Schweinfurt
Geschichte

In Schweinfurt steht das Deutsche Bunkermuseum

In den 1940er Jahren entstanden in Schweinfurt 13 Hochbunker. Nach Ende des Kalten Krieges wurden sie ab 2007 verkauft. Petra und Nils Brennecke sicherten sich einen davon und haben das Deutsche Bunkermuseum eingerichtet. So sieht es dort aus.
Im Jahr 2008 haben sich Petra und Nils Brennecke einen der damals 13 Hochbunker in Schweinfurt gekauft.
Im Jahr 2008 haben sich Petra und Nils Brennecke einen der damals 13 Hochbunker in Schweinfurt gekauft. Foto: Ralf Ruppert
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Anrufe, Nachrichten über Whatsapp und Facebook, Mails: Petra und Nils Brennecke sind derzeit gefragte Leute. Auch Zeitungen und Medien kommen fast täglich vorbei. "Das Interesse freut uns, aber der Anlass erschreckt uns natürlich", sagt Nils Brennecke. Der 47-Jährige ist Kurator und Eigentümer des "Deutschen Bunkermuseums" in Schweinfurt. Auf den fast 20 Meter hohen Hochbunker in der Ernst-Sachs-Straße im Schweinfurter Stadtteil Oberndorf ist er durch Zufall aufmerksam geworden: "Meine Frau ist in dieser Straße aufgewachsen."

In Hamburg und Berlin habe er kreative Wohnungen auf Bunkern gesehen, also bot er beim Verkauf des Bunkers mit sechs Geschossen, zwei Treppenhäusern, unterirdischem Notausgang und und 2500 Quadratmetern Nutzfläche mit. Die Idee eines Wohnhauses auf dem Dach verwarf er jedoch - "aus Vernunft", sagt er lachend. Stattdessen beschäftigte sich der Journalist und Marketingexperte mit der Geschichte der Bunker. Seine Botschaft ist eine durch und durch pazifistische: "Wir wollen hier zeigen, welche fürchterlichen Folgen ein Krieg hat", sagt Nils Brennecke.

13 Hochbunker wurden ab 1941 in Schweinfurt gebaut: zehn für die Bevölkerung, drei für die Beschäftigten der großen Industriewerke. Schweinfurt sei eine der kriegsrelevanten Produktionsorte gewesen, erzählt der gebürtige Frankfurter. 15 große Angriffe auf die Stadt habe es gegeben, der schlimmste davon am 24. und 25. Februar 1944. Intensiv haben sich Petra und Nils Brennecke mit der Geschichte der Stadt beschäftigt. Viele Aspekte haben sie in den vergangenen Jahren in der großen Ausstellung aufgearbeitet. Unter anderem ist auf einer Panoramakarte der Ring an Flak-Geschützen rund um Schweinfurt dargestellt. Bis in den Landkreis Bad Kissingen standen die ständig besetzten Flugabehrkanonen. Sie und die Bunker hätten dazu beigetragen, dass es in der umkämpften Stadt mit damals rund 40.000 Einwohnern bei vergleichsweise wenigen 2000 getöteten Zivilsten blieb.

Für 1022 Menschen sei sein Bunker ausgelegt gewesen, für diese Zahl hätte der Sauerstoff zwölf Stunden lang gereicht, tatsächlich hätten aber bis zu 1800 Einwohner hier Schutz gesucht. Insgesamt 3000 solcher Hochbunker errichteten die Nationalsozialisten, lange nach Ende des Zweiten Weltkrieges seien rund 500 davon wieder hergerichtet worden. Das Gebäude, in dem jetzt das Deutsche Bunkermuseum untergebracht ist, war 1983 an der Reihe. "Das war alles nicht zu Ende gedacht", ist Nils Brennecke bis heute entsetzt, wie viele Fehler damals gemacht wurden: Auf der einen Seite wurden 150 Tonnen Spezialsand in den Bunker verfrachtet, um die Außenluft zu kühlen, auf der anderen Seite gibt es für den gesamten Bunker gerade einmal zwei kleine Staubfilter.

Auch das Diesel-Notstrom-Aggregat sei 1983 verschrottet worden. "Der Strom kommt ja aus der Steckdose", kann sich der neue Eigentümer den Sarkasmus nicht verkneifen. Gleiches gelte für die Wasserversorgung: Der Hochbunker hatte weder einen Brunnen, noch eine Zisterne, aber 50 Wasser-Klosetts. Brennecke: "Das Wasser kommt ja auch aus der Leitung." Nicht durchdacht war aus heutiger Sicht auch, dass der außen verklinkerte Bunker innen verputzt und weiß gestrichen wurde. Das sehe zwar schön aus, sei aber sehr gefährlich, weil bei Angriffen und Erschütterungen der Putz von der Wand fallen könnte und zu extrem viel Staub in der Luft führe. "Manche Details sind von Ingenieuren bis ins Detail ausgefuchst, aber dann kam der Aktionismus", fasst der 47-Jährige die Reaktivierung im Kalten Krieg zusammen. Auch deshalb könne er sich nicht vorstellen, im Notfall in seinen eigenen Bunker zu flüchten. Bei einem Atomkrieg würde man darin auch nur kurze Zeit länger überleben. Und vor allem: "Was ist, wenn man rauskommt und alles liegt in Schutt und Asche?"

Den Zuschlag haben Petra und Nils Brennecke im Jahr 2008 nur bekommen, weil der Hochbunker heute zwar direkt gegenüber einem Industriebetrieb, aber eben formal in einem Wohngebiet liegt. Alle anderen Bieter hätten gewerbliche Nutzungen vorgeschlagen, die Brenneckes wollten als einzige im Bunker wohnen. Allerdings habe sich schnell herausgestellt, dass es alleine eine hohe sechsstellige Summe koste, die 1,40 Meter dicken Betondecken für ein neues Treppenhaus, Fahrstuhl und Versorgungsleitungen zu öffnen. Was also machen mit einem fensterlosen Koloss? Sechs Jahre nach dem Kauf eröffneten die Brennecke das Deutsche Bunkermuseum. Bis heute sammeln sie Exponate: Vom gewachsten Stoffumhang für Kinder über Medikamente bis zum Trainingsanzug. Jüngster Fund ist ein Telex-Fernschreiber, ein großer Holzschreibtisch mit Tastatur und einem Schlitz, aus dem das beschriebene Papier kommt.

Das gesamte Museum ist privat finanziert, Hilfsorganisationen wie das Rote Kreuz und die ein oder andere Firma habe mit Spenden geholfen, alles andere haben Petra und Nils Brennecke selbst bezahlt. Nach zwei Jahren fast ganz ohne Besucher ist das Museum nun wieder geöffnet: Mit Anmeldung führt das Ehepaar Gruppen mit mindestens zehn Besuchern durch den sieben bis acht Grad kalten Bunker. Infos gibt es auf der Homepage www.deutsches-bunkermuseum.de oder auf der Facebook-Seite.