Das ist Liebe!

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Seit 60 Jahren verheiratet: das Ehepaar Alfons und Lioba Baum aus Kirchlauter (Landkreis Haßberge) Foto: Matthias Hoch
Seit 60 Jahren verheiratet: das Ehepaar Alfons und Lioba Baum aus Kirchlauter (Landkreis Haßberge) Foto: Matthias Hoch
Ehepaar Baum Foto: Matthias Hoch
Ehepaar Baum Foto: Matthias Hoch
 
Familie Lorber Foto: Matthias Hoch
Familie Lorber Foto: Matthias Hoch
 
Andy und Heike Heller Foto: Jörg-Florian Schille
Andy und Heike Heller  Foto: Jörg-Florian Schille
 
 
Psychologe Claus-Christian Carbon Foto: privat
Psychologe Claus-Christian Carbon Foto: privat
 
Bestattungsfachfrau Helena König Foto: Fa. Burger
Bestattungsfachfrau Helena König Foto: Fa. Burger
 
Scheidungsanwälte: Corinna Hoffmann und ihr Mann Christoph Brandt Foto: Ronald Rinklef
Scheidungsanwälte: Corinna Hoffmann und ihr Mann Christoph Brandt Foto: Ronald Rinklef
 

Sie hat viele Gesichter, endet oft schmerzlich und hält manchmal ewig. Sieben Geschichten - mal romantisch, mal bitter - über die schönste und wichtigste Sache der Welt.

Liebe ist ... ein Küsschen nach 60 Jahren Ehe

Sie sind einander vertraut. Und das schon ein ganzes Leben lang. Alfons und Lioba Baum kennen sich von klein auf. Beide stammen aus Kirchlauter (Landkreis Haßberge), dort leben sie noch heute. Seit der zweiten Hälfte der 1930er Jahre, in der sie geboren wurden, ist viel passiert. Das Wichtigste: Die Liebe kam. Beide vertrauten einander, ließen sich trauen. Das war 1959. Am vergangenen Mittwoch feierte das Paar diamantene Hochzeit. Mit ihm freuten sich eine Tochter, zwei Söhne und zwei Enkel.

Was ihre lange Ehe ausmacht? "Gegenseitiges Vertrauen ist wichtig", sagt die 82-Jährige. "Unser gemeinsamer Glaube an Gott", ergänzt ihr ein Jahr älterer Ehemann. Eine Lebenseinstellung. "Wie heißt es so schön: Bis dass der Tod Euch scheidet, in guten wie in schlechten Zeiten. Daran haben wir uns gehalten", erzählt Lioba Baum.

Sechs Jahrzehnte Ehe - ein Marathon. Zunächst sei man verliebt, dann einfach zusammen, und nach und nach entstehe eine Partnerschaft, bei der man sich aufeinander verlassen könne, egal, was komme. "Gestritten haben wir auch", berichtet die Jubilarin. "Aber da sage ich immer: So wird die Liebe wieder aufgefrischt." Einen Tipp für jüngere Paare hat Lioba Baum auch parat: "Man muss viel sprechen miteinander, das ist wichtig." Und danach wird die Liebe aufgefrischt. Diesmal mit einem Küsschen.

Liebe ist ... ein digitales Märchen

Frühjahr 2008: Nicole Schmid war glücklicher Single. Aber auch neugierig. Also meldete sie sich in einem Onlineportal an. "Ich wollte meinen Horizont erweitern und mich mit neuen Leuten austauschen." Zum selben Zeitpunkt stieg auch Klaus Lorber, Neu-Single, in die Partnerbörse ein. "Erstmal gucken", wollte er, "aber mich schon auch treffen."

Nachdem Nicole ihn zu einem Spaßmatch eingeladen hatte, fanden die beiden einander sympathisch und begannen, sich regelmäßig zu schreiben. Witzig finden sie noch heute, dass sie in den unendlichen Weiten des Internets aufeinander getroffen sind - er wohnte in Bamberg, sie acht Kilometer entfernt im Landkreis.

