Sie möchte Japans «Eiserne Lady» sein. Sanae Takaichi steht nicht nur außen- und sicherheitspolitisch für einen Rechtskurs. Kann Japans erste Regierungschefin die vielen Herausforderungen bewältigen?
Japans stramm nationalkonservative Ex-Innenministerin Sanae Takaichi ist im Parlament zur ersten Regierungschefin ihres Landes gewählt worden. Die 64-Jährige tritt die Nachfolge des vergleichsweise liberalen Shigeru Ishiba an, der nach Wahlniederlagen ihrer Liberaldemokratischen Partei (LDP) kürzlich seinen Rücktritt erklärt hatte. Takaichi verdankt ihre Wahl dem neuen Bündnispartner der LDP, der konservativ-neoliberalen Partei Ishin.
Japans «Eiserne Lady»?
Das Oppositionslager konnte sich nicht auf einen gemeinsamen Kandidaten einigen. Da die LDP als größte Partei jedoch auch mit der Ishin eine Mehrheit im Parlament knapp verfehlt, wird sie weiterhin eine Minderheitsregierung stellen.
Dass die Ishin kein einziges Mitglied in Takaichis neuem Kabinett stellt, zeigt nach Auffassung von Experten die vorsichtige Distanz der Partei zum großen Regierungspartner. Auch deshalb erscheine das Bündnis noch instabil.
Takaichi, die früher Schlagzeug in einer Heavy-Metal-Band spielte und sich nach Vorbild der britischen Ex-Premierministerin Margaret Thatcher gern als Japans «Eiserne Lady» präsentiert, steht vor großen Herausforderungen. Sie muss nicht nur eine Partei führen, die nach Finanzskandalen kämpft, das Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Sondern auch ein Land, das mit rapider Alterung der Bevölkerung und geopolitischen Spannungen zu kämpfen hat. In wenigen Tagen reist US-Präsident Donald Trump an, der ungeachtet Japans massiver Verschuldung mehr Geld für die Stationierung des US-Militärs fordern dürfte.
Kommt jetzt die «Sanaenomics»?
Takaichi gilt als Protegé des 2022 ermordeten Ex-Ministerpräsidenten Shinzo Abe. Sie versprach, dessen Wirtschaftspolitik «Abenomics» aus Geldschwemme und Konjunkturspritzen wiederzubeleben. Der Nikkei-Index an Tokios Börse schloss in Erwartung neuer Maßnahmen zur Wirtschaftsankurbelung unter Takaichi auf einem Allzeithoch. «Das Problem ist, dass Abenomics nicht mehr sehr glaubwürdig ist», sagte Jeff Kingston, Professor für Asianstudien an der japanischen Temple University, der dpa in Tokio. Diese Politik habe zur massiven Staatsverschuldung beigetragen und die Einkommensungleichheiten im Land verschärft. Hinzu kommt die hohe Inflation durch den billigen Yen.
Takaichi teilt auch Abes nationalistische und revisionistische Ansichten und ist bekannt für ihre Pilgergänge zum umstrittenen Kriegsschrein Yasukuni in Tokio. Dort wird der in Kriegen für das japanische Kaiserreich Gestorbenen gedacht - darunter auch verurteilte und hingerichtete Kriegsverbrecher.
LDP will konservative Wähler zurückgewinnen
Mit Takaichi hofft die LDP, konservative Wähler zurückzugewinnen, die sich der rechtsextremen Kleinpartei Sanseito zugewandt haben. Die offen ausländerfeindliche Partei konnte bei der Wahl zum Oberhaus des nationalen Parlaments im Juli deutlich zulegen. Ishin verspricht eine staatlich gelenkte Regulierung von Immigration, um den «ungeordneten Anstieg und regionale Spannungen durch Ausländer» entgegenzuwirken.