Ganz Welitsch wie in einer Schockstarre

3 Min
Zu "normalen Zeiten" herrscht in der Gastwirtschaft und Metzgerei Konrad in Welitsch ein reger Betrieb. Momentan ist dort aber eine beängstigende Ruhe eingekehrt. Foto: Veronika Schadeck
Zu "normalen Zeiten" herrscht in der Gastwirtschaft und Metzgerei Konrad in Welitsch ein reger Betrieb. Momentan ist dort aber eine beängstigende Ruhe eingekehrt. Foto: Veronika Schadeck

Seit ein Mann in einem Vereinsheim in Welitsch das Coronavirus übertragen hat, wird das Dorf gemieden. Und auch die Einheimischen scheuen sich davor, die örtlichen Geschäfte und Betriebe aufzusuchen. Die Gewerbetreibenden fürchten nun sogar um ihre Existenz.

Veronika Schadeck Das Coronavirus macht nicht nur den Bürgern zu schaffen, die am vergangenen Freitag bei der Feier anwesend waren, bei der ein Mann in einem Vereinsheim in Welitsch das Virus übertragen hat, sondern es leidet ein ganzes Dorf darunter, vor allem aber die Gewerbetreibenden.

"Das ganze Dorf wird gemieden. Es fährt kaum noch ein Auto durch Welitsch", beschreibt Anna Förtsch die Situation. Zusammen mit ihrer Familie betreibt sie die traditionelle Gastwirtschaft und Metzgerei Konrad in Welitsch, einem Gemeindeteil des Marktes Pressig.

Wie ein Lauffeuer

In "normalen Zeiten" sind die Konrads ein beliebter Treffpunkt für Jung und Alt. Man trifft sich zum Feierabendbier, hält Versammlungen ab, feiert Familien- und Betriebsfeiern in der Gastwirtschaft beziehungsweise nimmt den der Metzgerei angegliederten Partyservice in Anspruch. Kunden der Metzgerei wissen die regelmäßige hauseigene Schlachtung zu schätzen, bei der auf Tierwohl, Frische und Qualität geachtet wird.

Seit Anfang der Woche ist alles anders. Wie ein Lauffeuer ging die Geschichte mit der Übertragung des Coronavirus bei einer Familienfeier in Welitsch durch den Landkreis. "Seitdem bleiben die Kunden weg", erzählt Anna Förtsch, die erst vor drei Jahren den elterlichen Betrieb übernommen hat. Reservierungen für den sonntäglichen Mittagstisch würden storniert, Feiern würden abgesagt, der Metzgereiladen werde gemieden. Kaum ein Kunde kauft noch ein, obwohl das Fleisch aus der Region kommt. Mittlerweile wurde wegen fehlender Kundschaft die Hausschlachterei weitestgehend reduziert, beschreibt die Metzgermeisterin den Zustand seit Anfang der Woche.

Kein Kontakt zu den Feiernden

Sie könne die Ängste der Leute teilweise nachvollziehen. Aber weder sie noch ein Mitglied der Familie waren bei der Feier zugegen oder standen mit einem dort anwesenden Gast in Kontakt. "Wir haben mit all dem nichts zu tun, halten die Hygieneregeln ein - und trotzdem bleiben Gäste und Kunden weg!" Für Anna Förtsch steht fest, dass ihre Branche unter der Corona-Pandemie mit am meisten zu leiden hat. Gleichzeitig zeigt sie aber auch Verständnis für die Entscheidungen und Vorsichtsmaßnahmen der Politik, die unter anderem für die Gastronomen mit Auflagen verbunden sind und die auch bei den Konrads eingehalten werden. Dass die Hygieneregeln der hauseigenen Schlachterei und Metzgerei schon vor Corona galten - all das scheine jetzt nicht mehr relevant zu sein.

Die Einnahmen brechen weg

Anna Förtsch fühlt sich hilflos. Sie weiß nicht wie es weitergeht, sollte sich diese Situation über einen längeren Zeitraum hinziehen. Die Einnahmen brechen weg, die Kosten für Versicherungen und Lebensunterhalt laufen weiter. Sie fürchtet, dass dann ein gesamtes Lebenswerk von drei Generationen zerstört werden könnte.

Bereits während des ersten Lockdowns sei die Situation schlimm gewesen. Schon damals seien Familien- und Kommunionfeiern weggebrochen. Seitdem fänden auch keine Versammlungen mehr statt. Die erhaltenen Soforthilfen seien nur ein Tropfen auf den heißen Stein gewesen. Damals aber, so die junge Frau, sei zumindest die Metzgerei außen vor geblieben.

Gleich nebenan ist die Gastwirtschaft Müller-Nickel ("Puff'n-Schorsch"). Die Gäste, so ist von der Familie zu hören, reagierten sehr verhalten. Mehr wollten sie dazu gegenüber der Presse nicht sagen.

Termine werden abgesagt

"Es wäre eigentlich zum Lachen, wenn es nicht so traurig wäre", meint Annabell Scherbel. Sie betreibt ein Fahrdienstgewerbe, ihr Ehemann eine Kfz-Werkstatt. Eigentlich wäre um diese Zeit ein reger Betrieb in der Autowerkstatt, die Leute würden Termine für Wintercheck oder Reifendienst anmelden.

Seit Anfang der Woche würden stattdessen Termine abgesagt, und das nur, weil sich die Autowerkstatt in Welitsch befindet. Sie habe selbst mit ihrem Fahrdienst Absagen und Stornierungen hinnehmen müssen.

"Die Leute haben einfach Angst!" Dabei achte auch sie auf die Einhaltung von Hygieneregeln. Ihr Auto werde beispielsweise nach jeder Fahrt desinfiziert, der Einstieg der Fahrgäste erfolge in aller Regel hinten, und es bestehe Maskenpflicht.

Die Konrads, die Müllers und die Scherbels hoffen, dass sich die Situation in und um Welitsch schnell beruhigt, denn sonst wird es eng für einige Gewerbetreibende. Und sie würden sich wünschen, dass die Leute mehr hinterfragen und differenzierter mit der Corona-Pandemie umgehen.

Appell an die Bürger

Ähnlich äußert sich Bürgermeister Stefan Heinlein. Er appelliert an die Bürger, besonnen mit der Situation in Welitsch umzugehen. Alle Kontaktpersonen befänden sich in Quarantäne. Heinlein appelliert an die Bürger, weiterhin die Angebote der Gewerbetreibenden und des Handels wahrzunehmen. Denn gerade solche Dienstleistungs- und Handwerksbetriebe seien es, die ein Dorf am Leben erhalten und für Lebensqualität sorgen. Und: "Welitsch ist kein Hotspot."

In diesem Zusammenhang lobt der Bürgermeister seine Behörde, das Landratsamt und das Gesundheitsamt: "Es wurde so schnell reagiert - und das war gut so."

Die aktuellen Zahlen

Aktuell, so war von Pressesprecher Bernd Graf am Freitagmittag aus dem Landratsamt zu hören, seien sechs Kontaktpersonen infiziert, 43 Personen seien negativ getestet worden.

Somit waren auch die am Donnerstagabend noch ausstehenden zwei Ergebnisse von Coronatests negativ.