Das erste Telefonat? "War total zäh", berichtet Klaus. Und Nicole sagte nur "hm" zu seinem Vorschlag, gemeinsam ins Kino zu gehen. "Ich fand seine Telefonstimme nicht so doll." Wenig prickelnd war denn auch das erste Date. Trotzdem blieben sie in Kontakt und erzählten sich von anderen Bekanntschaften aus dem Internet, wollten die Meinung des anderen hören. Irgendwann trafen sie sich dann doch nochmal. Und nochmal. Und dann funkte es im Kino-Kuschel-Doppelsitz. Kuss und Happy End.

Im Mai 2009 wurde Söhnchen Julius geboren, im November feierten seine Eltern eine im wahrsten Sinne des Wortes märchenhafte Hochzeit. Weil Klaus den Film "Drei Nüsse für Aschenbrödel" liebt, überraschte seine Braut ihn - womit wohl? Richtig, mit drei Nüssen. Total romantisch verpackte Nicole darin ihre Geschenke. Sie kam unerwartet im Brautkleid (statt Hosenanzug) zur Trauung angebraust, nahm entgegen vorheriger Willensbekundung doch Klaus' Nachnamen Lorber an und lud ihn zur Hochzeitsreise nach Schloss Moritzburg ein, dem Drehort des Aschenbrödel-Films. Dorthin reisen sie immer wieder mal, mittlerweile zu viert: 2014 wurde Benjamin geboren.

Und so leben sie heute mit Kindern und Tieren in ihrem Häuschen und kramen manchmal ihre Internet-Profile und die Mails von damals hervor. Und raten jedem, der auf Partnersuche ist, es auch online zu probieren.

Liebe ist ... tierisch teuer

Als Andy und Heike Heller ihre spanische Mischlingshündin aus dem Kronacher Tierheim holten, hatten sie schon von "Leishmaniose" gehört und Camilla auf diese für Vierbeiner aus dem Mittelmeerraum typische Infektionskrankheit testen lassen. Ergebnis: Hund gesund. Doch das war eine Fehleinschätzung.

Schon ein Vierteljahr später bekam Camilla hohes Fieber, das mit normalen Medikamenten nicht zu behandeln war. Eine Odyssee zu Tierärzten und -kliniken begann und dauert an. "Camilla hat ständig was anderes", berichtet Andy Heller. "Ausschläge, offene Füße, ein Stück vom Ohr musste abgeschnitten werden. Gerade wurde ihr linkes Handwurzelgelenk versteift. Wir könnten ein Buch mit ihren Krankheiten füllen." In diese "wahnsinnig aufwendigen Operationen und ellenteuren Medikamente" sei ein Betrag geflossen, den "ein richtig schöner gebrauchter Mittelklassewagen kosten würde. 100 Euro sind da gar nix, das geht oft gleich über tausend."

Freunde schütteln den Kopf und fragen, warum Hellers den Hund nicht einschläfern lassen. "Aber Camilla geht es ja nach jeder überstandenen Krankheit und Operation wieder gut. Deshalb war Einschläfern nie eine Option", sagt das Herrchen.

Er und seine zweite Frau Heike haben sich erst mit über 40 Jahren kennengelernt, da sei es zu spät gewesen für Kinder. "Deshalb sind Camilla und unser zweiter Hund unsere Kinder. Für sie machen wir alles." Dazu gehört auch die finanzielle Belastung. Für die Behandlung von Camilla haben Hellers bereits ihre Ersparnisse aufgebraucht. Aber aufgeben gilt nicht. Liebe ist ... eben auch tierisch.

Liebe ist ... Zuhören in der Not

"Ich will nicht mehr. Ich nehme mir das Leben." Wenn Susanne Röhner solche Sätze hört, umfasst sie den Hörer etwas fester, lauscht hoch konzentriert auf die verzweifelten Worte und redet beruhigend auf den Fremden am anderen Ende der Leitung ein. Das gehört nicht nur zu ihrer Aufgabe als Chefin der Bamberger Telefonseelsorge - das entspringt ihrem Selbstverständnis von Nächstenliebe. In der Bibel heißt es bei Matthäus 5,46: "Wenn ihr nämlich nur die liebt, die euch lieben, welchen Lohn könnt ihr dafür erwarten? Tun das nicht auch die Zöllner?"

