- Ein schlechterer Zugang zu Bildung kann dazu führen, dass das Bewusstsein für kulturelle Unterschiede, Toleranz und die Vielfältigkeit der Gesellschaft nicht ausreichend geschult wird.
- Menschen mit geringeren Denkfähigkeiten sind möglicherweise leichter überfordert und fühlen sich von Diversität und Fremdheit bedroht.
- Ein schlechterer Zugang zu Bildungseinrichtungen kann damit einhergehen, dass Stereotype und Vorurteile nicht hinterfragt und kritisch betrachtet werden. Generell sammeln diese Menschen oft weniger Erfahrungen und Wissen.
All diese möglichen Erklärungen klingen zunächst sehr schlüssig und logisch; jedoch sollte man auch hierbei nicht voreilig pauschalisieren.
Weshalb Vorurteile bei allen vorkommen können
Spannend zu wissen ist außerdem, dass sich in aktuellen Studien laut Degner zeigt, dass Menschen mit hoher Intelligenz genauso viele und genauso negative Vorurteile hegen wie Menschen mit geringer Intelligenz. Es gibt jedoch einen Unterschied: Die Gruppen, gegenüber denen Vorurteile gehegt werden. So entwickelten Menschen mit einer geringeren Intelligenz vor allem Vorurteile gegenüber ethnischen Minderheiten, während die Menschen mit höherer Intelligenz sich eher gegen Konservative, Manager*innen und Großunternehmer*innen, christliche Fundamentalist*innen oder Militärs richteten.
Ähnlich war es mit dem Aspekt der Offenheit. Menschen, die eine geringere Offenheit für neue Erfahrungen hatten, standen Gruppen mit geringem Status und liberalen Normen eher negativ gegenüber. Dahingegen äußerten sich offene Menschen eher negativ gegenüber Gruppen mit hohem Status und konservativen Werten. Es zeigt sich: So gut wie alle Personen neigen dazu, Vorurteile gegenüber Gruppen zu empfinden, die ihnen sehr unähnlich in ihren Werten und Überzeugungen sind. Die Frage ist also weniger, ob man Vorurteile hat, sondern gegen wen sich diese Vorurteile richten.
Allein die Persönlichkeitseigenschaft der allgemeinen Verträglichkeit erlaube laut Degner vorsichtige Vorhersagen. Denn: Wer grundsätzlich kaum irgendjemanden leiden kann, nur wenig kooperationsbereit ist und wenig Empathie für andere aufbringt, empfindet dies in der Regel nicht nur gegenüber Einzelpersonen, sondern auch gegenüber Mitgliedern aller sozialer Gruppen.
Korrelation oder Ursache: Intelligenz als Faktor für Vorurteile
Wichtig zu wissen ist, dass es sich bei den Studien nur um Korrelationen handelt. Der sogenannte statistische Zusammenhang hingegen ist eher gering. Dies bedeutet: Personen mit höherem IQ weisen nur im Mittel geringere Vorurteilswerte auf als Personen mit geringerem IQ; jedoch gibt es auch eine Menge an Personen, die über- oder unterhalb des Mittels sind. Es gibt also auch intelligente Personen, die viele Vorurteile äußern, sowie Personen mit geringerer Intelligenz, die keine Vorurteile äußern.
Die Intelligenz, Offenheit oder Verträglichkeit sind also keine dominanten Ursachen für Vorurteile. Wäre dies so, müssten die Korrelationen deutlich stärker ausfallen. Bildung allein reicht also keinesfalls aus, um Vorurteile vollkommen zu beseitigen. Es spielen viele andere Faktoren, wie der kulturelle Hintergrund, persönliche Erfahrungen und die soziale Umgebung, ebenfalls eine Rolle.
Wie Degner zusammenfassend erklärt, sind es nicht eine hohe oder geringe Intelligenz, Bildung oder Offenheit, die jemanden tolerant oder intolerant werden lassen. Vielmehr liegt es daran, welcher Weltanschauung Menschen zustimmen. Dies wiederum hängt einerseits von ihrer Persönlichkeit, andererseits von ihrer Vorurteilsneigung zusammen.