Hubert Aiwanger wählt gerne deutliche Worte, um seine Meinung zu politischen Themen und Traditionen auszudrücken, egal ob bei öffentlichen Auftritten oder auf seinen Social-Media-Seiten. Für einige Nutzer schießt er dabei aber öfters übers Ziel hinaus, wie aktuell mit einem Tweet zum Muttertag. Die Diskussion darum, ob der Feiertag mittlerweile veraltet ist, findet der Freie Wähler-Chef absolut überflüssig. Seine Wortwahl fiel allerdings etwas drastischer aus und stieß damit auf viel Kritik.
"Wer den Muttertag infrage stellt, kommt mit seinem Leben nicht klar. Die vernünftige Mehrheit der Gesellschaft darf sich von solchen Querschlägern nicht verunsichern lassen", twitterte Aiwanger im Vorfeld des Muttertags. Vorausgegangen war die Entscheidung einer hessischen Kita, zum Mutter- und Vatertag keine Geschenke mehr mit den Kindern basteln zu wollen.
Aiwanger verteidigt Muttertag: Kita bekommt daraufhin Hassnachrichten
Das Team der Betreuungseinrichtung hatte in einem Brief an die Eltern den Entschluss folgendermaßen erklärt: "In der heutigen Zeit, in der die Diversität einen immer höheren Stellenwert erhält, möchten wir diese vorleben und keinen Menschen ausschließen." Oftmals würden stereotype Geschenke angefertigt und die Familienkonstellation aus Vater-Mutter-Kind entspräche nicht mehr der heutigen Norm.
Der Inhalt des Briefes wurde öffentlich, weil ihn unter anderem der CDU-Bundestagsabgeordnete Tilman Kuban auf seiner Twitter-Seite gepostet hatte. Dazu schrieb der Politiker, der sich selbst als "sturmfest" und "erdverwachsen" bezeichnet, folgendes: "Dem Wahnsinn sind keine Grenzen mehr gesetzt." Zunächst waren in dem Tweet sogar die Kontaktdaten der Kita zu sehen, bis Kuban sie nachträglich schwärzte.
Aiwanger postete den Brief ebenfalls und schrieb dazu: "Ich dachte erst, das kann nicht ernst gemeint sein. Ist aber leider ernst. Sowas darf man nicht einreißen lassen!" Laut Aussagen des Bistums Fulda wurde die Kita daraufhin mit hasserfüllten Nachrichten und Telefonaten überschüttet. Dabei hatte das Team am Ende des Briefes betont: "Mit dieser Entscheidung möchten wir keinesfalls die Bedeutung eines Mutter- oder Vatertags absprechen, sie leisten alle etwas Großes!"
Die Reaktionen auf beide Tweets von Aiwanger fielen extrem negativ aus - hier einige Beispiele:
- "Unfassbar, dass Sie auf wirklich jeden widerlichen Zug aufspringen müssen. Es geht ihn nullkommanix um Kinder oder Familien, sondern nur um Selbstdarstellung."
- "Sie sollten sich schämen, Ihre rechtsradikalen Follower auf das Personal einer Kindertagesstätte zu hetzen. Man kann ja verschiedener Meinung sein, aber hier wird ein großer Account bewusst dazu genutzt, Andersdenkende zu terrorisieren. Ort & Plz sind lesbar, damit der Mob sie findet."
- "Es ist eine Schande als Mitglied einer Landesregierung dieses Schreiben identifizierbar ins Internet zu stellen. Es handelt sich um einen kleinen Ort, sodass durch die Veröffentlichung ohne weiteres die Kita identifizierbar ist. Sie gefährden damit Kinder und Erzieher. Schämen sie sich!"
- "Es ist meine Pflicht, mich um meine Kinder zu kümmern. Keine Ahnung, wieso sie mir dafür danken sollten. Es ist ja nicht so, dass sie sich das ausgesucht hätten."
- "Hallo, eine Mutter hier. Ich will keinen fucking Muttertag, sondern Equal Pay, Equal Care und gute Kinderbetreuung und Arbeitsbedingungen, die beides möglich macht. Ansonsten komme ich ganz gut mit meinem Leben klar, vielen Dank."
- "Na dann sehen Sie mal zu, dass Frauenhäuser, das Müttergenesungswerk und alle anderen Einrichtungen, die dieses Mütterbild und dessen Konsequenzen wieder auffangen, ordentlich finanziert werden. Da hilft leider keine gebastelte Blume."
- "Ich bin eine 60-jährige Mutter von zwei Söhnen und habe diesen Muttertags-Mumpitz nur bis zur Grundschulzeit der beiden mitgemacht. Um sie nicht mit ihren Basteleien ins Leere laufen zu lassen. Mit meinem Leben komme ich wunderbar klar. Mit Ihren veralteten Ansichten nicht."
- "Und jetzt alle: Alte weiße Männer sollten nicht Frauen ihre Realität erklären!"
Trotz des überwiegend kritischen Feedbacks ist sich der bayerische Wirtschaftsminister keiner Schuld bewusst, diese liege vielmehr bei der Kita selbst, rechtfertigte sich Aiwanger in einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung. Der Ort, in dem sich die Kita befindet, sei zudem bereits vorher in einem Bericht der Bild-Zeitung veröffentlicht worden. Weder Aiwanger noch Kuban haben sich seitdem auf ihren Profilen noch einmal zur Diskussion geäußert.
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