Maxym kämpft sich ins Leben zurück
Für Maxym (34) war der Kampf gegen die russischen Angreifer am 8. Januar 2023 vorbei, als bei einem Kampfeinsatz bei Luhansk eine Granate in seiner Nähe schlug. Er habe auf einem Fahrzeug gesessen und sei im Kopf und an Armen und Beinen von Splittern getroffen worden. Zwischen Leben und Tod habe er geschwebt, und sei gerettet worden, erzählt Maxym. Zwei Splitter hat er noch im Kopf, einen davon im Gehirn.
Mühsam hat er sich im Reha-Zentrum Motus in Odessa ins Leben zurückgekämpft. Mit Krafttraining und motorischen Übungen arbeitet er gegen noch unrund wirkende Bewegungen an, auch die Sprache ist schwerfällig. Trotzdem. «Wir haben nur ein Leben. Niemals aufgeben», sagt er und lächelt breit.
Staub und Trümmer - die Verklärungskathedrale wird repariert
Hammerschläge und das kreischende Geräusch von Trennschleifern schallen durch die Säulenhalle der Verklärungskathedrale in Odessa. Sie war in der Nacht zum 23. Juli vergangenen Jahres bei einem Raketentreffer beschädigt worden. Die Lichtstrahlen lassen den Staub in der Luft glitzern, aber das wie von einer Mehlschicht bedeckte Gold der Fassadentrümmer schimmert nur matt.
Erst 2010 war der Wiederaufbau des Gotteshauses abgeschlossen worden, dessen Zerstörung Stalin 1936 angeordnet hatte. «Die Geschichte wiederholt sich», sagt Vater Olexij. Die Zerstörung sei über Odessa hinaus eine Wunde im Herzen. Wann der Aufbau fertig sein werde, hänge auch von einer Finanzierung aus Italien ab.
Die Professorin und der Krieg: «Wir sind alle müde»
In den ersten Monaten habe es das starke Gefühl der Einigkeit und Mobilisierung gegeben, während am Horizont russische Kriegsschiffe schwammen und die Stadt bedrohten, sagt Oxana Dowhopolowa, Philosophie-Professorin an der Nationalen Universität Odessa. Dieses Bedrohungsgefühl sei weg. Nun herrsche quälende Ungewissheit, ob dieser Krieg womöglich noch mehrere weitere Jahre dauern werde.
Fast protestierend weist sie die Frage zurück, ob sie das Land verlassen würde. Aber: «Wir sind alle müde. Niemand weiß, was als Nächstes passiert», sagt sie.
Russland ist an der Front in der Initiative
Der militärische Chefkoordinator der deutschen Ukraine-Hilfe, Generalmajor Christian Freuding, sieht die Entschlossenheit des Landes zur Abwehr des russischen Angriffskriegs ungebrochen. Die militärische Lage der Ukraine sei aber angespannt, sagt Freuding, der vor zwei Wochen zu Gesprächen in Kiew war. Am Wochenende hatten ukrainische Kräfte das umkämpfte Awdijiwka aufgeben müssen.
Mit Ausnahme dieses Gebietes gebe es auf der taktischen Ebene einen relativ unveränderten Verlauf der über 1000 Kilometer langen Frontlinie, sagt Freuding. Räumlich begrenzt würden aber intensivste Gefechte geführt. «Russland ist entlang dieser Frontlinie weit überwiegend in der Initiative», stellt er fest. Und: «Wir sind der Überzeugung, dass die Ukraine gewinnen kann. Dem gilt unsere ganze Kraft, unsere Anstrengungen und die unserer Partner.»