Sie nahm die Aufgabe an, wurde Gesicht und Seele des Unternehmens, fand den Draht zur Belegschaft genauso wie zum Management. "Elegant im Auftritt, mit dem Hang zur Perfektion, dabei ungewöhnlich willensstark und entschlossen, keine Schwäche zu zeigen, stellt Maria-Elisabeth Schaeffler vom ersten Tag an klar, dass sie sich dieser Aufgabe gewachsen fühlt", urteilt der Autor und Historiker Gregor Schöllgen.
Schaeffler Gruppe seit 25 Jahren maßgeblich geprägt
"Neben unermüdlichem Fleiß, brillanter Auffassungsgabe und eiserner Disziplin zählt zu den Managementqualitäten vor allem das Talent, die eigenen Möglichkeiten genau zu kennen. Ebenso wie deren Grenzen", schreibt der Conti-Aufsichtsratschef und langjährige Wegbegleiter Wolfgang Reitzle in der Sonderausgabe der Firmenzeitung zum runden Geburtstag. Auch darin habe es Maria-Elisabeth Schaeffler zur Meisterschaft gebracht.
Klaus Rosenfeld, seit zwölf Jahren im Unternehmen und inzwischen Vorstandschef, zählt mittlerweile zu ihren engsten Vertrauten. "Frau Schaeffler-Thumann hat die Schaeffler Gruppe seit 25 Jahren maßgeblich geprägt. Unter Ihrer Ägide hat das Unternehmen seine Marktposition kontinuierlich ausgebaut, sich immer wieder neu erfunden und mutig neue Wege beschritten", sagte Rosenfeld der Deutschen Presse-Agentur über die Gesellschafterin. Heute zähle Schaeffler zu den weltweit führenden Automobil- und Industriezulieferern.
Meint man es wohlwollend mit Maria Elisabeth Schaeffler-Thumann, dann würde man sie wohl als mutig bezeichnen. Weniger Wohlmeinende würden diese Eigenschaft vielleicht als Verwegenheit oder als Abenteuerlust auslegen. Zusammen mit Sohn Georg hätte die Unternehmenschefin ihr Lebenswerk beinahe in die dann vielleicht spektakulärste Milliardenpleite der deutschen Industriegeschichte geritten.
Beinahe Schulden-Milliardäre geworden
Die Schaefflers übernahmen 2008 den viel größeren Autozulieferer Conti. Ein paar Jahre zuvor waren zwei weitere Übernahmen, unter anderem die von FAG Kugelfischer, gut gegangen. Kurz darauf aber ging die US-Investmentbank Lehman Brothers in die Knie, die Märkte kollabierten weltweit, Schaeffler und Conti wurden mitgerissen. Die Schaefflers drohten, zu Schulden-Milliardären zu werden. Maria-Elisabeth Schaeffler musste den Gang zum Staat antreten - und wurde kalt abserviert.
"Man kann nicht im Nerzmantel nach Staatshilfe rufen", sagte ein gewisser Olaf Scholz damals dem "Tagesspiegel". Und der heutige Kanzlerkandidat und damalige Arbeitsminister fügte hinzu: "Wir sind nicht dafür da, für Fehlentscheidungen von Milliardärinnen und Milliardären geradezustehen. Es kann jedenfalls nicht sein, dass jemand, der sich verspekuliert hat, auch noch einen Reibach auf Steuerzahlerkosten macht."
Den Reibach machte Schaeffler dann auch ohne den Staat, mit Glück, unternehmerischem Geschick - und der tatkräftigen Hilfe von Mitarbeitern, Gewerkschaften und selbst zum Teil taumelnden Banken. Mit der Firmenchefin an der Spitze kämpfte sich das Unternehmen aus der Schuldenfalle.
Elisabeth Schaeffler und Sohn Georg gehören zu reichsten Menschen
Als die Schaeffler AG 2015 an die Börse geht und Maria-Elisabeth Schaeffler auf dem Frankfurter Parkett medienwirksam die berühmte Glocke schwingt, sind sie und ihr Sohn Georg nach Darstellung in Wirtschaftsmedien in die Liga der Menschen mit dem größten Vermögen weltweit aufgestiegen. Ein Jahr zuvor hatte die Unternehmerin auch privat ihr neues Glück gefunden und in Kitzbühel den auf den Tag gleichaltrigen früheren BDI-Chef Jürgen Thumann geheiratet.
Natürlich trägt Maria-Elisabeth Schaeffler das Bundesverdiestkreuz. Natürlich auch den Bayerischen Verdienstorden. Natürlich saß sie am Tisch, als US-Präsident Barack Obama 2016 bei seinem Berlin-Besuch deutsche Unternehmer zum Dinner empfing. Die Schaefflers sind bestens verdrahtet, auch wenn ihr Vermögen seit dem Höhenflug der Jahre 2015 und 2016 deutlich geschrumpft sein dürfte.
Und das Unternehmen steht wieder glänzend da: Nach einer Schrumpfungskur beim Auto- und Industriezulieferer und einer Neuausrichtung unter anderem auf Elektroantriebe und Wasserstofftechnik fließen in Herzogenaurach wieder saftige Gewinne. "Fast so wie früher", sagte Vorstandschef Rosenfeld jüngst.