Seit Jahren gibt es einen Rechtsanspruch auf eine Betreuung für die Jüngsten - und doch fehlt für Hunderttausende ein Kita-Platz. Die klaffende Lücke sei in mehrfacher Hinsicht folgenschwer, so Experten.
In Deutschland fehlen einer Studie zufolge trotz Rechtsanspruchs auf einen Betreuungsplatz rund 430.000 Kita-Plätze. Zwar gebe es Fortschritte beim Ausbau von Kita-Angeboten.
Der Bedarf sei aber kontinuierlich gestiegen, die Lage inzwischen «untragbar», hieß es bei Veröffentlichung des «Ländermonitorings Frühkindliche Bildungssysteme» der Bertelsmann Stiftung. Die Analyse spricht von einer Kita-Krise und mahnte energische kurz- und langfristige Maßnahmen an. Der Personalmangel sei nach wie vor ein gravierendes Problem.
Gewerkschaften und Verbände kritisierten ein folgenschweres politisches Versagen und warnten vor einem drohenden Kollaps im Bildungswesen. Verdi in NRW forderte angesichts der dramatischen Lage einen «Kita-Gipfel beim Bundeskanzler».
In den westdeutschen Bundesländern fehlen laut Studie 385.900 Plätze, um den Betreuungsbedarf zu erfüllen. In Ostdeutschland bestehe eine Lücke von etwa 44.700 Kita-Plätzen. Immer mehr Eltern wünschen sich demnach auch besonders für ihren jüngeren Nachwuchs eine Betreuung. Entsprechend groß sei der Mangel vor allem bei U3-Plätzen, also für unter Dreijährige. Seit 2013 besteht für Kinder nach ihrem ersten Geburtstag ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz. Für Jungen und Mädchen ab drei Jahren gibt es den Anspruch schon seit 1996.
Es gibt deutliche Ost-West-Unterschiede
In Ostdeutschland ist der Anteil der Kinder, die eine Kita besuchen, wesentlich höher als im Westen. Beim Qualitätsmerkmal Personalschlüssel sieht es im Osten ungünstiger aus: Eine vollzeitbeschäftigte Fachkraft betreut dort rechnerisch 5,4 Kinder unter drei Jahren. Bei den älteren Jungen und Mädchen ab drei Jahren kümmert sich eine Erzieherin im Schnitt um 10,5 Jungen und Mädchen. Im Westen komme eine Fachkraft auf 3,4 unter Dreijährige und auf 7,7 ältere Kinder ab drei Jahren.
Kindgerecht sei nach wissenschaftlichen Empfehlungen ein Personalschlüssel von 1 zu 3 für die Kleinsten und 1 zu 7,5 für die Betreuung der über Dreijährigen, hieß es in Gütersloh. Der Fachkräftemangel erschwere es zunehmend, den Bildungsauftrag der Kitas umzusetzen. «Die Situation ist für Kinder und Eltern wie auch für das vorhandene Personal untragbar geworden», betonte Bildungsexpertin Anette Stein.
Wie sieht es zukünftig aus?
Die Erhebung sieht Chancen auf spürbare Verbesserungen bis 2030. Allerdings müsse dafür umgehend gehandelt werden. In den ostdeutschen Ländern hält die Analyse wegen sinkender Kinderzahlen beim Personalschlüssel eine Angleichung ans Westniveau für möglich, ebenso eine Deckung des Platzbedarfs. Die Voraussetzungen aus Sicht der Stützung: «Für alle Ost-Bundesländer gilt, dass das aktuell beschäftigte Kita-Personal nicht entlassen werden darf und sogar zusätzlich neue Fachkräfte gewonnen werden müssen.»