Die Corona-Krise und ihre Folgen haben vor allem Senioren hart getroffen. Wie eine Forchheimerin die schwierige Zeit erlebt und was Angehörige tun können, um ihre älteren Familienmitglieder zu unterstützen.
Der Seniorenkreis gehört für die Forchheimerin Ruth Hitschfel einfach zum Alltag dazu. Doch genau auf dieses liebgewonnene Ritual musste sie wegen der Corona-Krise lange Zeit verzichten. "Der hat schon gefehlt", sagt die 86-Jährige. Umso glücklicher ist sie, dass der Seniorenkreis aktuell wieder stattfindet. Auch wenn sie zugibt: "Es ist nicht mehr so, wie es mal war." Maske tragen und Hygiene-Abstand gehören nun immer dazu. "Mit der Maske versteht man nicht alles", sagt sie.
Seit ihr Mann gestorben ist, lebt die 86-Jährige allein in Forchheim. Weil ihre Angehörigen sie pflegen, musste die Seniorin auf deren Besucher bisher trotz Corona-Krise nicht verzichten. In der restlichen Zeit beschäftigt sich die Forchheimerin gerne mit dem Lösen von Rätseln oder sie liest Zeitschriften.
"Fernsehen schaue ich wenig", sagt sie. Während der Zeit des Lockdowns im Frühjahr hat die Seniorin zumindest versucht, sich etwas zu bewegen, ist mit ihrem Rollator vor ihrem Haus hin und her gelaufen. "Das war ja schrecklich", erinnert sich die Forchheimerin an die Ausgangsbeschränkungen.
Wie sehr die Corona-Krise und deren Folgen die Senioren in Forchheim getroffen haben, weiß Jenny Salagean, Quartiersmanagerin des Katharinenspitals. Sie steht ständig in Kontakt mit den älteren Mietern der Wohnanlage.
An den Lockdown im Frühjahr kann sie sich noch gut erinnern: Bereits nach wenigen Wochen seien bei manchen die ersten Symptome der sozialen Isolation erkennbar gewesen: Depressionen hätten sich verstärkt, dazu seien bei manchen Angst- und Panikattacken gekommen. Bei Demenz- oder Alzheimererkrankten hätten sich die Symptome verschlimmert. "Es war natürlich eine sehr schwierige Zeit", sagt Salagean.
Erst seien es vor allem die Unsicherheit und die Angst um den eigenen Gesundheitszustand gewesen, der den Senioren zu schaffen machte. Dann setzen die Folgen der sozialen Isolation ein.
Bastelanleitung im Briefkasten
Salagean musste die Abläufe im Katharinenspital grundlegend ändern. Vor dem Lockdown konnten dort regelmäßig Abend- und Nachmittagsveranstaltungen und der Mittagstisch stattfinden. Diese wichtigen Routinen fielen für die Senioren schlagartig weg.
Im Katharinenspital wurde umstrukturiert: Weil sich die Senioren nicht mehr zu der beliebten Bastelgruppe treffen konnten, hat Salagean ihnen eine leichte Bastelanleitung samt Materialien in den Briefkasten geworfen.
Täglich habe sie einen "Telefonklatsch" angeboten: In festen Telefonsprechstunden konnten die Senioren mit der Quartiersmanagerin sprechen. "Nicht nur über Corona-Themen", sagt sie. Mit der Zeit hätten sich immer mehr getraut, dieses Angebot in Anspruch zu nehmen. "Soziale Isolation ist ja grundsätzlich auch ohne Corona ein Thema", sagt die Quartiersmanagerin.
Angehörigen rät Salagean: Wenn es das Infektionsgeschehen erlaubt, sollten Angehörige mit ihren älteren Familienmitgliedern mit Abstand Spaziergänge an der frischen Luft machen. Ebenso wichtig könnten Telefonate sein. "Diese kleinen Sachen im Alltag sind sehr, sehr wichtig." Außerdem könnten Angehörige versuchen, ihren älteren Familienmitgliedern neue Kommunikationsmittel wie Smartphones oder Computer näher zu bringen.