Susanne Röhner und ihr Team wissen, dass sie keinen "Lohn" erwarten können. Aber ihre Absicht, anderen in einer akuten Krisensituation beizustehen, ist ihnen Dank genug. "Wir haben die am Ohr, die nicht mehr können", sagt die Diplom-Theologin mit therapeutischer Zusatzausbildung. Weil sie psychisch krank sind, in einer Beziehungskrise stecken, mit ihrer Familie streiten. Viele äußern Selbstmordgedanken.

"Das Spannende an unserer Arbeit ist, dass man dasitzt und nicht weiß, was der nächste Anruf bringt", sagt Röhner. Sie leitet die Telefonseelsorge seit 15 Jahren und übernimmt einmal im Monat eine Nachtschicht. "Die Hauptarbeit erbringen unsere Ehrenamtlichen." Drei Schichten am Tag à vier und die Nacht mit zwölf Stunden teilen sich 80 Frauen und Männer aller Alters- und Berufsgruppen, die sich zuvor in einem Kurs über zehn Monate für ihren Einsatz qualifiziert haben.

"Die meisten bleiben zehn Jahre dabei", sagt Susanne Röhner. "Manche brechen aber schon die Ausbildung ab, weil sie feststellen, dass ihnen der Einblick in fremde Seelen zu viel ist."

Liebe ist ... niemals ein Krankmacher

Das mit der Liebe ist so eine Sache: Sie kann gleichermaßen beflügeln wie zutiefst schmerzen. Claus-Christian Carbon, Professor für Psychologie an der Uni Bamberg, erklärt die Zusammenhänge.

Wie kommt der Mensch eigentlich zur Liebe?

Claus-Christian Carbon: Menschen wollen geliebt werden. Liebe ist ein ultimativer Wert, den man nicht erkaufen kann. Man erhält Liebe, weil man selbst liebt, aber dieses Verhältnis ist eben nicht wie das in einer Geschäftsbeziehung. Man bekommt nicht automatisch Liebe, vielleicht nie, man muss selbst viel geben und kann sich ihrer dennoch nicht sicher sein. Sie ist ein Geschenk. Aber sie ist eben bedingungslos.

Warum verzweifeln Menschen bei unerwiderter Liebe?

Wenn Liebe ausbleibt, schmerzt sie. Und so wundert es nicht, dass sich Menschen "aufopfern" für andere, die sie lieben, dass sie rasend vor Wut werden, wenn sie die Liebe verlieren.

Und wann wird die Liebe krankhaft?

Die krankhafte Liebe ist nur auf den ersten Blick Liebe. In Wahrheit versteckt sich hinter ihr eine andere, dunkle Gestalt. Mal ist es ein pathologischer Narzissmus, mal der krankhaft Liebende, der als eifersüchtiger Partner, als Stalker oder als Abgewiesener auftritt. Liebe kann nicht einseitig eingefordert werden. Sie beruht auf Gegenseitigkeit, auf Akzeptanz und auf Respekt, auf echtem Vertrauen. Liebe macht nicht krank. Wenn sie nicht glücklich macht, scheint etwas an der Konfiguration nicht zu stimmen. Spätestens hier muss man also nachdenken, ob es sich wirklich noch um Liebe handelt, oder ob man einem Trugbild aufgesessen ist.

Hat Liebe etwas mit Selbstliebe zu tun?

Ja. Die wichtigste Voraussetzung, um andere lieben zu können ist, sich selbst anzunehmen, sich zu lieben. Wer sich nicht selbst akzeptiert und wertschätzt, wird kaum über die langfristige Energie verfügen, um anderen viel zu geben oder Liebe zu erfahren.

