Michael Stoschek weiß, dass sein Großvater kein Widerständler war. Aber laut den Entnazifizierungsakten war er kein überzeugter Nazi und behandelte die Zwangsarbeiter gut. Kurz: Aus Stoscheks Sicht dürfte den Coburger Stadtrat nichts davon abhalten, eine Straße nach Max Brose zu benennen.
Das Thema "Max-Brose-Straße" soll zu einem Ende kommen. Das wünschen vermutlich viele Coburger angesichts der Diskussion in den vergangenen Wochen, das wünscht eine Mehrheit des Stadtrats, allen voran Oberbürgermeister Norbert Tessmer (SPD), das wünscht auch Michael Stoschek. Aber die Situation ist vertrackt: 70 Jahre Kriegsende, die letzten großen Prozesse gegen mutmaßliche Mittäter von Auschwitz liefern Anlässe, sich mit der nationalsozialistischen Vergangenheit zu befassen. Und gerade da überlegt der Coburger Stadtrat, einen Mann mit einer Straßenbenennung zu ehren, der "Nazi-Mitläufer" war.
Mit diesem Spruch belegte die Hauptkammer Nürnberg, Zweigstelle Ansbach, Max Brose im Juli 1949 im Entnazifizierungsverfahren. In der vierseitigen Begründung wird erläutert, warum Brose mit diesem Urteil belegt wird, obwohl er Zwangsarbeiter beschäftigte und von der Rüstungsproduktion profitierte. Ein Widerständler war Brose nicht, wie sein Enkel Michael Stoschek einräumt. Aber einen Vergleich mit Oskar Schindler lehnt er nicht ab: Schindler war - wie Brose - Parteimitglied, betrieb Rüstungsproduktion, beschäftigte Zwangsarbeiter - nur, dass es in Schindlers Fall Juden waren, die der Unternehmer alle für unabkömmlich erklärte und so vor den Vernichtungslagern bewahrte. "Wir hatten zum Glück kein Konzentrationslager um die Ecke", sagt Stoschek in einem Interview mit dem Lokalsender "Oberfranken TV".
Aber Max Brose habe die Zwangsarbeiter gut behandelt, Repressalien verhindert und sich damit sogar den Zorn der deutschen Belegschaft zugezogen, trägt Stoschek aus dem Urteil vor. Dieses Verhalten mache Brose zum Vorbild, und er, Stoschek, sei "überzeugt, dass Max Brose jede Form von Ehre verdient hat".
Zweifel oder moralische Bedenken müssten dieser Faktenlage weichen, meint Stoschek. Die Diskussion müsse "sachlich" geführt werden, fordert und bittet er. Emotional seien diejenigen, die Max Brose mit Wörtern wie "Nazi-Mitläufer", "Profiteur" oder "Nutznießer" belegen: Das war er Stoschek zufolge eben nicht, denn sonst hätte ihn die Spruchkammer als "belastet" einstufen müssen - die zweithöchste Kategorie auf der fünfstufigen Skala. "Mitläufer" war die niedrigste von vier möglichen Belastungskategorien in diesen Verfahren, daneben gab es noch die Kategorie "entlastet". Jeder Deutsche über 18 Jahren musste nach 1946 einen Erfassungsbogen ausfüllen und darlegen, ob und welchen Organisationen der Nazis er angehörte.
Brose war 1933 in die Partei eingetreten - auf Drängen des Coburger Oberbürgermeisters Franz Schwede, wie er im Spruchkammerverfahren erklärte. Schwede war ab 1931 Erster Bürgermeister in Coburg; als die Nazis 1933 im Deutschen Reich an die Macht kamen, wollten so viele in die Partei eintreten, dass die NSDAP einen Aufnahmestopp verhängte. Brose war eine der Ausnahmen.
Vergleich mit Hinterbliebenen Stoschek rechtfertigt auch den Kauf der Villa Friedmann (Ketschendorfer Straße 2) durch Max Brose und seinen Geschäftspartner Ernst Jühling im Jahr 1935: Abraham Friedmann, Jude und Geschäftsführer der Firma Großmann, war erklärte Zielscheibe der Coburger Nazis, verlor auf ihren Druck hin im Januar 1933 seinen Posten, wurde im März 1933 wie viele andere Coburger Juden, Sozialdemokraten und Kommunisten festgenommen und misshandelt. 1933 hatte Friedmann die Stadt verlassen. Seine Schulden waren seit 1930 zugunsten der Dresdner Bank eingetragen worden, die 1935 die Villa versteigern ließ, da Friedmann, ohne Einkommen und ab 1935 in Paris lebend, die Kredite nicht mehr bedienen konnte. Brose und Jühling hatten das Höchstgebot abgegeben und nutzten das Haus, um leitende Angestellte unterzubringen.
Schon im Entnazifizierungsverfahren wurde festgestellt, dass der Kauf rechtmäßig war. Friedmanns Töchter beantragten 1948 die Rückerstattung der Villa. In einem Vergleich einigten sich Brose und Jühling mit den Hinterbliebenen und zahlten 25 000 Mark; der Verkehrswert des Hauses entsprach damals 80 000 Mark. 1956 wurde es verkauft.
Beschäftigungszahlen gesteigert Doch die Diskussion um die Max-Brose-Straße hat auch mit der Gegenwart zu tun: Steht der Stadtrat unter dem Druck, dass Brose Arbeitsplätze abbaut, wenn er nicht in Stoscheks Sinne entscheidet? Stoschek, Vorsitzender der Brose-Gesellschafterversammlung betont, dass solche Entscheidungen rein rational getroffen würden. Betriebsratsvorsitzender Jürgen Müller verweist darauf, dass seit 2004, dem Beginn des Konflikts, die Zahl der Beschäftigten in Coburg auf 3600 gestiegen sei. Daneben seien 2000 Menschen in der Region bei Zulieferbetrieben beschäftigt. Die Auseinandersetzung um die Straße sähen die Beschäftigten "mit Unverständnis". Gleichzeitig versicherte Müller "vollstes Vertrauen" in Stoschek und die Unternehmensführung.
ganz offensichtlich bei der Erziehung seines Enkels.
so von sich gibt .....!
Glaubt er das auch er selbst?