Bürgerschaftliches Engagement von und für Senioren im Landkreis Forchheim
Organisierte Nachbarschaftshilfe für die Stadt Forchheim Bürgerzentrum-Mehrgenerationenhaus
Forchheim Tel. 09191 6155287;
E-Mail: www.bz-mgh.de
Seniorengemeinschaft Ehrenbürg Angelika Fuchs
Tel. 09191 95675; E-Mail:
www.seniorengemeinschaft-ehrenbuerg.de
Seniorenhilfe WIR für UNS
Alltagshilfen in Heroldsbach und Hausen Mathias Abbé Tel. 09190 1276; Marianne Karper-Imig Tel. 09190 8656; E-Mail:
www.wir-für-uns-eg.de
Gemeinsam statt einsam Gößweinstein Hermine Haas Tel. 09242 552; Anke Raabe Tel. 09242 239463
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Gemeinsam statt einsam Wiesenttal Birgit Pohl Tel. 09191 6156071; E-Mail: www.gemeinsam-statt-einsam-wiesenttal.de
Miteinander - Füreinander Neunkirchen am Brand Wilhelm Friedrich Tel. 09134 1665; E-Mail: www.miteinander-fuereinander-neunkirchen-am-brand.de
Quelle: Wegweiser für Senioren und Menschen mit Behinderung; Landkreis Forchheim;
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Interview: "Die Zahl der sozialen Kontakte hat sich stark verringert"
Dr. Stefanie Heller ist Allgemeinmedizinerin aus Hausen. In ihrem Arbeitsalltag behandelt sie regelmäßig ältere Menschen. Welche Beobachtungen sie dabei gemacht hat und wie Angehörige ihre älteren Familienmitglieder auch während der Corona-Krise unterstützen können, erklärt sie im Interview.
Wie hat sich die Corona-Krise auf den Alltag unserer älteren Mitbürger ausgewirkt?
Dr. Stefanie Heller: Die Zahl der sozialen Kontakte hat sich stark verringert. Freunde und Bekannte, aber auch entfernte Verwandte sind unsicher, und wissen nicht, ob ein Besuch erlaubt oder erwünscht ist oder nicht. Das ist gut so, um Ansteckungen zu vermeiden. Manchmal wird aus dem geplanten Besuch dann ein längeres Telefongespräch, das ist eine gute Alternative.
Was fehlt den Senioren noch?
Auch Geburtstagsfeiern und andere größere Feste, an denen man sich trifft, fallen aus. Auch Seniorenkreise und andere gesellige Veranstaltungen sind betroffen. Dies sind wichtige Abwechslungen im sonst eher ruhigen Alltag der Senioren, auf die sie sich oft schon lange vorher freuen.
Unter der Isolation leidet auch die körperliche Gesundheit.
Aufgrund chronischer Erkrankungen haben Senioren häufig regelmäßige Arzttermine, beim Hausarzt wie auch bei Fachärzten. Vor allem zu Beginn der Corona-Epidemie wurden diese wichtigen Kontrolltermine von den Patienten aus Angst vor Ansteckung abgesagt, mit der Gefahr einer Verschlechterung der Erkrankung. Mittlerweile werden diese Termine aber größtenteils wieder wahrgenommen.
Welche psychischen Auswirkungen machen sich bei Senioren durch eine Isolation meist als erstes bemerkbar?
Das Älterwerden ist häufig von Verlusten ganz unterschiedlicher Art geprägt, die zu einer depressiven Verstimmung führen können. Auch die Isolation führt zu Verlusten, vor allem an sozialen Kontakten. Es fehlen beispielsweise aber auch gemeinsame Ausflüge mit neuen Eindrücken und Erlebnissen. Dies kann eine depressive Verstimmung verstärken.
Was raten Sie älteren Menschen während der Corona-Krise?
Senioren sollten versuchen, sich täglich zu bewegen. Ein täglicher Spaziergang draußen ist sehr wertvoll für die Gesundheit von älteren Menschen. Daher war es wichtig und gut, dass dies bei uns unter Corona immer erlaubt war.
Was können Angehörige tun, um ihre älteren Familienmitglieder zu unterstützen?
Angehörige der Senioren können mit ihnen telefonieren. Manchmal ist aber trotz Hörgerät die Verständigung schwierig. Dann ist ein Brief, eventuell mit einem Foto, eine gute Alternative. Der Fernseher, aber auch das Radio sind für ältere Menschen meist viel wichtiger als früher. Sie informieren, bieten aber auch Unterhaltung. Viele lesen gerne die tägliche Tageszeitung, die Kirchenzeitung oder andere Zeitschriften und Bücher. Den älteren Menschen zu neuen Hobbys zu animieren, ist meist sehr schwierig. Aber frühere Hobbys zu reaktivieren, gelingt doch öfter mal. Die Fragen stellte Franziska Rieger.