In unserem Fall geht es nur ums Abnehmen. Und so fühlt sich das an...
Am Anfang stand die junge Kollegin. Man erzählt sich beim Kaffee dies und das, etwa das Neueste aus dem Ernährungskurs. Darauf sie: "Meine Mutter hat Hypnose gemacht - und das hat gut funktioniert. Sie hält ihr Gewicht bis heute." Interessant! Der Ernährungskurs ist längst vorbei, die Fakten zwar abgespeichert, aber das mit dem Gewichthalten, das war einmal. Die Leidenszeit hat wieder begonnen, abends ärgert man sich, dass man das zweite Wurstbrot verdrückt hat und nun auch bei den Erdnüssen nicht mehr aufhören kann. Der Anzeiger auf der Waage klettert...
Also doch Hypnose ausprobieren? Im Landkreis gibt es mehrere Hypnotiseure, daher an dieser Stelle keine Namen, sondern nur die Beschreibung des eigenen Erlebens. Das bereits mit der allerersten Sitzung beginnt. Und da geschieht noch gar keine Hypnose. Sondern der Therapeut erfragt die Grundlagen. Es ist ein intensives Gespräch. Warum wollen Sie überhaupt abnehmen? Was stört Sie? Wann essen Sie und warum: aus Frust? Aus Ärger? Zur Belohnung? Aus Kummer? Unter Stress? Was sind die Lieblingsspeisen? Wissen Sie, was gesund essen bedeutet? Ja, der Ernährungskurs liegt schon lange hinter mir. Bei welchen Gelegenheiten sind Sie vom Kurs abgekommen? Wie haben Sie sich dabei gefühlt? Fragen über Fragen über Fragen.
Der Hypnotiseur verspricht, dass Gewichtsreduktion per Hypnose ungewöhnlich angenehm ist, leicht, ohne Druck, ganz ohne das bisher so bekannte: "Reiß dich jetzt zusammen" (und die dahinterstehende Kapitulation). Denn, so der Therapeut: "Hypnose setzt im Unterbewusstsein an." Und er gibt mit auf den Heimweg: "Nicht wiegen, kein Druck! Wirklich nur dem Körpergefühl nachspüren."
Hausaufgabe: Tagebuch
Ja, das klingt gut. Einzige Hausaufgabe ist es, ein Tagebuch zu schreiben über das, was man isst, was man dabei fühlt, ob es an dem Tag Ärger gab oder Harmonie herrschte. Wie das Wetter war, das persönliche Befinden. Dürfte für eine Redakteurin kein Problem sein.
Einmal darüber geschlafen, hat sich das Gehörte gesetzt und der Verstand zieht Bilanz: Es geht darum, die über Jahrzehnte erworbenen und lang erprobten Verhaltensmuster zu knacken, die einen unbewusst so oft steuern und nach Knabberzeug oder Schokolade schreien lassen. Sie durch neue Strukturen im Unterbewusstsein zu ersetzen. Na, ich bin skeptisch. Diese vertrackten alten Verhaltensmuster haben mich fest im Griff. Selbst nach zweieinhalb guten Jahren 2015/16/17 kamen sie urplötzlich aus dem Hinterhalt, haben mich erst naschen, dann mampfen lassen. Die verlorenen 30 Kilo sind fast wieder drauf.
Am Tag nach dem Aufnahmegespräch (Anamnese) fühlt sich das "Ich" anders an. Komisch. Ein Hörnchen reicht zum Frühstück. Ich esse nicht weiter. Mittagssnack, Abendessen - der Verzicht fällt sehr viel leichter, kein Hunger. Handelt es sich um eine Sinnestäuschung?
Eine Woche später ist das immer noch so. Zwei Kilo sind weg. Dabei steht jetzt erst die "richtige" Hypnose an. Wie die sich wohl anfühlt? Beim Therapeuten geht es nach einem Gespräch über das in der vergangenen Woche Erlebte dann los. Der Hypnotiseur wechselt vom "Sie" zum "Du": Die Sprache ist wichtig, damit seine Aufträge mein Unterbewusstsein wirklich erreichen.
Das Bewusstsein schaltet sich ab
Zuerst kommt das Atmen. Regelmäßig, tief atmen. Und nun nimmt der Hypnotiseur einen quasi an die Hand, spricht Bilder zur Visualisierung an: Ganz langsam beginnt die innere Reise. Du bist auf einer Wiese, kannst sie fühlen, die Blumen riechen, einige Schritte gehen. Immer weiter durch eine Hecke, durch ein Tor, über fünf Treppen hinab zu einem neuen Bild: ein wunderschönes weiches, duftendes Bett. Lass dich nieder, genieße es, es ist dein Kraftzentrum. Es gehört dir ganz alleine.
So beginnt die nächste Phase, in deren Mittelpunkt einfache klare Sätze stehen. "Du wirst dich gesund ernähren." "Du wirst dich gerne bewegen." Etliche solcher Sätze folgen. Inzwischen fühlt sich der Körper völlig nebensächlich an. Arme und Beine wollen sich nicht bewegen. Das Kitzeln an der Nase, das Bedürfnis, sich zu räuspern, sie verschwinden so schnell wieder, wie sie einen anfliegen. Bewusste Gedanken haben sich verzogen. Tatsächlich hat sich so etwas wie Trance eingestellt. Ein dissoziativer Zustand, aus dem der Hypnotiseur einen wieder herausführt, Schritt für Schritt zurück, die fünf Treppen, durch das Tor und über die Wiese ins Hier und Jetzt ...
Ich bin gespannt, wie das weitergeht.