Volle Tische und Personalmangel

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Viele Gastronomen haben während der Pandemie Personal verloren und sind jetzt auf der Suche.
Viele Gastronomen haben während der Pandemie Personal verloren und sind jetzt auf der Suche.
Julia Scholl

Der Lockdown hat die Gastronomie nicht nur finanziell, sondern auch personell hart getroffen.

Seit die Gastronomie aus dem Corona-Dornröschenschlaf erweckt wurde, haben viele Gastronomen Probleme, an Personal zu kommen. Eine Studie des Statistischen Bundesamtes bestätigt die Situation: Von März 2020 bis Januar 2021 ist die Zahl der Beschäftigten gegenüber zum Vorjahreszeitraum um 19,2 Prozent gesunken. Und auch der Umsatz hat stark gelitten. Im Gastgewerbe lag er 47,1 Prozent unter dem des Vorjahres. Das macht sich auch bei einigen Gastronomen in Coburg bemerkbar.

Die Suche nach Personal

"Werde die neue Küchenfee oder der neue Küchenzauberer, die Cocktailjongleurin oder der Bierzapfer, die Serviceperle oder der Servicemeister von Coburg", schreibt das Restaurant "Hanskaschber" auf seiner Facebook-Seite. Auch die "Sonderbar" im Unteren Bürglaß sucht händeringend Personal. "Viele haben sich in der Zeit einfach etwas anderes gesucht. Auch weil die Situation jetzt so lange angedauert hat", sagt Inhaber Oliver Müller. Sechs Leute hat er durch den Lockdown verloren, auch aus finanziellen Gründen: "Wir hatten unter anderem bei den Festangestellten das Problem, dass das Kurzarbeitergeld so etwas wie Nachtzuschlag nicht abdeckt. Außerdem ist das Trinkgeld weggefallen, und so standen viele mit nur der Hälfe des eigentlichen Einkommens da."

Hoffnung für die Gastronomie

Doch nicht jeden hat es so hart getroffen. Markus Timm vom "Brauhaus zu Coburg" kann die Situation für sein Team nicht bestätigen, er habe sogar gestern jemanden eingestellt: "Wir haben keinen Personalmangel. Das liegt aber auch daran, dass ich die Löhne zu 100 Prozent weiterbezahlt habe." Die Differenz von regulärem Lohn und Kurzarbeitergeld hat er einfach ausgeglichen. Das sei auch der Grund gewesen, warum es keine Existenzängste bei seinen Mitarbeitern gab. "Aber vielen ist im Lockdown die Decke auf den Kopf, weil sie nichts machen konnten."

Trotzdem seien die letzten sieben Monate hart gewesen, so Timm. "Die Hürden, wie das Testen, waren für viele Gäste zu viel. Das hat man gemerkt, aber ich bin optimistisch, dass sich die Situation jetzt verbessert." Auch für die "Sonderbar" geht es langsam aufwärts, sagt Müller: "Wir haben Glück. Es haben sich jetzt sechs Leute vorgestellt." Doch er ist auch überzeugt, dass "die Gastronomie in Zukunft Schwierigkeiten haben wird , an Personal zu kommen, und es war schon vorher nicht einfach." Das Problem des Personalmangels gibt es nicht seit gestern, betont auch Timm. "Die Studenten zum Beispiel gehen lieber in die Industrie, weil sie da mehr verdienen. Gastronomie macht man eben aus Leidenschaft."

Kein Personal aus dem Ausland

Nach dieser Leidenschaft sucht auch Raffaele Randazzo von der Pizzeria "Mamma Mia". Zwei Leute hat er in der Zeit aufgrund der Pandemie verloren. "Kellner zu finden ist kein Problem, aber wir brauchen besonders Personal in der Küche. Das ist für uns hier schwer zu finden - nicht alle sind geeignete Pizzabäcker. Deshalb habe ich oft Personal aus Italien geholt, aber denen ist das Risiko zu groß, dass zum Beispiel die Grenzen wieder dichtgemacht werden." In den zwölf Jahren, in denen er seine Pizzeria betreibt, hätte er noch nie mit solchen Problemen zu kämpfen gehabt. "Viele haben auch Angst, hier zu leben. Wenn man, wie in den letzten Monaten, nur Hause sitzt, fühlt man sich, als hätte man zwei Mal die Heimat verlassen."

Man merke zwar, dass die Stimmung in der Gastronomie klar besser werde, das zeigte sich auch an den Stellenanmeldungen. Aber trotzdem schwinge dabei die Angst vor einer nächsten Corona-Welle mit, sagt ein Sprecher der Agentur für Arbeit Bamberg Coburg dem Tageblatt. Auch die Sichtweise von Oliver Müller hätte sich durch die Pandemie verändert. "Ich muss jetzt auf mich und auf meine Angestellten schauen." Deshalb findet er es auch völlig gerechtfertigt, wenn die Gastronomen die Preise erhöhen.

Der "Corona-Penny"

"Die Lebensmittel werden auch nicht billiger, und das Personal muss bezahlt werden. Und wir reden hier von elf, zwölf Euro Stundenlohn, nicht von 60. Die Zeiten, in denen das Bier 2,50 Euro kostet, sind vorbei, und das müssen auch die Gäste begreifen.Wem es zu teuer wird, der soll zu Hause bleiben." Doch nicht alle setzen auf den "Corona-Penny". "An den Preisen haben wir nichts verändert. Wir haben vorher schon gut kalkuliert, und das hat sich nicht gerändert", sagt Timm. Auch Sarah Franz vom "Prinzengarten" sagt, sie habe die Preise nicht angehoben.

Die Gastronomie in Zahlen

Die mehrmonatigen Schließungen der Gastronomie machen sich bemerkbar. Seit März letzten Jahres gingen die Umsätze im Gastgewerbe, laut einer Erhebung des Statistischen Bundesamtes, steil nach unten. Zwar gab es im Sommer eine kleine Erholungsphase, trotzdem lag der Umsatz im August 20,5 Prozent unter dem des Vorjahres. Bereits im Oktober kam dann die zweite Talfahrt für die Branche. Insgesamt hat es besonders Lokale, die ihr Geld mit dem Ausschank von Getränken verdienen, stark getroffen: In dieser Sparte brach der reale (preisbereinigte) Umsatz von März bis Januar 2021 um 62,2 Prozent ein.