Liebe ist ... ein Funkeln nach dem Tod

Einen Teil der Asche des geliebten Verstorben in einen Diamanten pressen zu lassen - das ist zwar nicht ganz billig, sei aber hin und wieder von Hinterbliebenen gewünscht, berichtet Helena König, Bestattungsfachkraft bei der Firma Bestattungen Burger in Fürth, und zeigt einen solchen Edelstein. "Wir haben fünf bis acht Mal im Jahr so eine Diamantbestattung", sagt König. Nach der Einäscherung wird die Asche in die Schweiz geschickt, nur dort sei so eine Form der Bestattung möglich, erklärt die Bestattungsfachfrau. Bis dann ein fertiger Diamant zurückkomme, dauere es einige Monate.

In der Zwischenzeit wird nach einem patentierten Verfahren der Kohlenstoff in der Asche unter einem extrem hohen Druck von bis zu 60 000 bar und einer Temperatur von 2500 Grad im Reaktor zu Graphit umgewandelt, gereinigt und zu einem Diamanten gezüchtet. Eigens konstruierte Maschinen erzeugen den enormen Druck nur auf einer sehr kleinen Fläche. Ein Diamant mit einem Karat Gewicht hat einen Durchmesser von etwa sechs Millimetern. Die Temperatur ist dabei auf diesen Bereich beschränkt, sonst würde die ganze Maschine dahinschmelzen.

Abschließend wird der Diamant von Hand geschliffen und schimmert später weiß oder bläulich an einer Kette um den Hals oder in einer Fassung am Finger des Hinterbliebenen. Manchmal befindet sich die letzte Ruhestätte einfach nur im Familien-Safe. Das Symbol der Liebe über den Tod hinaus gehe bei 0,3 Karat los, berichtet König. Dieser kleinste Stein koste rund 4000 Euro. Wer es hochkarätiger mag, zahlt schnell einen fünfstelligen Betrag.

Liebe ist ... irgendwann zu Ende

Dass die Sache mit der Liebe gründlich schiefgehen kann, erleben Corinna Hoffmann und ihr Mann Christoph Brandt jeden Tag. Dann sitzen im Büro der beiden Bamberger Fachanwälte für Familienrecht - glücklich miteinander verheiratet - die unterschiedlichsten Paare. Manche waren über Jahrzehnte zusammen, andere wollen nach wenigen Monaten die Scheidung.

Hoffmann und Brandt bezeichnen drei Zeitpunkte als charakteristisch für Trennung und Scheidung: Wenn die Kinder noch sehr klein oder im Teenageralter sind und dann noch einmal, wenn sie das Elternhaus verlassen. Die Anwältin meint, dass Menschen mit einer langen und tiefen Bindung - "Freundschafts-Lieben" - einander eher Freiraum geben und beispielsweise ein Seitensprung nicht gleich ein Trennungsgrund sein muss. "Wenn Paare sehr lange zusammen waren und irgendwann feststellen, dass sie sich auseinandergelebt haben, gehen sie freundschaftlich miteinander um", stellt Hoffmann fest. "Dann läuft auch die Scheidung eher einvernehmlich und schnell ab."

Andere Erfahrungen hat sie mit Paaren gemacht, deren Beziehung auf einer "großen Liebe" basieren. "Das hält oft nicht so lang und endet im heftigen Streit." Das mag daran liegen, dass manche Menschen zu hohe Erwartungen an die Liebe und den Partner hätten. "Wenn das nicht erfüllt wird, geht die Beziehung schneller auseinander als bei langjährigen Paaren."

So oder so: "Das Ende einer Liebe ist nie schön", sagt Hoffmann. Deshalb bemühe sie sich, "hinter das Juristische zu schauen" und zu hinterfragen, was in der Beziehung passiert ist, psychologische und persönliche Befindlichkeiten zu erfassen. "Wenn man das auflösen kann, wirkt es sich oft positiv auf den Scheidungsverlauf aus."

Und was tut das Anwalts-Ehepaar, dass es bei ihm nicht schiefläuft? "Wir sind eher darauf bedacht, bestimmte Fehler nicht zu machen, die man im Berufsalltag mitbekommt. Wir sind dem anderen gegenüber tolerant."