfristig absagen musste. So reiste der "anatolische Schwabe" (Selbstporträt) am Nachmittag auf dem Weg zu einer Abendveranstaltung in Ansbach ohne geistlichen Beistand in einen Hotspot der aktuellen Diskussion um den dritten Nationalpark (NP3) in Bayern.


Die Diskussion geht weiter

Obwohl CSU-Chef Horst Seehofer und die Staatsregierung insgesamt den Steigerwald bei der Suche nach dem NP3 ausgeklammert haben, hat sich dir dort seit Jahren schwelende Diskussion nicht beruhigt. Naturschützer fordern den Schutz der Buchenwälder; die Gegner, die sich ebenfalls in einem Verein ("Unser Steigerwald") organisiert haben, halten dagegen.

Pikant dabei: Der Vorsitzende des Steigerwald-Vereins sitzt am Kabinettstisch in München, es ist Innenstaatssekretär Gerhard Eck aus dem Kreis Schweinfurt. Eck. Der ist zum Vorbild in anderen Regionen geworden: Auch im Spessart, in der Rhön und in den Donau-Auen muss Seehofer die erbittertsten Gegner seiner Nationalpark-Pläne in den eigenen Reihen suchen.

Umgekehrt ist ein Bundespolitiker nicht der Verbündete erster Wahl für Nationalpark-Freunde. Naturschutz ist Ländersache. Immerhin war Özdemir am Mittwoch in guter Gesellschaft. 2008 war schon mal ein prominenter Bundespolitiker im Steigerwald, Sigmar Gabriel, SPD, damals Umweltminister. Er sagte voraus, dass es für einen Nationalpark langen Atem braucht. Özdemir kann das neun Jahre später sicher bestätigen.